19. Kapitel

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Der Geruch von Blut erfüllte die Luft, das Bersten von Knochen drang an meine Ohren. Das riesige weiße Tier hob seinen Kopf. Die Schnauze war blutverschmiert, die dunklen Augen funkelten. Langsam trottete es zu mir herüber und blieb fiepend vor mir stehen.
»Bei den alten und neuen Göttern«, flüsterte ich und hielt die Hand vor die Schnauze. »Ylenia ...« Die Schattenwölfin roch an meiner Hand, dann legte sie ihren Kopf hinein. »Du lebst.« Die Wölfin sah mich eindringlich an und setzte sich dann vor mich hin. »Ylenia, hast du Nymeria und Lady gesehen?«
Ylenia legte den Kopf schief, erhob sich und lief davon.
»Ylenia!«, rief ich mit pochenden Herzen. Ich stand auf, klopfte mir den Sand von der Kleidung und sah mich um. »Ylenia, komm zurück!« Mich überfiel Panik. Ich wollte gerade der Wölfin hinterherlaufen, als sie zurückkam - jedoch nicht allein. »Lady, Nymeria!«
Die drei Schattenwölfe blieben vor mir stehen und sahen mich erwartungsvoll an. Meine Augen füllten sich mit Tränen und ich fiel den dreien um den Hals. »Ihr lebt!«, schluchzte ich vor Freude. Lange lagen sie in meinen Armen, bis ich mich von ihnen löste. Mit dem Ärmel fuhr ich mir über die Augen und stand auf.
»Wir haben kein Pferd und kein Essen. Wir gehen zu Fuß nach Norden. Zurück nach Hause«, sagte ich zu den Wölfen und zog den Umhang enger an meinen Körper.
»Kommt.« Ich schritt über die drei Leichen hinweg tiefer in den Wald, gefolgt von den Schattenwölfen - ohne Pferd, ohne Nahrung und richtige Kleidung und ohne auch nur den Hauch einer Ahnung, wo lang es ging.

Kalt war es und kälter wurde es. Ich brauchte wärmere Kleidung, sonst würde ich erfrieren. Die Wölfe wichen nicht ein einziges Mal von meiner Seite, was mir wenigstens noch etwas Mut verschaffte. Als es wieder dunkel wurde, versuchte ich ein Feuer zu zünden. Ich hatte noch nie eines gemacht, doch hatte ich es immer bei Yoren oder den anderen gesehen. Irgendwann loderte auch vor mir ein Feuer und ich setzte mich zufrieden davor auf den kalten Waldboden.
Ylenia lag neben mir, Lady und Nymeria einige Plätze weiter. Nymeria hob ihren Kopf und sah mich aus ihren dunklen Augen eindringlich an.
»Ich weiß, Nymeria. Ich habe auch Hunger. Doch ich kann nicht jagen und es ist dunkel.«
Ylenia erhob sich neben mir und trabte davon. Ich verfolgte sie mit meinen Blicken, bis sie zwischen den Bäumen verschwunden war. Auch Nymeria stand auf und folgte Ylenia und nun saßen nur noch Lady und ich am Feuer. Ich legte mich hin, deckte mich mit meinem Umhang zu und die Wölfin kam herüber zu mir, kuschelte sich an mich und ich schlief ein.

Ich spürte etwas Nasses und Kaltes auf meinem Bauch. Ich erhob mich vor Schreck und zuckte zurück, als meine braunen Augen auf schwarze trafen.
»Nymeria!« Mein Blick wanderte hinunter und ich verzog augenblicklich das Gesicht. »Nimm das sofort weg!«
Die Wölfin verharrte kurz, dann nahm sie den toten Hasen von meinem Körper. Ihre Schnauze war blutverschmiert. Sie ließ sich neben Ylenia nieder, die nicht weit von mir saß.
»Esst es selbst«, sagte ich und legte mich wieder hin.
Ich hatte meine Augen offen und ich sah, wie Nymeria den Hasen mit Lady teilte. Das Feuer war beinahe erloschen und ich schlief noch einmal kurz ein.
Als ich wieder erwachte, war nur noch ein wenig Glut vorhanden. Lady schlief, Ylenia hielt Wache und Nymeria war verschwunden. Ein ungutes Gefühl kam in mir auf und ich erhob mich. Innerlich hoffte ich, dass Aryas Wölfin bald wieder kommen würde. Wenn nicht, würde ich sie suchen gehen. Ich konnte es mir nicht erlauben, die Schattenwölfe noch einmal zu verlieren.
Ich trat das Feuer gänzlich aus und richtete die Waffen an meinen Gürtel.
»Lady, Ylenia, kommt!«
Die beiden Wölfe erhoben sich und folgten mir tiefer in den Wald. Tage später lichtete er sich und ich kam auf einen vertrauten sandigen Weg - der Königsweg. Nymeria holte zu uns auf und auch wenn ich von drei Wölfen eskortiert wurde, fühlte ich mich nicht sicher.

Winter is coming || Game of Thrones Staffel 1-2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt