Prolog

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Du hast gesagt, du würdest wiederkommen.
Du hast es versprochen.
Ich habe dir versprochen, auf dich zu warten.
Und das habe ich.
Wochen, Monate, Jahre.
Ich weiß nicht, wie lange ich gewartet habe.
Vielleicht war es nicht so viel Zeit, wie ich denke, aber es war zu viel.
Warum bist du nicht gekommen?
Ich habe nichts getan, nur gewartet.
Auf dich.
Ich habe mein Versprechen gehalten.
Aber wo bist du?
Warum bist du nicht hier?
Hier, bei mir.
Ich habe die ganze Zeit gewartet, aber du bist nicht gekommen.
Warum hast du mich so lange alleine gelassen?
Aber ich weiß, du wirst dein Versprechen nicht brechen.
Du wirst kommen, das ist mir klar.
Nur wann?
Und dann dachte ich, dass ich sterben könnte, bis du da bist.
Aber ich werde tun, was ich gesagt habe.
Ich werde warten.
Auch wenn ich dafür alles aufgeben muss.
Denn dafür muss ich vielleicht ewig leben.
Leben, bis du wieder da bist, bis ich dich wieder in meine Arme schließen kann.
Du bist einfach etwas ganz besonderes- nein, du warst es.
Und wenn du wieder da bist, wirst du es wieder sein.
Wo bist du?
Bitte beeil dich.
Die Gedanken an dich bringen mich fast um, während sie mich auch am Leben erhalten.
Sie sind das Gift in meinen Lungen und die Luft, die ich atme.
Sie sind sowohl die schönsten Lügen, als auch die schlimmsten Wahrheiten.
Bitte.
Bitte, komm zurück.

Ich liebe dich.


Eine kleine Träne rann über meine Wange als ich das Foto in dem dunklen Holzrahmen an meine Brust presste.
Mein Blick wanderte zum roten Himmel, in dem die Sonne einen erbitterten Kampf gegen die Nacht führte.
Aber wie jeden Abend verlor sie und ich fragte mich, warum sie jedes Mal aufs neue kämpfte.
Denn die Nacht gewann und der Mond nahm ihren Platz ein.
Der Mond...
Meine Gedanken glitten wieder zu diesem Gesicht.
Zu diesem Mädchen.
Der Person, die ich liebte.
Ein Lächeln schlich sich auf mein Gesicht und gleichzeitig versetzten mir diese Erinnerungen einen schmerzhaften Stich im Herzen.
Sie war noch nicht zurück...
Und ich wusste auch nicht, wann sie das sein würde.
Meine Augen suchten den kleinen Raum ab, indem ich stand und bald hatte ich gefunden, was ich gesucht hatte.
Mit schnellen Schritten ging ich zu dem Regal und hob vorsichtig ein dünnes Katana heraus.
Die zarte, violette Farbe war an einigen Stellen abgeblättert, doch sowohl die smaragdenen Steine am Griff, als auch die feinen, schwarzen Muster an der Klinge hatten sich nicht verändert.
Trotz der kleinen, rostigen Stellen war über die Jahre nichts von der Schönheit des Schwertes verloren gegangen.
Es hatte ihr gehört...
Nein, das tat es noch immer, ich bewahrte es nur auf.
Entschlossen packte ich es zusammen mit dem Bild und einigen anderen Sachen in eine kleine Tasche.
Diese warf ich mir über die Schulter, nahm einen Strauß Blumen aus einer Vase und verließ meine Wohnung.
Ich würde nicht zurückkehren.
Inzwischen war es dunkel geworden und der Neumond warf nur wenig seines weißen Lichtes auf die Straßen des Dorfes.
Doch es war genug, damit ich die drei steinernen Abbilder in der Felswand vor mir erkennen konnte.
Kurz betrachtete ich das letzte, bevor ich mich umwandte und meinen Weg fortsetzte.
Ich durchschritt ein kleines Tor und ging durch die Gräber, die sich dahinter aufreihten.
Kurz hielt ich inne, als ich zwei nebeneinander liegende Grabsteine erblickte.
Ich ging in die Hocke und strich über die beiden Namen, die darauf eingraviert waren.
Meine Eltern...
Es war so lange her, seit sie gestorben waren.
"Ich sollte mich nicht mit so etwas beschäftigen", sagte ich mir selbst und erhob mich wieder.
Einige Reihen weiter blieb ich vor einem anderen Stein stehen, auf den ich die Blumen legte.
"Ich werde nicht mehr oft herkommen können, tut mir leid. Aber... ich hab dir mitgebracht, die magst du, oder? Ich hoffe es..."
Die letzten Worte war nichts als ein leises Flüstern und ich schluckte.
Diese Blumen passten zu ihr, besonders, vielseitig und so wunderschön.
"Bis bald."
Ich verließ den Platz wieder und ging in Richtung des Dorftores.
Zwei Männer hielten dort Wache, doch schnell hatte ich beide ausgeschaltet.
Mit schnellen Schritten lief ich den Weg entlang.
Weg von meiner Heimat.
Von meinen Kameraden und weg von meinem alten Leben.
Jetzt würde etwas Neues beginnen, für immer.
"Ach, da fällt mir ein", murmelte ich und fuhr mir mit der Zunge über meine Lippen.
"Ich sollte noch meine Labore außerhalb aufräumen."

Schwester einer Legende- Tor zur ZukunftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt