19.

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"Tsuki?"
Seine Stimme klang etwas überrascht und er ließ die Waffe sinken, die einen kleinen Schnitt auf meiner Haut hinterlassen hatte.
"Ist schon eine Weile her, was?", murmelte ich, ohne mich umzudrehen.
"Ich hatte nicht erwartet dich hier zu sehen. Was machst du an diesem Ort?", fragte er und ging um mich herum, bis er vor mir stand.
Durch die Dunkelheit konnte ich ihn nur schemenhaft erkennen, weshalb ich mit ein paar Handzeichen das Feuer der Fackel erneuerte.
Er hatte sich zu meiner Überraschung nicht sonderlich verändert, natürlich war er ein paar Jahre gealtert, aber was hatte ich erwartet?
"Ich bin auf einer Mission", antwortete ich trocken und vermied es, ihm direkt in seine goldenen Schlangenaugen zu blicken.
"Also ist dein Team auch hier?"
Ich zuckte zusammen und kniff dann argwöhnisch meine Augen zusammen.
"Woher weißt du davon?"
"Dass du ein Genin Team hast, meinst du? Ich habe viele Informationsquellen."
"Ja, nein. Ich meine... wie hast du überhaupt davon erfahren, dass ich wieder da bin? Sarutobi kann es dir ja schlecht erzähl haben", bemerkte ich und lachte freudlos.
"Eine junge Uchiha taucht urplötzlich in Konohagakure auf, wird sofort in die Akademie geschickt - und das zu Kriegszeiten - und behauptet aus einem Dorf zu stammen, in dem nie auch nur ein einziger Abkomme dieses Clans gelebt hat. Und du denkst wirklich, dass ich das nicht mitbekomme?", schmunzelte er.
"Tsuki, ich bitte dich. Oder sollte ich Yuna sagen, wie deine ganzen neuen Freunde?"
Meine Brust zog sich schmerzvoll zusammen und ich schüttelte den Kopf.
Es fühlte sich falsch an, wenn er mich mit diesem Namen ansprach.
"Also, Tsuki. Du hast wirklich gedacht, ich wüsste nichts davon? Ich weiß alles. Hast du die Nachricht nicht bekommen, die ich dir neulich gegeben habe?"
Ich zog nachdenklich meine Augenbrauen zusammen, kam jedoch nicht darauf, was er meinte.
"Nicht? Hm, ich habe dir viel Glück mit deinen Schülern gewünscht", klärte er mich auf und ich erinnerte mich.
"Du warst das also! Warte... hast du dich etwa in mein Haus geschlichen?", rief ich entsetzt und sah ihn vorwurfsvoll an, woraufhin er abwehrend die Hände hob.
"Stimmt schon, tut mir Leid. Aber was für eine Wahl hatte ich denn? Ich kann mich nicht in Konoha blicken lassen, weißt du."
"Und wessen Schuld ist das?"
Ich zog belustigt eine Augenbraue hoch und er lachte rau.
"Hast ja Recht, Tsuki. Wie immer."
"Ganz genau, ich habe immer Recht", grinste ich.
"Da ich ja anscheinend nichts zu erzählen brauche, weil du eh alles weißt, sag du mal, wie geht's so?"
"Ach, eigentlich ganz gut. Ich hatte ein paar wichtige Dokumente hier vergessen, also musste ich nochmal wiederkommen. Als ich wieder gehen wollte, waren da diese Typen."
Langsam nickte ich.
"Aber deine Fähigkeiten scheinen etwas eingerostet zu sein, sonst hättest du mich schon früher bemerkt", witzelte ich.
"Das hab ich auch, aber... vor dir muss ich mich weder verteidigen, noch verstecken", erwiderte er und ich verschränkte meine Arme vor der Brust.
"Soll das etwa heißen, dass ich keine Chance gegen dich habe, oder was?"
"Nein, das bedeutet, dass ich dich eh wiedersehen wollte", murmelte er und beugte sich zu mir runter.
Sein Gesicht war jetzt nur noch ein paar Zentimeter von meinem Entfernt, sodass sich unsere Nasen leicht berührten.
"Ich bin so froh, dass du hier bist, Tsuki", flüsterte er und ich lächelte.
Zum ersten Mal blickte ich wieder direkt in seine Augen, wo ich auf ein warmes goldenes Leuchten traf.
Ich legte meine Arme um ihn und...
Warte!
Was tat ich da gerade?!
War ich verrückt geworden oder so?
Schnell trat ich einen Schritt zurück und starrte mit großen Augen in sein verwirrtes Gesicht.
"Was ist los, Tsuki?"
"Ich... entschuldige, aber ich kann nicht einfach so tun, als wäre gar nichts passiert", murmelte ich.
"Wie meinst du das?", hakte er nach und ich fuhr mir aufgewühlt durch die Haare.
"Was wohl? Ich bin gestorben, schon vergessen? Und du bist daraufhin einfach abgehauen und zum Nukenin geworden, du Idiot!"
Meine Stimme überschlug sich und die ganzen aufgestauten Gefühle explodierten in mir.
Wut, Trauer, Schmerz, Angst.
"Du bist einfach abgehauen! Hast du überhaupt nachgedacht, eine einzige Sekunde damit verbracht, zu überlegen, wie ich mich fühle?"
Erst als ich das laute Klatschen hörte und das Kribbeln auf meiner Handfläche bemerkte, realisierte ich auch den roten Abdruck meiner Hand auf seiner Wange.
Aber das war mir gerade egal.
"Ich war einsam, weißt du? Es hätte mich so unendlich glücklich gemacht, in Konoha von dir begrüßt du werden!"
Als hätte ihm die Ohrfeige nichts ausgemacht, nahm er vorsichtig meine Hand.
"Das war für dich, Tsuki. Ich hätte schon tot sein können, wenn du wiedergekommen bist. Also musste ich-"
"Nein! Sei leise, Orochimaru! Bitte, du musst mich verstehen. Ich bin nicht mehr wie früher, nicht mehr die, die du geliebt hast", murmelte ich und entzog mich seinem Griff. Ein stechendes Gefühl breitete sich in meiner Brust aus, drückte meine Rippen ein und quetschte mein Herz ein.
"Das... das ist so lange her. Tsuki, Yuna... ich weiß einfach nicht, was ich tun soll", schluchzte ich und unterdrückte das Bedürfnis, zu weinen.
Eine kalte Hand legte sich auf meine Schulter und er beugte sich ein Stück zu mir runter.
"Bleib doch einfach hier, bei mir. Dann können wir für immer zusammen sein, nur du und ich. Egal, wie oft du stirbst und zurückkehrst, ich werde jedes Mal auf dich warten, und wenn es hundert Jahre dauert."
Langsam schüttelte ich den Kopf.
"Das kann... ich einfach nicht, Orochimaru. Ich habe Verpflichtungen, mein Team, Freunde und..."
"Ist es wegen diesem Jungen?", unterbrach er mich mit gepresster Stimme, "Genma oder wie er heißt."
Genma...
"... das ist ein Versprechen!" - "Ja, ein Versprechen!"
Stimmt ja, er hatte gesagt, alles würde gut werden, dass niemand auf sich allein gestellt wäre.
"Bitte, ich habe so lange darauf gewartet, dass du wieder bei mir bist! Regelmäßig habe ich frische Blumen an dein Grab gebracht! Verlass mich nicht... nicht schon wieder", flehte er und jetzt konnte ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten.
"Es-"
"Sensei! Sensei, sind Sie da drüben?"
Bei dem Klang von Maris Stimme früh ich herum, wobei ich fast meine Fackel fallen gelassen hätte.
"Was machst ihr Idioten hier?!", schrie ich meine drei Schüler an, die mit aufgerissenen Augen stehen geblieben waren.
"Sie... sind schon lange hier drin, also wollten wir nachsehen, ob alles in Ordnung ist. Aber dann haben wir die Leichen entdeckt", erklärte Tairu und warf hektische Blicke zwischen mir und Orochimaru hin und her.
"Sensei, ist das...?"
"Ja. Keine Sorge, ich krieg das schon hin. Ihr verschwindet jetzt sofort von hier, klar? Ich bin gleich bei euch", wies ich sie nachdringlich an.
"Aber-"
"Kein 'aber', Mari! Oder vertraut ihr mir etwa nicht?", erwiderte ich schmunzelnd.
"Doch schon. Ich glaube, Mari wollte sagen, dass es total lebensmüde ist, wenn Sie jetzt hier bleiben", führte Tairu ihren Gedanken weiter aus, was sie mit einem Nicken bestätigte.
"Ich schaffe das schon, okay? Außerdem ist es einfacher, wenn ich nicht gleichzeitig auf euch aufpassen muss."
Alle drei wechselten unsichere Blicke, bis Fuji schließlich als erste wieder das Wort ergriff.
"Sie sind stark, also vertraue ich auf Sie, Sensei. Und außerdem will ich nicht, dass meinen Freunden etwas passiert!"
Überrascht blinzelte ich, zum ersten Mal hatte sie so deutlich gesagt, was sie dachte.
"I-in Ordnung", murmelte Mari und auch Tairu stimmte ihr leise zu.
"Wir warten auf Sie, Sensei!", rief er noch über die Schulter, bevor sie hinter einer Ecke verschwanden.
Ich atmete auf.
"Interessante Kinder, die drei", kommentierte Orochimaru und ich wirbelte herum.
"Wenn du ihnen auch nur ein Haar krümmst-"
"Warum sollte ich das tun?", unterbrach er mich verständnislos, "hältst du mich wirklich für ein Monster, das grundlos Kindern wehtut?"
"N-nein, natürlich nicht! Ich dachte nur, dass... naja, es klang irgendwie bedrohlich", verteidigte ich mich.
Eine unangenehme Stille breitete sich in dem leeren Gang aus, und fieberhaft überlegte ich, was ich sagen oder tun sollte.
"Es tut mir Leid", murmelte ich, "aber ich kann nicht bei dir bleiben. Wenn du dich stellen solltest, kannst du..."
"Den Rest meines Lebens im Gefängnis verbringen?", schnaubte er, "das wäre komplett sinnlos."
Er hatte Recht, das war mir bewusst.
"Wenn du gehen willst, dann jetzt. Deine Schüler warten."
Er klang ungewohnt kühl und ich biss mir auf die Lippe.
"Ja, stimmt wohl. Also dann..."
Zögernd drehte ich mich um und wurde immer schneller, bis ich durch die dunklen Gänge rannte.
Ich schaute nicht ein Mal zurück.

"Sensei! Alles in Ordnung?", rief Mari, sobald ich einen Fuß vor den Turm setzte.
"Ja... mir geht's gut", murmelte ich leise.
"Haben Sie mit diesem Orochimaru gekämpft?", fragte Fuji erschrocken und deutete auf die Blutflecken auf meiner Kleidung.
"Äh, ja. Aber keine Sorge, es ist nichts passiert", antwortete ich mit einem gezwungenen Lächeln und verdeckte die Stellen, damit sie nicht sehen konnten, dass es nicht mein eigenes, sondern das Blut von dem Ninja, den Orochimaru getötet hatte, war.
"Wir sollten schnell zurück nach Konoha, vielleicht kann Hokage-sama jemanden schicken, der diesen Kerl einfangen kann", schlug Tairu vor und ich nickte.
"Ja, das stimmt."
Wir machten uns auf den Weg, wobei ich mich etwas hinter den dreien zurückfallen ließ.
Nach einer Weile gesellte sich jedoch Fuji zu mir.
"Sensei?", begann sie zögerlich und fragend legte ich den Kopf zur Seite, "ich will nicht unhöflich sein, aber Sie wirkten irgendwie... vertraut mit diesem Orochimaru. S-sie müssen mir natürlich... nichts sagen, aber..."
Sie brach ab und sah mich mit ihren blauen Augen eindringlich an.
"Hm, sah es für dich wirklich so aus? Tut mir Leid, dich enttäuschen zu müssen, aber ich habe ihn noch nie zuvor getroffen", lachte ich und versuchte, möglichst überzeugend zu sein.
Allerdings sagte mir ihr Blick, dass sie mir kein einziges Wort glaubte, zu meiner Erleichterung verzichtete sie aber darauf, noch etwas zu sagen.

"Was sagst du?", Minato war aufgesprungen und hatte überrascht die Augen aufgerissen.
"Wie gesagt, sind wir in einem der Verstecke auf Orochimaru getroffen. Das bereits entsandte Team wurde von ihm ausgelöscht. Aufgrund der Gefahrenlage habe ich beschlossen, dass wir uns sofort zurückziehen", wiederholte ich ruhig, auch wenn mein Herz schnell schlug.
Er atmete tief durch und schloss kurz die Augen.
"In Ordnung, das war eine gute Entscheidung von dir, Yuna. Ich werde sofort etwas unternehmen. Ihr könnt gehen."
Ich machte eine knappe Verbeugung und verließ mit meinem Team im Schlepptau sein Büro.
"Und was machen wir jetzt, Sensei?", fragte Mari zögerlich.
"Kann ich nach Hause?", hakte Tairu nach und gähnte, als wäre nichts passiert.
"Ja, wenn du willst. Aber wenn ihr wollt könnt ihr auch mit mir kommen, ich wollte Team neun besuchen gehen", schlug ich vor.
"Bloß nicht", stöhnte er, "da ist mein nerviger Cousin."
"Team neun... die haben doch Genma-sensei, oder?", fragte Mari und ich nickte.
"Naja, zuhause wäre mir jetzt nur langweilig, also geh ich mit, du auch, Fuji?"
Ihre Schwester nickte zustimmend und wir verabschiedeten uns von Tairu.

Nach einigen Minuten hatten wir die vier gefunden, die allesamt in ihr Training vertieft waren.
"Genma!", rief ich und winkte, woraufhin er sich umdrehte.
Sobald er mich erblickte erschien ein breites Lächeln auf seinem Gesicht und er lief auf uns zu.
"Hallo, Yuna, ihr zwei. Was gibt's?"
"Ich hab gedacht, wir könnten euch mal beim Training besuchen, wir sind für heute fertig", erklärte ich.
"Ah, ist Tairu nicht bei euch?", rief jemand hinter ihm enttäuscht und ich sah die Person hinter ihm an.
Ich blinzelte ein paar Mal verwirrt und versuchte, herauszufinden, ob das Kind mit den langen schwarzen Haaren ein Junge oder sein Mädchen war.
Die Stimme konnte ich nicht einordnen, und die Gesichtszüge waren eher weiblich, aber seine... oder ihre Statur ließ vermuten, dass es sich um einen Jungen handelte.
"Er hatte keine Lust und ist nach Hause gegangen. Du bist...?", fragte ich langsam und in der Hoffnung, das Geschlecht über den Namen herausfinden zu können.
"Ich bin Uchiha Tori, sein Cousin. Freut mich, Sie kennenzulernen!", stellte er sich enthusiastisch vor.
Also ein Junge...
Ich verstand, warum Tairu sich nicht sonderlich mit ihm zu verstehen schien.
Ich fand ihn zwar sympathisch, aber die beiden waren sehr verschieden.
"Fuji, Mari, schön, euch mal wieder zu sehen", lächelte er und Fuji wurde rot.
"J-ja, mich auch", stammelte sie und ich schmunzelte.
"Ach ja, Yuna. Das hier sind Kotetsu und Izumo", stellte Genma die anderen beiden aus seinem Team vor, die sich knapp verbeugten.
"Wir haben uns seit der Einteilung der Teams kaum gesehen, wie geht's euch beiden so?", fragte Mari grinsend.
"Super, aber Kotetsu kommt noch immer ständig zu spät, wie in der Akademie", lachte Izumo und wuschelte seinem Freund durch die Haare, welcher ihn entsetzt ansah.
"D-das stimmt doch gar nicht!", protestierte der Schwarzhaarige und seine Wangen färbten sich rot.
Die Kinder brachen in lautes Lachen aus und ich wechselte einen amüsierten Blick mit Genma.
"Für morgen stehen bei uns noch keine Missionen an, wenn du zustimmst, könnten unsere Teams zusammen trainieren", schlug er vor und ich nickte begeistert.
"Das ist 'ne gute Idee. Treffen wir uns dann morgen wieder hier, vielleicht so gegen acht Uhr?"
Er stimmte zu und wir verbrachten noch einige Zeit mit unseren Schülern, bis die Kleinen nach Hause gingen und ich mit Genma bei Ichiraku aß.

Schwester einer Legende- Tor zur ZukunftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt