"Hast du ein Problem, Mari?", fragte ich etwas genervt, nachdem sie mich beim Training die ganze Zeit angestarrt hatte.
"Sie sind heute so glücklich", erklärte sie mit argwöhnisch verengten Augen und ich zog eine Augenbraue hoch.
"Das hört sich jetzt so an, als wäre ich sonst dauerhaft depressiv", erwiderte ich trocken und sie seufzte.
"Nein, nein, aber Sie waren gestern so komisch und dann haben Sie heute dauerhaft dieses Grinsen im Gesicht", ihr Ausdruck veränderte sich, als wäre ihr gerade etwas eingefallen, dann wackelte sie mit den Augenbrauen, "das ist doch wohl nicht, weil Genma-sensei Sie gestern besucht hat, nachdem ich ihm gesagt habe, es würde Ihnen nicht gut gehen?"
"N-nein, das ist es nicht. Ich bin einfach nur gut drauf, verstanden", widersprach ich, aber ihr triumphierendes Lachen zeigte mir, dass sie mir nicht glaubte.
"Wie auch immer", änderte ich das Thema, "ihr habt inzwischen genügend Missionen erfüllt, dass ihr an den nächsten Chūnin Prüfungen teilnehmen könntet."
"Wirklich, Sensei? Das ist großartig!", rief Mari mit leuchtenden Augen, während Tairu nur stöhnte und etwas von 'viel Arbeit' murmelte.
"Ich denke wirklich, dass jeder von euch sehr gute Chancen hat, zu bestehen, aber die Entscheidung könnt letzen Endes nur ihr selbst treffen."
Ich kramte die Anmeldungen aus meiner Tasche und hielt sie den Dreien hin.
"Denkt nur daran, dass ihr ausschließlich als Team daran teilnehmen könnt, also sprecht euch am besten ab", fügte ich noch hinzu und sah dabei Tairu an, welcher allerdings seinen Blick abwandte.
"Natürlich machen wir mit!", stellte Mari klar und nahm mir eines der Blätter aus der Hand, "oder, Fuji?"
"Ja, auf jeden Fall", lächelte ihre Schwester und tat es ihr gleich.
"Komm schon, Tairu", forderte Mari den dritten im Team auf.
"Wenn's sein muss. Aber erwartet bloß nicht, dass ich bei diesem 'bis an seine Grenzen gehen'- Zeug mitmache", stellte er klar und ich drückte ihm seine Registrierung in die Hand.
"Dann können wir jetzt-"
"Entschuldigung, aber könnte ich euer Training kurz unterbrechen?"
Ich drehte mich um und sah Minato direkt hinter mir stehen.
"Ja, natürlich. Worum geht es?", fragte ich.
"Ich denke, es wäre besser, wenn wir das unter vier Augen besprechen könnten."
Er sah dabei die drei Kinder an und verstehend nickte ich.
"Außerdem wird es wahrscheinlich eine ganze Weile dauern", fügte er noch hinzu.
"In Ordnung. Dann habt ihr heute frei, wenn ihr wollt, könnt ihr ja eigenständig trainieren", wies ich die drei an und verließ mit Minato den Platz.
"Wollen wir vielleicht zu meiner Wohnung gehen, da können wir in Ruhe reden", schlug ich vor und er stimmte zu.Bloß ein paar Minuten später saßen wir uns mit jeweils einem dampfenden Becher Tee an meinem Tisch gegenüber.
"Also, worum geht es?", fragte ich und nahm einen Schluck.
"Sandaime-sama hat gesagt, ich solle mit dir reden. Es geht um deine Vergangenheit."
Verwirrt legte ich meinen Kopf schief.
"Entschuldigung, aber ich weiß leider nicht, was er meint", lächelte ich, aber er schien mir nicht zu glauben.
"Wenn ich dir etwas bestimmtes sage, wüsstest du, was los ist und ich solle dir alles glauben, was du mir erzählst, so unmöglich es auch klingen mag", ergänzte er mit ernster Stimme.
"Und was genau war es, dass du mir sagen sollst?"
"Ich denke: 'Wenn der Schein des Mondes sich in den roten Augen wiederspiegelt, werde ich zurückkehren' oder so etwas."
Kurz schloss ich die Augen, obwohl ich mit so etwas schon gerechnet hatte, würde ich Sarutobi jetzt unglaublich gerne die Meinung geigen.
"In Ordnung, wenn es sein muss. Aber entschuldige bitte, falls es ein bisschen konfus ist, ich bin nicht wirklich darauf vorbereitet."
Er nickte langsam und ich nahm einen tiefen Atemzug.
"Du weißt doch bestimmt einiges aus der Zeit, bevor Konoha gegründet wurde, oder?", begann ich schließlich.
"Ich denke schon. Damals gab es Ninja nur in der Form von Söldnerclans, als die Stärksten damals galten die Senju und die Uchiha. Nach einer langen Zeit der Kämpfe schlossen die Anführer dieser beiden, Hashirama Senju und Madara Uchiha, sich schließlich zusammen, woraufhin Konoha entstand. Nach und nach würde auch andere Ninjadörfer gegründet", erzählte er, was er wusste.
"Ja, das ist die grobe Version, die ohne das emotionale Zeug", murmelte ich leise, bevor ich seufzte und fortfuhr, "das ist vielleicht komisch, aber in dieser Zeit hat das alles für mich angefangen. Du hast vorhin Madara und Hashirama erwähnt, aber ihre Beziehung war mehr als nur ihre jeweilige Position in den Clans, sie waren Freunde. Naja, jedenfalls als Kinder."
"Entschuldige", unterbrach Minato mich, "aber was genau hat das mit dir zu tun?"
"Oh, stimmt ja, das hätte ich fast vergessen. Madara ist mein Zwillingsbruder", erklärte ich knapp und ungläubig blinzelte er, sagte jedoch nichts weiter dazu.
"Natürlich hatte ich auch noch andere Brüder, aber die sind alle vor mir gestorben. Zurück zur Geschichte... also, Madara, Hashirama und ich haben uns als Kinder ziemlich gut verstanden, allerdings kannten wir unsere gegenseitigen Identitäten nicht. Aber das war auch nicht wichtig, es hat uns gereicht, mit einander Zeit zu verbringen. Wir haben immer davon geredet, die Kämpfe zu beenden und Frieden zu bringen. Jedenfalls bis unsere Väter es herausgefunden und versucht haben, die jeweils anderen Kinder zu töten."
Ich legte eine kurze Pause ein, um noch einen großen Schluck von meinem Tee zu nehmen.
"Noch weiter ins Detail zu gehen, würde zu viel Zeit beanspruchen, also werde ich mich jetzt etwas kürzer fassen. Danach ist... einiges passiert, Hashirama und Madara wurden zu den Anführern der Clans und für mich fühlte es sich so an, als würde der Krieg noch wilder toben als zuvor, aber das hätte auch nur so scheinen können, weil ich älter wurde und öfter auf dem Schlachtfeld stand. Dutzende Male haben wir gegen die Senju gekämpft, aber in den meisten Fällen endete es in einer Niederlage für uns. Und dann... als nur noch zwei meiner Brüder am Leben waren, tötete Tobirama, der zukünftige zweite Hokage, den Jüngeren, Izuna. Kurzzeitig wurde dadurch alles viel schlimmer, aber im Endeffekt haben wir es geschafft, zu überleben und konnten letztendlich Frieden schließen. Das einzige Problem bestand daraus, dass Tobirama die Uchiha noch immer hasste, aber ich dachte, endlich würde es besser laufen als früher."
Ein trockenes Lachen kam über meine Lippen.
"Aber dem war leider nicht so. Madara verließ aufgrund der abweisenden Haltung der Dorfbewohner ihm gegenüber das Dorf und obwohl ich mich in Konoha wohl fühlte, kam ich mit ihm. Schließlich hatten wir nur noch einander. Im Tal des Endes forderte Madara Hashirama zum Kampf heraus, ich versuchte, sie zu Vernunft zu bringen, wobei sowohl ich, als auch mein Bruder getötet wurden."
Ich beendete den ersten Teil meiner Erzählung, während der sich ein großer Knoten in meinem Magen gebildet hatte.
An einige Details, die ich ausgelassen hatte, wollte ich mich nicht erinnern, also fuhr ich schnell fort.
"Bis dahin ist ja noch alles ganz normal, ein gewöhnliches Leben mit Geburt, Kämpfen und letztendlich dem Tod, wie bei jedem Shinobi. Und dann bin ich wieder aufgewacht."
Seine Augenbrauen zogen sich fragend zusammen, aber er stellte keine Fragen, sondern wartete darauf, dass ich weitersprach.
"Sarutobi und seine Schüler haben mich gefunden und sind mit mir nach Konoha gegangen, wo ich ich erfahren habe, dass ich nach meinem letzten Atemzug wohl eine kleine Zeitreise unternommen habe, denn sowohl Tobirama als auch Hashirama waren bereits tot und bis damals wusste ich auch noch nichts von Madaras Ableben, aber ich weiß bis heute nicht, was davon mich am meisten schockiert hat. Kurz danach hab ich das Bewusstsein verloren und während meiner Ohnmacht ist mir Izuna erschienen. Er hat erzählt, ich sei vom Rikudou Sennin wieder auf die Erde geschickt worden, um einen Jahrhunderte alten Streit zu schlichten. Sarutobi hatte in der Zwischenzeit meine Erinnerungen untersuchen lassen, weshalb ich ihm zum Glück nicht alles erklären musste. Er hat mir erlaubt, in Konoha wieder als Ninja tätig zu sein und um mich im Auge zu behalten bin ich in sein Team gekommen. Mit Jiraiya, Tsunade und Orochimaru habe ich trainiert und wir sind zusammen in den Krieg gezogen. Um es kurz zu machen: während eines Kampfes wurde ich schon wieder getötet und naja, dann hast du mich im Wald von Konoha gefunden."
Die Sache zwischen mir und Orochimaru zu erwähnen, befand ich als alles andere als nötig, und außerdem hatte ich gar keine Lust, dass auch noch die ganzen Gefühle von damals wieder hochkamen, also beendete ich meine Geschichte so schnell wie möglich.
Minato hatte die ganze Zeit schweigend zugehört und mich dabei unentwegt angesehen, aber als ich endete, hatte sein Gesicht einen Ausdruck, den ich nicht ganz deuten konnte, Überraschung, etwas Verwirrung... vielleicht auch Mitgefühl.
"Also", setzte er nach einem langen Schweigen an, "du bist die mehrmals wiedergeborene Schwester von Madara Uchiha."
Ich nickte.
"Und die verstorbene Tsuki, von der Jiraiya-sensei mir immer mal wieder was erzählt hat."
Wieder nickte ich.
"Das...", er schien gründlich über seine nächsten Worte nachzudenken, "muss alles unglaublich schwer für dich gewesen sein."
Seine Stimme hatten einen so warmen Klang, wie seine Augen sanft waren, womit er mich komplett aus der Fassung brachte.
Ich hatte mit vielen Reaktionen gerechnet, aber eher hätte ich gedacht, er würde mich fragen, ob ich zu viel getrunken hatte, als das.
"Du musst sehr viel durchgemacht haben, oder? Es ist unglaublich, dass du trotz alldem hier sitzen und darüber reden kannst", fuhr er fort und ich fühlte mich mit einem Schlag, als wären tonnenschwere Felsen von meinem Herzen gelöst worden.
Ich hatte noch niemandem diese Geschichte erzählt, und obwohl es nur eine kurze Zusammenfassung gewesen war, verspürte ich eine riesige Erleichterung.
"Vielen... vielen Dank, Minato-sensei."
Als Antwort schenkte er mir ein breites Lächeln, bevor sein Gesichtsausdruck etwas nachdenklich wurde.
"Du hast ja gesagt, dass der Rikudou Sennin für deine Wiedergeburten verantwortlich ist, aber welchen Grund hat er dafür?"
Ich konnte mir ein leises Lachen nicht verkneifen, wofür ich einen irritierten Blick erntete.
"Ah, entschuldige. Aber ich hatte damit gerechnet, dass du so etwas sagst wie 'der Rikudou Sennin ist doch bloß ein Märchen'", erklärte ich und er schmunzelte.
"Glaub mir, nach dem, was du gerade erzählt hast, mache ich mir über so etwas keine Gedanken mehr."
"Verstehe. Nun ja, kurz bevor ich dieses Mal wieder aufgewacht bin, hab ich ihn getroffen und er hat mir etwas von einem uralten Streit erzählt, den seine beiden Söhne angezettelt haben und das ganze wird von Generation zu Generation weitergegeben. Aus einem mir unbekannten Grund hat er mich ausgewählt, um diesen Konflikt zu beseitigen", faste ich das Ganze für ihn zusammen.
Langsam nickte er.
"Ich hoffe wirklich, dass es dir gelingt und du danach als ein gewöhnliches Mädchen leben kannst", sagte er nach einer Weile und ich lachte bitter.
"Danke, aber ich denke, dass das nicht so schnell gehen wird. Nach allem, was ich bisher weiß, gibt es zurzeit keine Inkarnationen dieser beiden, also kann ich auch nichts bewirken."
"Das stimmt nicht", erwiderte er ernst, "du kannst viel bewirken, zwar nicht in diesem Sinne, aber anders."
"Ja, vielleicht ist das so. Aber ich denke, wenn es schon Frieden gibt, werden ich den erst einmal genießen und meinen Schülern helfen, die Chūnin Prüfung zu bestehen."
Ich trank den letztes Rest aus meiner Tasse und seufzte.
"Das ist eine sehr gute Idee", lächelte Minato, danach sagte eine Weile lang keiner von uns mehr etwas.
"Wenn ich dich hier und jetzt töten würde, würdest du in ein paar Jahren wiederkommen und mir die Hölle heiß machen, richtig?", fragte er schließlich plötzlich und ein Schmunzeln bildete sich auf meinen Lippen.
"Theoretisch stimmt das, aber welchen Grund hättest du dazu?"
"Keinen, ich wollte mich nur vergewissern, dass ich dich richtig verstanden habe", winkte er ab und stand auf.
"Wo gehst du hin?", wollte ich wissen.
"Ach, tut mir Leid, aber ich habe noch einen wichtigen Termin."
Er war schon fast aus der Tür, als er sich noch einmal mit einem leichten Grinsen auf dem Gesicht umdrehte.
"Aber denk ja nicht, dass du wegen dieser Geschichte jetzt eine Sonderbehandlung bekommst, klar? Du bist immer noch ein ganz normaler Shinobi aus Konohagakure und du musst deine Pflichten erfüllen."
Dann war er weg.
"'Ein ganz normaler Shinobi aus Konoha', was?"
Ein Lachen verließ meine Lippen und mein Blick wanderte auf den blauen Himmel außerhalb meines Fensters.
"Ja, das hört sich gut an."
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Schwester einer Legende- Tor zur Zukunft
FanficFortsetzung von 'Schwester einer Legende-Seele ohne Frieden'. Bitte zuerst den 1. Teil lesen! Tsuki hat es echt nicht leicht. Nicht nur, dass Orochimaru nach ihrem Tod das Dorf verlassen hat und sie viele Jahre später als kleines Kind wiederkommt. D...