,Es ist kein Tag wie der andere, aber ich werde nicht aufgeben

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,,Guten Morgen", ich betrat Manuels Zimmer am nächsten Morgen mit einem Lächeln. Diese Nacht hatte ich viel besser geschlafen und als ich im Bus zu Manuel gefahren war, hatte ich mich sogar ein klein bisschen gefreut.

Doch als ich nun Manuels Gesicht sah, verflog die Freude mit einem Mal. Das Lächeln von gestern war verflogen, sein ernster, starrer Blick war zurückgekehrt.

,,Hallo", gab er knapp, kühl und mürrisch zurück. Ich richtete mich auf das schlimmste ein, als ich ihm aus dem Bett in seinen Rollstuhl setzte.

,,Brauchst du Hilfe im Bad?" Fragte ich, als er schon auf dem Weg dahin war. ,,Nein, danke", danach knalle die Badezimmertür zu.

Ich musste kurz schlucken. Würde das jetzt alles wieder von vorne losgehen?

,,Scheiße! Manno..", hörte ich dumpf aus dem Badezimmer. Dann knallte etwas auf die Fliesen. Ich klopfte leise an der Tür an: ,,Brauchst du Hilfe?"

Ich fragte so einfühlsam und nett wie ich nur konnte. Es blieb still.

,,Komm rein", hörte ich schließlich und ich öffnete langsam die Tür. Ich sah Manuels nackten Rücken , er saß auf seinem Duschstuhl in der ebenerdigen Dusche und bekam den Duschkopf nicht aus der Halterung.

Mein Blicken glitten über seinen Haaransatz im Nacken, seinen Rücken mit den spärlichen Leberflecken bis zu deinem nackten Hintern. Mir schoss das Blut in den Kopf. Manuel war nackt und womöglich musste ich ihm jetzt auch noch beim Duschen helfen.

,,Darf ich gucken?" Fragte ich schüchtern und schloss hinter mir die Tür. Ich blieb vorsichtshalber stehen. Ich wollte ihm auf keinen Fall ohne seine Erlaubnis näher kommen.

,,Was bleibt mir anders übrig? Irgendwann musst du ja zum ersten Mal mit mir duschen und dann musst du auch wohl oder übel gucken...Also. Kannst du mich jetzt abduschen und mir die Haare waschen?"

,,Ja..ja. Natürlich" gab ich leicht stotternd und etwas verdattert zurück. Auf der anderen Seite war Manuel es wohl gewöhnt so von fremden Frauen gesehen zu werden. Er hatte ja auch seine Mutter, als seine Pflegehilfe akzeptieren müssen.

Ich zog meine Schuhe und Socken aus und krempelte meine Hose nach oben, bevor ich dicht an Manuels Rücken herantrat. Ich hob den Duschkopf auf, der vermutlich vorher aus der Halterung gefallen war und blieb hinter ihm stehen, wohl bedacht nicht zwischen seine Beine zu schauen.

Ich machte sowas nicht zum ersten Mal, dennoch begannen meine Hände zu zittern. Schnell drehte ich das Wasser auf und wartete bis es etwas wärmer wurde.

Ich hielt den Wasserstrahl kurz an Manuelss Rücken: ,,Okay so?" Er nickte, dann begann ich seinen Oberkörper abzuwaschen und beobachtete dabei wie wunderschön dabei das Wasser auf seiner Haut abperlte.

Das Wasser sog sich in seine Haare und als sie nass waren, schäumte ich sie auf und sah, wie Manuel als ich etwas seine Kopfhaut massierte, seine Augen schloss.

,,Willst du sie eigentlich nicht mal wieder abschneiden?" Durchbrach ich schließlich die Stille, als ich das Shampoo aus seinen Haaren wusch. Ich hatte mich schnell an die Situation gewöhnt und mittlerweile machte es mir nichts mehr aus, dass er hier nackt saß. Im Gegenteil auf irgendeine Weise waren wir uns nah und vertraut, ich mochte es.

,,Meinst du?"

,,Ja, diesen Haarschnitt, wenn ich überhaupt noch einer ist, finde ich nicht so toll", ich musste leise lachen.

,,Danke für das nette Kompliment", gab er amüsiert und auf einmal war seine miese Stimmung von eben verflogen. Alleine fiel er in ein Loch von Selbstmitleid und Zweifel und wurde er abgelenkt war er der nette, charmante, junge Mann, der einem sehr gut schöne Augen machten konnte.

,,So. Ich wäre soweit", ich wagte einen kurzen Blick über seine Schulter.

,,Danke, den Rest mach ich selbst", er lachte und wusste genau, um was es ging. ,,Aber du kannst schon mal die Schere und den Rasierer aus der Schublade da unten holen. Meinst du, du kannst mir sie so schneiden, wie ich sie vor einem Jahr hatte, wenn ich dir ein Foto zeige?" Er nahm den Duschkopf aus meiner Hand und begann sich zu waschen, während ich in den Schubladen kramte.

,,Ich denke, dass bekomme ich hin", sagte ich schließlich, als ich alles gefunden hatte. Manuel hatte sich ein Handtuch um die Hüften gewickelt und saß schon wieder in seinem Rollstuhl. Wie viel er alleine schaffte, wunderte mich jedes Mal.

Nachdem er in seinem Zimmer ein Foto geholt hatte, kam er wieder ins Bad und hielt es mir vor die Nase.

Das Foto zeigte ihn und ein paar andere Männer auf einem Fest. Seine Haare waren dort so, wie ihn jeder Bayern Fan kennen gelernt hatte. Kurz und nicht so lang, wie er sie jetzt trug. Doch ich vermutete, dass im letzten Jahr seine Haare das Letzte gewesen war, was ihn interessiert hatte.

,,Okay, dann wollen wir mal", ich lehnte das Foto gegen den Spiegel und begann mit der Schere seine Haare zu schneiden. Als das gröbste entfernt war, stellte ich den Rasierer ein, rasierte sie ihm kurz und die Nackenhaare ab.

,,Hast du ein bisschen Gel?" Manuel deutete auf die Dose neben dem Spiegel, ich fuhr mit den Fingerspitzen durch und verteilte es in seinen Haaren, sodass sie ein wenig frech durcheinander lagen.

,,Fertig. Jetzt siehst du wieder super aus", ich betrachtete mein Werk und war durchaus zufrieden.

,,Und vorher sah ich total scheiße aus?" Manuel lachte und machte sich auf den Weg in sein Schlafzimmer.

,,Das habe ich nicht gesagt", rief ich ihm hinterher. Ich räumte im Badezimmer auf, kehrte die Haare zusammen und hing die feuchten Handtücher auf, danach half ich Manuel noch dabei seine Jeans anzuziehen. Es gefiel mir, wie er nur in Boxershorts bekleidet in seinem Rollstuhl saß. Seine Haare verwegen zur Seite, erwärmte er mein Herz, auch wenn ich es nicht wahrhaben wollte.

Wir gingen in den Garten und nachdem mir Manuel zu verstehen gab, dass er nun etwas Zeit für sich brauchte, brachte ich ihm seinen I-Pod und ließ ihn in Ruhe.

Ich setzte mich in einen Gartenstuhl und las die Zeitung, doch immer wieder glitten meine Blicke zu ihm.

,,Hallo", eine warme Hand legte sich auf meine Schulter. Ich erschrak etwas, weil ich in Gedanken versunken war und meine Blicke selig auf Manuel geruht hatten.

,,Oh, Marita", ich lächelte sie an und sie setzte sich zu mir.

,,Manuel hat mir von eurem Ausflug gestern erzählt", begann sie und ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. ,,Du bist die einzige, die es geschafft hat ihn aus diesem Haus hier zu locken. Du tust ihm gut, Paula."

,,Mir hat es auch sehr viel Spaß gemach. Heute haben wir seine Haare geschnitten", erklärte ich ihr .stolz. Unsere Blicke wanderten zu Manuel.

Erstaunt und glücklich sah Marita danach zu mir. Sie bekam ihren Mund kaum zu.

,,Kommt ihr denn mittlerweile gut miteinander klar?"

,,Es ist kein Tag wie der andere, aber ich werde Manuel nicht aufgeben."

Plötzlich ist alles andersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt