3. KAPITEL

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Ich sah mich um. Prinzenstraße. Endlich zuhause! Ich war wieder in Kent. Ein kleines Caff (das niemand kennt) mit vielen kleinen Bauernhöfen. Ich sprintete los und bog in die Longstreet ein. Es war die längste Straße in Kent, deshalb auch der Name. Und trotzdem hatte ich sie nach fünf Minuten hinter mir gelassen. Ich verlor mich in dem Anblick der vertrauten Umgebung und atmete den Geruch von Kuhmist ein. Links, rechts, rechts, links, grade aus, rechts. Ich stand vor meinem Haus.

Es sah irgendwie komisch aus. Die Hauswand war mit einer anderen Farbe bestrichen, alles war renoviert und sogar das Namenschild, das ich als Kind gebastelt hatte, war verschwunden. Ich klingelte beunruhigt. Nichts geschah. Ich probiere es nochmal doch wieder öffnete keiner. Ich seufzte tief. Das konnte dich nicht sein. Ich war gefühlte drei Monate in einem Keller gefangen gewesen, mit nichts als Brot, Wasser und Darren, dann musste ich durch irgendeinen perversen Trick entkommen um mich in einem Wald zu verirren, einem kleinen schrumpeligen Mann zu begegnen und jetzt endlich zu Hause zu sein um zu merken, dass niemand zu Hause war und ich Dummerchen meinen Haustürschlüssel vergessen hatte! Verklagt mich doch, dass ich ihn vergessen habe, weil ich eben an was anderes gedacht hatte als an meinen Haustürschlüssel während ich weglief. Ich kauerte mich auf die Stufen vor der Tür und begann zu weinen. Ich wurde von den ganzen Erinnerungen überschwemmt. Lang saß ich so da, bis plötzlich jemand meine Hand ergriff. Ich blickte mit verweinten Augen auf.

Ein großer stämmiger Mann blickte mich Stirnrunzelnd an. "Junge Dame! Ich muss Sie bitten in ihr Heim zurückzukehren. Es ist nach 12:00 Uhr und sie wissen, dass niemand unter 18 nach 12:00 Uhr hier herumirren darf. Wo wohnen sie? Ich bringe sie Heim!" Ich starrte den Polizisten an und deutete dann mit zitterndem Finger auf das gelbe Haus vor mir. Er begann schallend zu lachen und hielt sich den Bauch. Ich blickte ihn fragend an. "Was ist so lustig daran?" Wollte ich wissen. "Ganz sicher nicht! Niemals! In diesem Haus wohnen die Norrens. Junge Dame, sie können mich nicht hereinlegen. Deshalb sitzen sie auch weinend davor, ich verstehe. Der junge Norrens hat ihnen wie jedem Mädchen in der Stadt das Herz gebrochen.

" Wie bitte?!" Ich meine, Ich wusste ja das mein bester Freund Kenzie ein Mädchenschwarm war und so weiter und sofort, aber das er in meinem Haus wohnte wusste ich sicherlich nicht. "Aber... Wie lange schon? "Der Polizist überlegte. "Seit zwei Monaten... Ihr vorigen Besitzer waren Florence und Sina Warrior und ihre kleine Tocher Elisabeth, glaub ich. Ihre Tochter ist verschwunden und drei Tage darauf ist Sina an einem Herzinfakt gestorben. Florence ist zu seiner Schwester Mary gezogen... Oder sowas ähnliches." Geschockt schaute ich auf. Meine Mum war tot... Einfach so! Und mein Dad war weg. "Was ist mit Mars passiert?" Fragte ich und schluckte. "Mars? Oh stimmt! Der kleine Sohn! Keine Ahnung... Interessiert mich auch eigentlich nicht!" Ich starrte vor mich hin... Alle weg. Mein Vater hatte mich zwar fast sowieso nie wahrgenommen, aber ich liebte ihn trotzdem. Und das Mum tot und Mars spurlos verschwunden waren wollte ich nicht glauben. Konnte ich nicht glauben! Plötzlich kam unglaubliche Wut in mir auf und ich ballte die Hände zu Fäusten. Egal wessen Schuld es war, und ich war mir sicher, dass irgendjemand Schuld an Mum's Tod war, würde dafür bezahlen!

"Geht es Ihnen gut, Mylady?" Fragte der Polizist. Wie bitte?! Ist ja nicht so als ich hätte ich schon genug Sorgen oder so, aber gerade hatte ich erfahren, dass meine Mum GESTORBEN war, ok?! Oder ermordet, je nachdem was man eben glaubt. Aber das ging jetzt auf jeden Fall zu weit! "Nein! Es geht mir nicht gut!!! Hören sie mir zu verdammt!" Schrie ich ihn an und sein Kopf fuhr zu mir herum. "ICH bin Elisabeth Warrior! Und ich wurde geklaut, drei Monate in einen Keller gesperrt, bin viele, viele Stunden durch den Wald geirrt und erfahre gerade, dass meine Familie entweder verschwunden, getötet oder umgezogen ist?! So! Jetzt beantworten Sie die Frage mal selbst!" Mein Gesicht lief vor Zorn rot an und plötzlich ging alles ganz schnell. Ich hob die geballten Fäuste hoch und zielte. Wie in Zeitlupe schob ich meine Hand nach vorne und traf hart auf das überraschte Gesicht des Polizisten. Ein Kribbeln begann sich auf meinem Körper auszubreiten, doch es war alles andere als unangenehm.

Und dann stürzte alles auf mich ein. Da lag der Mann vor mir und hielt sich die Nase. Er starrte mich mit schmerzerfüllten Augen an. Ich wusste nicht was ich tat, aber ich holte aus und knallte meine Faust nochmal auf seine andere Gesichtshälfte. Auf irgendeine kranke Art gefiel es mir, doch ich wusste das es falsch war. Er stöhnte schmerzerfüllt auf, doch das brachte mich nur noch in Rage oder das was mich steuerte. Dann begann sich mein Gedankenkarusell zu drehen und es hörte nicht mehr auf. Vielleicht hatte meine Mum auch so geschrien! Ich trat ihm in den Bauch. Meine Mum ist tot! Tritt. Sie ist kaltblütig ermordet worden! Schlag! Und meinen Bruder haben sie wahrscheinlich auch mitgenommen! Nochmal Schlag. Mein Vater ist einfach weggerannt! Tritt. Und plötzlich realisierte ich was ich tat und blickte auf den Mann vor mir herunter. Er war blutüberströmt, stöhnte und wappnete sich für den nächsten Tritt, doch ich hielt inne. Was war ich? Ein Monster?! Ja, ich war extrem wütend gewesen, aber ich konnte deswegen doch nicht einfach einen unschuldigen Mann verprügeln. Ich hätte niemals, wirklich niemals, gedacht, dass ich zu sowas fähig wäre! Die leise Stimme die in mir widersprach schluckte ich hinunter.

Teufelstochter (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt