17.KAPITEL

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Als ich aufwachte, war die Sonne bereits aufgegangen. Ich gähnte und schloss kurz die Augen. Ich hoffte wirklich, dass alles was passiert war nur Einbildung war, doch als ich sie wieder öffnete, war ich noch immer im Wald, liegend in einer Kuhle und mit Blättern bedeckt. *Juhuuu!* dachte ich sarkastisch. Besonders als es im Gebüsch raschelte, war ich kurz davor die Augen zu verdrehen. Konnte das Schicksal mir nicht einen Tag Ruhe gönnen? Trotzdem stand ich auf, richtete meinen Blick auf das Gebüsch und auf das was sich womöglich dortdrin befand.

Es vergingen einige Sekunden. Aus Sekunden wurden Minuten. Ich spürte jeden einzelnen Moment in dem ich, meinen Körper angespannt, mich nicht von Ort und Stelle bewegte. Ich spürte wie meine Hände zu zittern begangen. Wie mein Herz klopfte. Und wie meine Beine unter mir nachzugeben drohten. Das taten sie schließlich auch. Ich wartete auf den Aufprall. Der Moment, wenn ich auf dem Boden aufkommen würde. Doch er kam nicht. Stattdessen bemerkte ich kräftige, ziemlich warme Hände an meinem Rücken. Ich beschloss, die Augen lieber nicht aufzumachen. Also fragte ich blind: "Wer... Bist du?" Meine Stimme zitterte. Ich hörte ein raues Lachen. Es war mir leider allzu bekannt.

Hätte ich die Augen nicht schon geschlossen gehabt, wäre das jetzt spätestens der Moment in dem ich das getan hätte. "Verdammt! Ich habe gedacht, ich hätte dich in einem Keller eingesperrt!" Wieder ertönte dieses tiefe, kehlige Lachen. "Hey, Lis. Was geht?" Fragte Darren und musterte mich eingehend. Ich musste schrecklich aussehen, denn er hob nur eine Augenbraue und schüttelte den Kopf. Zu meiner Überraschung trat er einen Schritt zurück und nahm seinen Rucksack vom Rücken. Er kramte etwas heraus, was aussah wie ein Seil und lächelte mich bedeutungsvoll an. Ich blickte nur misstrauisch zurück.

"Wenn du mich fesseln willst, dann werd ich dir in dein hübsches Gesicht schlagen, bis du wieder eine krumme Nase hast!" Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse. Ich kannte ihn einfach zu gut. Wir waren gemeinsam im Kindergarten und in der Grundschule gewesen. Damals hatte er eine ziemlich schiefe Nase gehabt und war auch eher dick gewesen, doch ich hatte ihn immer wie einen Bruder geliebt. Bis er mich verließ, wegen einem anderen Mädchen... Mirabella!

Allein dieser Name... Sie war die hübscheste der Schule gewesen und hatte auch noch reine Gene gehabt. Das hört sich jetzt vielleicht ein wenig komisch an, aber bei den Fraktionen achtet man sehr auf Gene. Perfekte Gene hat man wenn die Vorfahren nur aus einer Fraktion kommen und nie einer gewechselt hat. Diese Familien sind meist sehr angesehen. Ich zum Beispiel hatte sehr unreine Gene, da meine Mutter und meine Großmutter gewechselt haben. Also zuerst war Oma eine Füchsin und dann eine Wölfin. Meine Mutter dagegen ist von den Wölfen zu den Falken gewechselt, was ich ehrlich gesagt nicht verstehen kann! "Hallo? Ist noch jemand anwesend?!" Ich wurde schlagartig in die Realität zurück. "Hä?" Meinte ich also auf seine Frage wenig intelligent.

Er lachte und wiederholte die Frage nochmal: "Bist du anwesend?" Ich schaute ihn gespielt genervt an. Dann wurde ich aber wieder ernst und er erntete einen wirklichen bösen Blick von mir. "Was willst du mit dem Seil?!" Fragte ich ihn nun nochmal. Er lachte schon wieder. "Keine Angst ich werde dich nicht fesseln, obwohl das äußerst verlockend wäre, nach dem was du mir angetan hast. Ich habe ganze 2 Tage in dem Keller verbracht." "Du hast mir meine Frage nicht beantwortet." "Wirst du schon noch sehen, weil du mitkommst." "Nein." "Doch." "Wieso sollte ich?!" "Weil du musst und weil ich es sage." "Dann erst recht nicht!" "Du kommst mit oder dein Freund stirbt!" Ich schwieg. Solche Konversationen waren typisch für ihn. Er gewann immer bei sowas.

Nach ein paar Sekunden des Schweigens seufzte ich theatralisch auf. "Na gut! Wohin soll's gehen?" Sofort lächelte Darren wieder und sagte nur: "Folge mir." "Du hast es nicht so mit antworten, oder?" Zischte ich, doch wie erwartet sagte er nichts, was ebenfalls eine Antwort war. Also liefen wir wieder. Man sollte meinen, meine Kondition wäre in den letzten 4 Tagen gestiegen, aber ihr täuscht euch. Ich war einfach nur ausgelaugt, erschöpft und besonders: hungrig. "Hast du was zu essen?" Fragte ich Darren zerknirscht. Ich wollte wirklich nicht mit ihm reden. Ich meine, er hatte mich 3 Monate in einem Keller eingesperrt! Aber hatte ich eine Wahl? Ich hatte Hunger, ok? Also nein, ich hatte keine Wahl. Er antwortete mir natürlich nicht.

Irgendwann blieb er stehen. "Pünktlich 10:30!" Stellte er mit einem zufriedenem Blick auf seine Uhr fest. Ich probierte einen Blick auf das Gerät zu werfen, doch er drehte sich zu einem alten zerfallenem Brunnen um. Was er von dem wollte, wusste ich wirklich nicht, aber trinken könnte man das abgestanden Wasser von dort drin sicher nicht. "Was glotzt du so?!" Fragte Darren mich genervt. "Ich habe mich nur gefragt, was du mit dem komischen Brunnen willst." Erklärte ich zuckersüß. Er schaute mich mit zusammengekniffenen Augen an. "Seil." Sehr gesprächig war er noch nie gewesen, aber dieses eine Wort brachte mich nun wirklich nicht weiter. "Redest du auch mal mit mir?" Fauchte ich. "Nö, keine Lust." Ich schnaubte und ließ mich auf einen Felsen plumpsen.

Irgendwann drehte sich Darren wieder mit einem triumphierendem Grinsen zu mir und zeigte stolz auf das Seil, dass an dem Brunnen irgendwie befestigt war und nun in diesen fiel. "Also: Du bindest dich an dem Seil fest und ich lass dich langsam runter. Ich komm dann nach." "Wow! So viel hast du in der letzten halben Stunde nicht geredet." Meinte ich bissig und ignorierte dabei gekonnt, den Fakt, dass ich in diesen schimmligen Brunnen steigen sollte.

Teufelstochter (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt