16.KAPITEL

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Meine Beine trugen mich wie von selbst. Es war eine ständige monotone Bewegung. Irgendwann nahm ich kaum noch wahr das die Bäume an mir vorbeizogen. Sie waren nur noch ein grüner Schimmer. Meine Gedanken kreisten um vergangenes. Kommt drauf an. So lange war das mit Darren's Keller nicht einmal her. Vielleicht 5 Tage. Meine Erinnerungen schwebten zurück, als ich das erste mal meine Macht 'freigesetzt' hatte. Das war als ich den Polizisten verprügelt hatte. Unbändige Wut und Trauer hatten mich da übermannt. Beim zweiten Mal, in der Schule, war ich ebenfalls wütend gewesen und als ich gegen die Jäger gekämpft hatte auch.

Langsam fragte ich mich, ob ich dieses Etwas in mir bändigen konnte. Es war irgendwie grauenhaft. Wenn es kam, sich zeigte, dann fühlte es sich an, als würde es in mir drinnen immer größer werden... Als würde es sich ausdehnen und von allem Besitz ergreifen, dass ihm in die Quere kam.

Das Problem war, es fühlte sich so gut an. Ich konnte mich genau daran erinnern, wie es war. Wie es sich anfühlte. Wie ich mich dabei fühlte! Mächtig. Ich konnte alles. Natürlich gab es da noch den kleinen Teil in mir der sich wehrte. Gegen dieses Monstrum, dass sich meinem Körper bemächtigte. Ich wusste nicht was es war und das schlimmste war, dass ich es nicht aufhalten konnte.

Mir fiel auf, dass ich stehengeblieben war. Ich stellte also einen Fuß vor den anderen. Im Gegenteil zu gerade eben, war ich mir jeden Schrittes bewusst. Doch bald darauf versank ich wieder in Gedanken. Eigentlich musste ich zugeben, dass ich die Macht jedes Mal unbewusst genutzt hatte. Es war immer dieser Hintergedanke da. Zeig es Ihnen! Ich wollte es allen zeigen! Irgendwas hielt mich davon allerdings ab. Flüsterte mir zu, dass es gefährlich sei, diesen Teil meiner selbst die Kontrolle zu überlassen. Man kann sich nicht vorstellen, wie es ist, von innen zerrissen zu werden, wenn zwei Kräfte gegeneinander ankämpfen. Noch konnte das sanfte, brave Ich das bösartige und selbstsichere Ich in Schach halten, doch nicht mehr lange... Das spürte ich. Und das machte mir Angst.

Irgendwann war ich zu müde um weiter zulaufen. Die ständige Durchdiewaldlauferei (😂geiles Wort) ging mir auf den Senkel. Es war ständig das gleiche. Einen Schritt machen, noch einen Schritt, der dritte Schritt, der vierte, der fünfte. Erschöpft ließ ich mich neben einem Baumstumpf nieder.

Mein Rücken schmerzte von all den Nächten die ich auf dem Boden verbracht hatte. Des Öfteren hatte sich Jason zu mir gelegt, doch ich schob ihn meistens weg. Seitdem wir zusammen waren, war es komisch mit ihm zu reden. Zu oft hatte dieses peinliche Schweigen unser stetiges Wandern begleitet. Früher war mir seine Anwesenheit angenehm gewesen. Mir kam der Gedanke, dass ich nie dieses Kribbeln gespürt hatte von dem alle erzählen. Selbst als er mich während des Wanderns als es besonders kalt war an sich gedrückt hatte und mich geküsst hatte. Oft bin ich aufgewacht und er hatte mich traurig angestarrt. Ich hatte mir eingeredet mich würde das glücklich machen, weil es ja eigentlich romantisch sein sollte, wenn ein Junge einen beim Schlafen beobachtete, doch da war immer dieser traurige Ausdruck in seinen Augen. Er hatte mich immer mehr bedrängt. Ich hatte gedacht, es wäre Neugierde und er wolle nur erfahren was ich schon so alles erlebt hatte. Ich konnte nicht mehr weiterdenken. In meinem Kopf begann es zu wirbeln und ich sank in einen unruhigen Schlaf.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war mein erster Gedanke, dass ich jetzt schon 3 Tage in diesem verdammtenWald verbracht hatte. Ich schluckte. Aber nicht, weil ich Angst hatte, sondern weil mein Hals ausgetrocknet war. Ich brauchte Trinken und Essen. Also lief ich wieder einmal los. Ab und zu kam ich an Beerensträuchern vorbei, an denen ich mich bediente. Als ich endlich einen Fluss erreichte, sank ich dankbar auf die Knie. Nicht das ich gebetet hätte, ich war nicht gläubig, aber ich bückte mich über den rauschende Fluss, welchen ich schon von weitem gehört hatte und tunkte meine Hände ich das Wasser. Die erste Ladung landete auf meinem Kopf. Die Erfrischung tat gut und ich genoss das Gefühl von kaltem Wasser, welches über meinen Nacken floss. Danach trank ich. Ich konnte mir ein genussvolles Stöhnen nicht verkneifen, als die kühle Flüssigkeit meine Kehle hinunter ran.

Als ich aus dem Fluss stieg spürte ich die Wärme der Sonne auf meiner nackten Haut. Nachdem ich meinen Durst gestillt hatte, hatte ich mir nicht verkneifen können in das kühle Nass zu springen. Jetzt trocknete ich mich in der Mittagssonne und lag einfach nur friedlich im Gras. Es war eine kleine Lichtung auf der ich war und beinahe hätte ich das ganze außenrum vergessen. Als ich die Augen wieder aufmachte, war die Sonne schon weitergezogen und ich stand auf, strecke mich und machte mich wieder auf den Weg.

Bald darauf konnte ich nicht mehr. Meine Beine waren müde von den 4 Tagen wandern und ich hatte Muskelkater in beiden Beinen. Erschöpft lehnte ich mich an einem Baumstamm an, um mich auszuruhen. Das Dumme war, das ich mich an keine Stelle erinnern konnte, an der ich vorbeigekommen war, als ich vor Jason weggerannt war. Verdammt! Warum war alles so kompliziert?! Ich stieß einen Schrei des Frustes aus. Konnte ich diese sch*** Macht nicht auch als Navi oder sowas einsetzten? Nein, das wäre ja viel zu einfach gewesen! Also lief ich weiter.

Irgendwann verlor ich das Zeitgefühl, doch als ich wieder 'zur Besinnung' kam, stand die Sonne schon tief. Ich lief also noch ein bisschen um einen relativ angenehmen Schlafplatz zu suchen. Irgendwann, als der Mond schon lange schien, war ich so hundemüde, dass er mir schwerfiel die Augen offen zu halten und so ließ ich mich in eine wenig geschützte Mooskuhle fallen. Rein automatisch deckte ich mich mit Blättern zu. Das hatte mir Jason beigebracht, um mich vor komischen Kreaturen zu schützen. Jedenfalls hatte er die Tiere, die hier anscheinend nachts umher schlichen, so bezeichnet, was mich ehrlich gesagt etwas verstört hat. Hätte er nicht einfach Tiere sagen können, das wäre so viel beruhigender gewesen!

Ich fragte mich sowieso, woher er wusste wohin wir mussten und wieso er sich mit Campen so gut auskannte... Die Fraktion der Falken machte keinen Urlaub! Es war schon eigentlich viel zu viel, bei seiner Familie zu leben... Die Höchstanzahl von Menschen mit denen man zusammen leben durfte war 1. man durfte einen Ehepartner haben. Und nur 2 Kinder, die dann mit 16 ausziehen mussten. Ich war mit 16 in die Scheune gezogen, weil ich nicht wusste wohin, doch dann kam eben dieser Brief von Darren. Das war schon nach 5 Tagen.

Ich war also noch nie wirklich alleine gewesen. Jetzt war ich es und ich wurde langsam unruhig. Man könnte meinen, dass ich so verwirrt war, weil ich niemanden hatte, der bei mir war und den ich um Hilfe bitten könnte, aber die Wahrheit sah ganz anders aus. Ich war verwirrt, wenn ich alleine war, weil ich eben nicht alleine war! Ich hatte immer das Gefühl, dass jemand bei mir war. Mich beobachtete. Das machte mir um ehrlich zu sein ziemlich Angst. Allerdings war der einzigste Mensch der davon wusste Kenzie. Nicht einmal meinen Eltern hatte ich davon etwas erzählt. Und naja, inzwischen wusste es niemand mehr. Kenzie war mit größter Wahrscheinlichkeit tot. Ich hatte mir nicht einreden können, dass er es nicht war.

In dieser Nacht träumte ich von Kenzie, wie er bei den Jägern an einem Pfahl festgebunden war. Sie tanzten mit Fackeln um ihn herum und lachten. Als plötzlich ein rießiger schwarzer Engel auftauchte.

Teufelstochter (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt