22. KAPITEL

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Der Vogel der mich trug hielt mich mit seinen rießigen Krallen fest und flog ganz ruhig dahin. Ich hatte probiert mich aus seinen Fängen zu befreien, aber es war mir nicht gelungen. Irgendwann hatte ich es aufgegeben. Jetzt hing ich hilflos und mit geschlossenen Augen in der Luft und probierte meine Übelkeit unter Kontrolle zu bekommen. Wir flogen ziemlich lange über das Gebirge und ich hatte erwartete, dass die Höhenangst irgendwann nachlassen würde, aber jedesmal wenn ich die Augen aufmachte erfasste mich erneut die Panik. Nach gefühlten 3 Stunden traute ich mich mal wieder die Augen zu öffnen. Zu meinem Glück entdeckte ich eine Stadt. Sie lag am Rand des Gebirges und war einfach rießig. Ich ließ einen Freudenschrei los, in der Hoffnung endlich wieder Boden unter den Füßen zu haben und meine Vermutung, dass wir landeten wurde sogar bestätigt. Leider nicht ganz in meinem Sinne. Der Vogel spannte sich an, legte die Flügel an und ließ sich einfach fallen. Und mit fallen, meine ich auch fallen. Denn wir stürzten senkrecht auf die Erde zu. Erschrocken quietschte ich auf. Zu mehr war ich nicht fähig.

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"Soll dich der Teufel holen, wenn du das nochmal machst!" Schrie ich Darren an. Er grinste mich belustigt an. "Der Teufel? Wie ironisch! Außerdem hast du gesagt, du hast keine Höhenangst!" Sein Gesicht flog nach rechts. Erschrocken blickte er mich an, aber ich war genauso verwundert. Meine Hand war noch erhoben, mein Blick wütend und seine Wange färbte sich langsam rot. Wir starrten uns eine ganze Weile an, dann mussten wir beiden loslachen.
Jetzt ist es offiziell! Wir sind beide verrückt. Ich hab ihn geschlagen und wir lachen darüber...
Freu dich doch! Schließlich bist du nicht die einzige die komplett durchgeknallt ist!
Ha Ha.
Wir beruhigten uns wieder und ich sah mich um. Wie waren anscheinend vor dem Stadttor gelandet.

Zwei Wächter guckten uns gelangweilt an. "Was wollt ihr in Tuirath?" Fragte einer der beiden gelangweilt. Seine Stimme war kratzig und hörte sich an wir wie Schmirgelpapier, dass auf einem Stein gerieben wird. "Wir haben eine Audienz bei Hades." Der Wächter bleckte seine Zähne, die mich ein bisschen an ein Haifischgebiss erinnerten.
Kann es sein, dass hier niemand normal aussieht?
Es stimmte. Auch der andere Wächter, war alles andere als normal. Seine Gesichtszüge ähnelten der einer Katze. Seine Augen waren schmal und seine Nase war schwarz und mit Schnurrhaaren versehen. "Wieso sollte der König der Unterwelt euch eine Audienz gewähren?" Die beiden lachten spöttisch auf. "Ich bin Darren." War das einzigste was mein ehemals bester Freund sagte und sofort verstummten die beiden wieder. "D-Du bist zu- zurück..." stotterte der katzenartige Typ. Darren nickte. Der Blick des anderen huschte zu mir. "Dann ist sie also..." "Ja!" Unterbrach Darren ihn. Die Augen des Wächters vergrößerten sich, er trat zur Seite und machte uns somit den Weg frei. Ohne ein weiteres Wort zu sagen betraten Darren und ich die Stadt.

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"Das ist Tuirath, die Hauptstadt der Hölle oder Unterwelt. Je nachdem wie du es nennen willst." Ich wollte etwas sagen, aber es kam kein Wort aus meinem weit geöffnetem Mund. "Mund zu, sonst fliegen Fliegen rein." Lachte Darren mich aus. "Gibt es hier überhaupt Fliegen?" Gab ich sarkastisch zurück. Er schüttelte immer noch kichernd den Kopf. "Nein, gibt es nicht, aber schau dich um. Es gibt genug andere Kreaturen hier!" "Sind mir ja noch gar nicht aufgefallen." Witzelte ich, blickte mich aber wie befohlen um. Wir waren durch ein Nebentor in die Stadt gekommen, deswegen war hier nicht so viel los, aber wenn ich genau hinhörte, konnte ich Musik hören, die aus der Stadtmitte zu kommen schien. "Und wohin jetzt?" Fragte ich, wusste aber insgeheim die Antwort schon. "In die Stadtmitte!"

Und so liefen wir los. Der Weg war länger als gedacht und umso näher wir der Mitte kamen, desto lauter wurde die Musik. Außerdem kamen uns immer mehr... nennen wir es Gestalten entgegen. Wieder und wieder erklärte mir Darren, welche Art dieses und jenes Geschöpf war und bald darauf brummte mein Kopf, da ich einfach nicht glauben konnte, dass das alles echt war. Ein paar Wesen kannte ich aus Geschichten wie Werwölfe oder Vampire, aber andere Wesen waren mir vollkommen fremd. Zum Beispiel Kelpies, Ghule oder Erinnyen. Am gruseligsten aber fand ich die Krasue, die anscheinend auch zur Stadtmitte wollte und deswegen neben uns herlief oder flog, je nachdem, und so konnte ich sie länger beobachten. Am Anfang war es eine wunderschöne Frau gewesen, mit langen schwarzen Haaren, grünen leuchtenden Augen und glatter reiner Haut, doch am Ende sah sie ganz anders aus. Zuerst bemerkte ich die Veränderung nicht, aber nach einer Zeit sah ich wie sich ihr Körper langsam auflöste. Irgendwann war nur noch ihr Kopf übrig, der neben uns herflog. Ihre Haare waren nun struppig, ihre Augen erschienen plötzlich nicht mehr in einem sanften Grün, sondern in einem giftigen stechendem Grün und ihre Haut war runzlig. Aber das war nicht das schlimmste. Aus ihrem Kopf hingen Gedärme. Mägen, mehrere Lebern und Nieren. In diesem Moment wünschte ich mir, nicht so gut in Bio aufgepasst zu haben, aber es half nichts. Als die Krasue meinen Blick bemerkte schenkte sie mir ein grusliges Grinsen und flog davon. Gänsehaut breitete sich auf meinen Armen aus, aber ich lief tapfer weiter.

Endlich kamen wir an einem rießigen Marktplatz an. Hier entdeckte ich auch ein paar schönere Wesen. Eine Gruppe Katzenfrauen zum Beispiel, die schnurrend um einen Satyr strichen. "Sind wir bald da?" Murrte ich und quetschte mich zwischen zwei Werwölfen hindurch die mich böse anknurrten. Darren zog mich schnell von den beiden weg. Im Gegensatz zu mir, schien es ihm hier tatsächlich zu gefallen. "Ja. Siehst du die Festung am Ende der Stadt? Da müssen wir hin." Ich schnaubte. "Kaum zu übersehen, dass Trumm. Was ist das für eine Festung? Wer ist der Herrscher?" Darren schaute belustigt zu mir herunter. "Kannst du dir das nicht selbst zusammenreimen?" Ich überlegte kurz, dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. "Hades..." krächzte ich. Meine Kehle war plötzlich wie zugeschnürt. "Du willst zu Hades?! Dem König der Unterwelt, der Untoten und all dieser creepy Kreaturen?! Bist du vollkommen bscheuert?!" "Ähm... ja." Er lächelte mich schräg an.
Gott... irgendwann wird er mich umbringen. Erst diese Vögel und jetzt das hier. Super Idee, einfach reinspazieren, als wäre es selbstverständlich!
Vielleicht wird es gar nicht so schlimm... vielleicht sogar interessant.
Ach echt?! Und woher willst du wissen, dass er uns nicht einfach umbringt?!
Darauf sagte meine Stimme nichts mehr und ich gab mich damit zufrieden, sie dazu gebracht zu haben, ihren Mund zu halten.

Teufelstochter (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt