4. Jace

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Der Unterricht war ziemlich langweilig und manchmal war es einfach erschreckend zu bemerken, dass die Lehrer hier an der Schule, kaum einen Plan von ihrem Unterrichtsstoff hatten.

"Hey Jace. Gut dich hier zu treffen. Wenn du willst können wir gleich zusammen in die Cafeteria gehen.", sprach mich Chester an. Er stand plötzlich neben mir, als ich ein Buch in mein Schließfach packte.

Ich drehte mich zu ihm um und sagte: "Klar, gerne." Er nickte mir zu. Neue Freunde zu finden ist nie leicht, wenn man der Neue an einer Schule ist. Man sollte den Menschen dankbar sein, die in solchen Momenten freundlich zu einem waren. Denn solche Leute sind oft schwer zu finden.

Dann schloss ich mein Schließfach ab und lief Chester hinterher. In der Cafeteria angekommen, stellten wir uns zusammen an der Essensschlange an. Das Essen hier sah ganz akzeptabel aus. Nicht sehr lecker, wie an meiner alten Schule, aber essbar.

"Also Jace. Wieso bist du hier gelandet? Ich meine es gibt hier reichlich bessere Schulen und Wohnorte.", fing Chester an mich auszufragen. Ja, da hatte er wohl recht. Meine Eltern wollten bestimmt nicht, dass ich wieder an reiche Freunde komme, mit denen ich meine Abenteuer erlebte. Abenteuer war dabei sogar noch recht nett ausgedrückt.

"Bin mit meinen Eltern hier her gezogen. Sie meinten, da wo ich herkam, wäre kein guter Umgang für mich. Meine Freunde und ich haben, sagen wir mal, viel Scheiße gebaut. Aber wir haben es genossen. Meine Eltern verstehen einfach nicht, was es heißt sein Leben zu genießen und wirklich sein Leben zu leben. Ich schon und das konnten sie nicht akzeptieren. Deswegen der Umzug hier her.", antwortete ich ihm ehrlich. Wieso sollte ich lügen?

"Kling nach spannenden Stories. Also ich wohne hier schon immer.", er zuckte gelangweilt mit den Schultern. "Das positive an der Sache ist jetzt, dass ich dich in unserer Kleinstadt rumführen kann, wenn du möchtest."

Ich nickte ihm zu. "Hört sich vielversprechend an." Ein bisschen die Gegend erkunden konnte noch keinem schaden.

Nach fünf Minuten warten, waren wir schließlich fertig mit dem Essen holen. Mit meinem Tabelett in den Händen folgte ich Chester, welcher sich langsam einen Weg durch die Meute machte.

"Also wies aussieht sitzen wir heute mal hier. Das sind meine Kumpels Carter, Bastian und Peter. Leute, dass ist Jace. Heute ist sein erster Tag hier. Ich hoffe es macht nichts, wenn er hier mit uns isst."

Als keiner etwas dagegen sagte und mich alle begrüßt hatten, setzte ich mich an den Rand des Tisches, direkt neben Carter.

"Ah ja und nur mal so zur Info. Ich hoffe es ist jetzt nicht schlecht für dich, weil du hier bei uns sitzt. Denn hier an der Schule gibt es eine kleine Sitzordung. Auf der rechten Seite, wo wir sitzen, sitzen alle Normalen.", um das Normale, zeigte er Gänsefüßchen. Ich runzelte die Stirn. "Und auf der linken Seite einmal die Beliebten und die Streber. Wenn du einmal bei den Strebern bist, kommst du nicht mehr weg von ihnen. Und du kannst es eigentlich fast vergessen bei dem Beliebten zu sitzen. Da sind nur die Cheerleader, die Sportler und einfach die, die laut den anderen cool genug dafür sind. Aber du kannst dein Glück auch versuchen, wenn du willst." So einen Schwachsinn hatte ich noch nie gehört. Eigentlich sollte man da sitzen, wo man sitzen wollte und nicht dort, wo es einem erlaubt war.

Ich nickte. "Nein danke. Hier passt es eigentlich ganz gut.", sagte ich und lächle kurz die Jungs an.

Mit meinen früheren Freunden war ich bei den Beliebten gewesen. Leider war es an meiner alten Schule fast genauso, es gab die Beliebten und die Normalen. Jedoch gab es keine beschriebene Sitzordnung. Mit der Zeit hatte es, meiner Meinung nach, genervt, immer aufpassen zu müssen, ja nichts falsches zu tun. Denn wenn man mal etwas falsches, in den Augen der Beliebten machte, wurde man sofort zu den Normalen abgeschoben. Alle waren so eingebildet gewesen und fühlten sich auch noch besser als alle anderen. Nur mein bester Kumpel und ich waren irgendwie anders. Freundlicher und nachdenklicher. Wir hielten uns immer aus allen Streitereien raus. Trotzdem waren unsere anderen Freunde von der Sorte der anderen. Sie waren oft unfreundlich und gefährlich gegenüber anderen. Natürlich nur in der Öffentlichkeit, um ihren Ruf zu wahren. Im privaten waren sie wie wir.

"Cool. Also du scheinst nett zu sein. Kannst dich morgen gerne wieder zu uns setzen.", sagte Peter, welcher schräg gegenüber von mir saß.

"Klar, gerne. Ihr scheint auch ziemlich cool zu sein."

Dann fingen wir an, richtig zu essen. Die Jungs neben mir waren echt in Ordnung. Sie sprachen über belangloses Zeug, während ich die Leute in der Cafeteria beobachtete. Dabei blieb mein Blick bei rötlich-blonden Haaren hängen. Sie gehörten einem Mädchen, dass gerade draußen saß. Dann stand sie auf und ging zur Essensausgabe, um ihr Tablett wegzubringen. Sie sah wunderschön aus mit ihren lockigen Haaren. Irgendetwas faszinierte mich an ihr und ich musste sie beobachten. Irgendwie hatte ich das Gefühl, als würde ich sie schon ewig kennen, als wäre sie eine Vertraute. Und denoch hatte ich sie nie zuvor gesehen. Es war irgendwie seltsam. Als sie an mir vorbei lief, konnte ich ihr Parfüm riechen. Es hatte etwas blumiges an sich. Sie lief weiter und fuhr sich kurz den Arm hoch und runter, als hätte sie eine Gänsehaut bekommen. Dann drehte sie sich um und schaute mir direkt in die Augen. Diese Augen. Sie waren eine Mischung aus allerlei Farben. Es war, als würde man direkt in die Unendlichkeit schauen. Als würde man fallen und niemals aufkommen. Es war unbeschreiblich sie anzuschauen.

Ohne das ich es bemerkte, stand ich auf. Mein Körper war nahe dran, zu ihr zu gehen und sie anzusprechen. Ich machte einen Schritt nach vorne. Dann packte mich eine Hand und ich schaute zu Chester hinunter.

"Jace. Was machst du da?", fragte er mich, doch ich schaute direkt wieder zu ihr.

Sie lief davon. Ich musste wissen, wer sie war. Langsam setzte ich mich wieder auf meinen Platz, die verwirrten Blicke der anderen Mitschüler ignorierte ich. Ich schaute ihr hinterher. Sie drehte sich noch ein letztes mal um und ich konnte ein kleines Lächeln um ihre Lippen herum entdecken. Dann war sie um die Ecke verschwunden. Dieser Moment war wirklich seltsam gewesen.

"Was war das denn gerade?", lachte Peter und schlug mir leicht auf die Schulter.

Ich ignorierte einfach seine Frage. "Weiß einer von euch, wer das Mädchen gerade war?"

Alle nickten gleichzeitig. "Das war Echo."

"So ist ihr Name?", hakte ich nach. Echo hörte sich gut an.

"Genau. Echo Silver. Sie ist mit uns in der Stufe. Wieso willst du das wissen? Kennst du sie? So sah das nämlich gerade wirklich aus.", antwortete mir Chester und fragte direkt im Anschluss weiter.

"Nein. Ich kenne sie nicht. Sie sieht wirklich hübsch aus.", ich hielt kurz inne. "Aber ich will sie kennen lernen.", sagte ich bestimmt. So etwas hatte ich noch nie gesagt. Ich war nicht der Typ Aufreißer, der Mädchen zum Spaß hatte. Bis jetzt hatte ich eine feste Freundin gehabt. Wir waren über ein Jahr zusammen, bis ich sie verließ, weil ich keinen Sinn und keine Gefühle mehr in dieser Beziehung sah. Aber dieses Mädchen gerade, es war irgendwie anders als mit jedem anderen Mädchen. Sie sah so normal und gleichzeitig so hübsch aus. Echo, ein schöner und zugleich einzigartiger Name.

"Vergiss das gleich mal wieder.", schüttelte Carter den Kopf.

Verwirrt schaute ich ihn an. "Hat sie einen Freund?"

Alle schüttelten den Kopf. "Steht einer von euch auf sie?"

Wieder bekam ich nur ein Kopfschütteln. "Was ist es dann?" Ich runzelte meine Stirn und schaute zu Chester.

"Echo Silver redet nicht."

■26.05.16■

SilenceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt