22. Jace

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"Hi Echo", begrüßte ich sie freundlich und stieß mich von meinem Pick-Up ab.

Als sie bei mir angekommen war nickte sie mir leicht schüchtern zu.

"Wollen wir los?"

Sie nickte daraufhin und umrundete meinen Wagen. Anschließend nahm sie auf dem Beifahrersitz platz und wartete darauf, dass ich eingestiegen war. Nachdem ich den Wagen angemacht hatte, sprang sofort ein neuer Radiosender an und ließ lautstark ACDC laufen.

Ich wusste nicht, was Echo für Musik hörte, aber ich war mir ziemlich sicher, dass es nicht ACDC war.

Sie hielt meine Hand fest, als ich umschalten wollte.

"Willst du das hören?", fragte ich sie leicht misstrauisch und sie nickte.

"Wow. Ich hätte niemals gedacht, dass dir diese Art von Musik gefällt."

Aus den Augenwinkeln heraus konnte ich sehen, wie sie mit ihren Schultern zuckte und lächelnd einen Fuß im Takt mitwippen ließ.

Bei ihrem Anblick musste auch ich kurz lächeln. Sie brachte mich im allgemeinen oft zum lächeln, auch wenn sie nichts dafür tat.

Schon bei unserer ersten Begegnung wusste ich, dass sie etwas besonderes war und das ich sie kennenlernen musste. Zu meinem Glück war es auch leichter als gedacht gewesen. Echo hatte eine einzigartige Persönlichkeit und immer wieder musste ich sie mit mir selbst vergleichen. Ich hatte das Gefühl, dass wir uns ähnlicher waren, als anzunehmen war. Auch wenn ich bis jetzt, außer ACDC, noch keine weiteren Gemeinsamkeiten entdecken konnte.

Nachdem wir weitere 5 Minuten gefahren waren, kamen wir bei der Stadt an und ich parkte mein Auto in einer Tiefgerage. Zusammen liefen wir ins Freie und suchten das nächte Eiscafé.

Ich bestellte mir einen Früchteeisbecher und Echo einen Schokoladenbecher.

"Wie gehts dir?", versuchte ich die Stille zu unterbrechen.

Sie nickte mir mit einem kurzen Lächeln zu. Dann blickte sie sich kurz um.

Ich hatte das leichte Gefühl, dass sie nervös war.

"Alles gut?"

Sie kratzte sich kurz am Hals und nickte dann. Ich wusste sofort, dass sie lügte. Aber ich wollte nichts dazu sagen, da ich etwas Angst davor hatte, dass sie dann gehen würde.

Während des Eis essens hatte ich kaum geredet und sie hatte auch kaum eine Andeutung darauf gemacht, dass sie etwas sagen möchte bzw. das ich etwas sage.

Nach einer Stunde verließen wir also das Eiscafé und schlenderten noch ein bisschen in der Innenstadt herum. Ich beobachtete Echo immer von der Seite. Immer aufs Neue musste ich mich fragen, wie man nur so schön aussehen konnte. An einem Schmuckgeschäft blieb sie stehen und betrachtete das Schaufenster. Ich folgte ihrem Blick und sah eine kleine silberfarbene Kette mit einem Kleeblatt daran. Sie sah sehr hübsch aus.

"Die Kette ist wirklich sehr hübsch", stimmte ich ihnem neidischen Blick zu. Sie schaute mich lächelnd von der Seite an, ging dann jedoch am Schaufenster vorbei und lief weiter.

Als wir an einem Schreibwarengeschäft anhielten, erinnerte ich mich daran, dass ich noch ein Geschenk für Jack kaufen wollte.

"Ich muss schnell da reingehen. Willst du mitkommen?"

Echo blickte erst mich und dann das Geschäft an, ehe sie nickte.

Ich hielt ihr die Türe auf und ließ ihr den Vortritt. Nachdem ich 10 Minuten suchen und überlegen musste, entschied ich mich für ein kleines Büchlein mit dunkelbraunem Lederumschlag. Es war sehr schlicht gehalten und trotzdem sehr hübsch.

Nachdem ich bezahlt hatte, schaute mich Echo fragend an und zeigte mit ihrem Zeigefinger auf das Buch.

"Du willst bestimmt wissen, wieso ich es gekauft habe, oder?"

Lächelnd nickte sie. Ich lächelte kurz zurück, ehe ich antwortete: "Ich habe vor kurzem einen älteren Mann kennengelernt und mich irgendwie mit ihm angefreundet. Er hat keine Familie mehr und kaum Freunde, hat er mir gesagt. Und heute habe ich in der Zeitung gelesen, dass er Gebutstag hat. Und ich dachte mir einfach, dass ich ihn besuchen gehe und ihn dieses Buch schenke. Er erzählt gerne Geschichten, vorallem seine eigenen. Und in dieses Buch kann er jetzt, wenn er will, seine Geschichten schreiben. So dass sie nicht in Vergessenheit geraten." Echo nickte stumm. "Ich dachte mir, dass es eine nette Idee ist. Findest du das Dumm?" Kritisch verzog ich mein Gesicht.

Schnell schüttelte sie ihren Kopf und lächelte aufmunternd.

"Also findest du die Idee gut?"

Wieder nickte sie lächelnd. Sie lächelte sehr oft.

"Hey, ich hab eine Idee. Wie fändest du es, dass du mitkommst, wenn ich ihn besuchen gehe?"

Ihr Kopf schoss in meine Höhe und blickte mich fragend an.

"Er würde sich sicher über mehr Besuch freuen", versuchte ich es erneut.

Doch Echo verzog nur ihr Gesicht. Aber nicht so, als würde sie nicht wollen, oder die Idee schlecht finden. Mehr als würde sie nicht wissen was sie wollte und ob es für Jack in Ordnung gehen würde.

"Komm schon. Er würde sich sicher rießig freuen. Außerdem, was würdest du heute sonst noch machen?"

Sie zuckte mit ihren Schultern.

"Na also. Dann ist das beschlossene Sache", meinte ich grinsend und lief weiter.

Echo war ein Stück hinter mir, ehe sie mir hinterher kam.

"Ach im Übrigen, er heißt Jack Dodge und wird 87 Jahre alt."

Ich sah sie aus den Augenwinkeln nicken.

"Also, brauchst du noch irgendetwas oder können wir schon fahren?", fragte ich nach, als wir nur noch in der Gegend herumliefen.

Ich schaute sie von der Seite an und blieb kurz stehen. Sie schüttelte ihren Kopf, was hieß, dass sie nichts mehr brauchte und wir fahren konnten.

Schweigend liefen wir nebeneinander her, als wir uns auf dem Weg zu meinem Auto machten. Als mein Auto in Reichweite war, öffnete ich es automatisch mit meinem Autoschlüssel und sagte zu Echo, dass sie sich schon einmal hineinsetzen konnte, da ich noch das Parkticket bezahlen musste.

Wenige Minuten später saßen wir beide in meinem Auto auf dem Weg zu Jacks Haus. Da ich nur einmal dort war, wusste ich nicht genau, welches Haus Jacks war. Langsam fuhr ich also die Straße entlang, bis ich ein Haus sah, dass ziemlich nach seinem aussah. Ich war mir sicher, dass es seines war. Mein Auto parkte ich am Straßenrand und stieg dann aus. Kurz danach hörte ich auch Echos Türe und wartete, bis sie neben mir stand.

"Bereit?", fragte ich und sah sie von der Seite an.

Nach kurzem Zögern nickte sie und schritt voran.

Ich wusste nicht was es war oder wie es passieren konnte, aber mein Gefühl sagte mir, dass ich mich in Echo verliebt hatte und ich sie so schnell nicht mehr gehen lassen sollte.

■31.08.16■

SilenceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt