8. Jace

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Sie hatte sofort weg geschaut. Wieso schaffte sie es nicht, mich noch einmal anzuschauen? Es war mir ein Rätsel. Nein, sie war ein Rätsel. Und wie heißt es so schön bei Rätseln: Rätsel sind zum lösen da.

Als wir an der Schule ankamen, beobachtete ich sie, wie sie mit einem Jungen zusammen zum Schulhaus lief. Aus irgendeinem Grund wurde ich plötzlich eifersüchtig. Obwohl ich nicht mal sie, geschweigedenn den Jungen, kannte.

Ich zuckte heftig zusammen, als mir jemand auf die Schulter schlug. Erschrocken drehte ich mich um und sah Chesters grinsendes Gesicht.

"Alter, hast du mich erschreckt."

"War auch mein Plan.", lachte er mich aus.

"Sag mal, kennst du den Jungen da, der mit Echo in die Schule läuft?"
Ich zeigte mit meinem Finger Richtung Schule und Chester folgte ihm mit seinen Blicken.

Dann schüttelte er den Kopf. "Keine Ahnung. Aber ich hab ihn ja nur von hinten gesehen."

"Er hat zwei verschiedene Augenfarben.", versuchte ich ihn zum Nachdenken anzuregen.

"Wie jetzt? Zwei?", erstaunt schaute er mich an. Ich nickte. "Ja verdammt, zwei verfluchte Augenfarben. Wie soll ich bitte gegen zwei verschiedene Augenfarben ankommen? Dagegen bin ich nichts.", fluchte ich und streckte meine Hand in Richtung Schulgebäude, als ich den Typen erwähnte.

"Oh ho. Da wird wohl jemand eifersüchtig.", lachte Chester.

"Ich bin nicht eifersüchtig.", widersprach ich.

"Und wie du's bist. Brauchst dich gar nicht rauszureden. Aber wenn du vor ihm bei ihr landen willst, solltest du dich lieber mal ins Zeug legen. Sprich sie doch einfach mal in der Mittagspause an."

Ich brummte vor mich hin. "Gestern hab ich sie nochmal gesehen. Sie ist einfach vor mir weg gelaufen. Sehe ich so schrecklich aus?"

"Achwas. Du siehst gut aus.", er stoppte. Dann grinste er frech, ging einen Schritt zurück und zeigte mit einem wackelnden Zeigefinger auf mich. "Ha, das war ein Test. Egal wie oft du's noch versuchst, ich bin und werde nie schwul sein. Verstanden?"

Ich lachte kurz auf. "War eigentlich gar nicht meine Absicht, aber jetzt wo dus sagst, du kommst wirklich schwul rüber.", provozierte ich ihn.

Er schlug mich auf die Schulter. "Siehst du, noch ein Beweis mehr.", stichelte ich weiter.

"Was war das jetzt bitte für ein Beweis?", fragte er zerknirscht.

Ich lachte. "Du schlägst wie ein Mädchen." Damit lief ich an ihm vorbei und in Richtung Schulgebäude.

"He. Nicht cool.", rief er mir hinter her, ehe er auch kam. Ich konnte nur noch mehr darüber grinsen.

"Komm einfach, wir haben gleich Geschichte zusammen."

Damit schloss er zu mir auf und wir liefen zusammen zu unserem Klassenzimmer. Wobei ich ihm eigentlich mehr hinterherlief als neben ihm.

"Schüler, ich habe mir etwas ganz großartiges ausgedacht.", unsere Lehrerin klatschte freudig in ihre Hände. "Ich will von jedem von euch ein spezielles Thema präsentiert bekommen. Es muss natürlich etwas geschichtliches sein. Ihr könnt entweder alleine oder zu zweit arbeiten, es ist mir egal wie. Hauptsache, ihr seit in 6 Wochen fertig. Ihr könnt euch heute ein Thema überlegen und es mir dann sagen."

Chester ging direkt zu seinen Freunden und machte mit diesen jeweils eine zweier Gruppe auf. Ich blieb alleine, jedoch wollte ich ehrlich gesagt auch lieber alleine arbeiten. Ich dachte ein paar Minuten nach, ehe ich mich für ein Thema entschied. Ich selbst fand es ziemlich interessant und meine Lehrerin war genauso fasziniert. Ich wollte die Geschichte der Machtergreifung und den Beginn er neuen Präsidentenschaft vor ein paar Jahrzehnten, anhand von unserer Stadt hier, erklären. Einfach, weil wir ein kleiner Vorort von Washington D.C. waren und somit damals dirket am Geschehen dabei waren.

Nach dem Unterricht ging ich alleine in die Cafeteria. Chester war nicht dabei, aber ich verstand es. Nur weil ich jetzt aufgekreuzt war, musste er nicht gleich nur noch bei mir sein. Er hatte schließlich noch andere Freunde, die er auch viel länger kannte als mich. Wegen mir sollte niemand, seine langjährige Freundschaft zu jemand anderem, aufgeben.

Ich schaute mich in der Cafeteria um, ehe ich Echos leutende Haare außerhalb des Raumes sah. Sie saß wieder genau an der selben Stelle, wie gestern. Schnell lud ich mir essen auf mein Tablett und lief mit schnellen Schritten auf ihren Tisch zu. Jetzt war der Moment gekommen, an dem ich mit ihr sprechen würde.

"Hallo. Ist bei dir noch frei?", fragte ich sie freundlich.

Zuerst sah sie mich leicht geschockt an, doch dann nickte sie zaghaft. Zum Glück hatte sie mich dieses mal nicht zurück gewiesen.

"Du bist Echo, stimmts?", fragte ich und wollte ein kleines Gespräch beginnen.

Sie nickte leicht und aß ihren Salat weiter.

"Ich bin Jace." Sie nickte erneut. "Ich bin erst vor kurzem hier her gezogen. Lebst du schon immer hier?"

Ich schaute sie gespannt an, ehe sie ein viertes mal nickte. Es schien ihr unangenehm, mit mir zu sprechen. Beziehungsweise mir zuzuhören. Sie wirkte nervös.

"Ich weiß, dass du nichts sprichst.", sprach ich sie direkt auf ihr kleines Problem an. Wenn es überhaupt ein Problem war.

Leicht panisch schaute sie mich an.

"Dir braucht das nicht peinlich zu sein. Irgendwie verstehe ich dich sogar. Außerdem finde ich es echt faszinierend."

Ihr erschrockenes Gesicht wandelte sich urplötzlich in ein empörtes um.
"Was? Hab ich was falsches gesagt?", fragte ich sie leicht geschockt. Na klasse, direkt verhauen ohne wirklich zu wissen weshalb.

Sie holte einen Block aus ihrem Rucksack und schrieb etwas darauf.

Während ich es las, stand sie mit ihrem Tabelett auf und verschwand.

"Ich bin kein Objekt, dass 'faszinierend' ist! Außerdem, was weißt du schon? Du verstehst sicher nichts, außerdem kenne ich dich nicht. Bitte halte dich von mir fern."

Leicht traurig las ich ihre Nachricht. Ich hatte es vermasselt. Gestern noch schien es total leicht, sie anzusprechen. Und jetzt wo ich es getan hatte, würde ich gerne alles rückgängig machen und einen Neustart versuchen. Ich wusste nicht was sie meinte, vermutlich wusste es keiner. Apropos keiner, wo war ihr zweifarbiger Freund geblieben?

Eines stand hiermit auf jeden Fall fest, ich musste mich entschuldigen und versuchen einen Neustart zu wagen. Hoffentlich würde sie mich dann nicht auch gleich wieder stehen lassen.

■08.06.16■
°1004 Wörter°

SilenceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt