The Meeting

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Ich bestelle mir ein Taxi, nachdem ich mich aufgebrezelt habe. Die Adresse habe im Handy gespeichert. Es ist ein anderes Hotel, das extra für Veranstaltungen und Meetings gedacht ist.

Meine Tasche gebe ich bei der Garderobe ab und bekomme ein Namensschild. Mit diesem Schild komme ich dann auch in den ersten Stock. Ich muss zum Saal Beethoven.

Es hat bereits angefangen. Eine halbe Stunde bin ich zu spät, aber da kann ich ja nichts für.

Eine junge Frau steht vor der Eingangstür, mustert mich und holt eine Liste hervor.

"Mr. Styles meinte, Sie schaffen es nicht mehr.", sagt sie kurz und knapp und sieht an mir hinab.

"Tja, ich bin hier, oder?"

"Sind sie nicht etwas zu jung für so ein Meeting?"

"Wäre ich dann hier?"

Hah, Treffer versenkt. Ihren Blick vergesse ich so schnell nicht. Schlagfertigkeit ist das A. und O., wie ich bemerkt habe.

Das Problem wird mir erst bewusst, als ich den Raum betrete. Ich habe absolut keine Ahnung, worum es geht und was ich sagen muss. Scheiße.

Dafür, dass dies das wichtigste Meeting des Jahres ist, sind ziemlich wenig Unternehmer anwesend.

Alle Gesichter wenden sich zum Eingang, zu mir. Ich versuche meine geschwollene Hand so gut es geht zu verstecken. Ich hätte vorher zum Arzt fahren sollen ... Aber ich will hierbei sein.

"Sie sind dann demnach Miss Clark? Wie schön, dass Sie es noch geschafft haben. Bitte, setzen Sie sich."

Gut. Man sieht die Blutergüsse und Schürfungen also nicht. Das teure Make-Up macht sich bezahlt.

Harry sitzt mit dem Rücken zu mir. Seine Schultern sind gestrafft. Und neben ihm ist mein Platz. Ich setze mich.

Der Leiter des Meetings, Mr. Smith, weiht mich kurz ein, was bisher besprochen wurde. Ich gebe mein Statement ab und bin dann im Thema drin. Harry starrt mich die ganze Zeit über an. Wenn ich einen Vorschlag oder meine Meinung abgebe, sieht er nach vorne. Versteh einer diesen Mann.

Nach einer Stunde ist eine zehnminütige Pause. Alle verlassen den Raum. Alle. Nur Harry und ich nicht. Ich lehne mich vor und gieße mir Kaffee in meine leere Tasse. Harry steht auf und geht nach vorne an die Tafel.

"Warum bist du hier?"

Seine Stimme dringt kaum zu mir durch.

"Weil ich Sasha vertrete.", antworte ich monoton und trinke.

"Hast du Schmerzen?"

Was?! Ist das eine ernsthafte Frage?

"Nein, habe ich nicht."

Ich habe wirklich keine Lust mich hier und jetzt mit ihm über letzte Nacht zu unterhalten.

"Lüg mich verdammt nochmal nicht an!", brüllte er und stützt die Handflächen vor mir auf.

Seine smaragdgrünen Augen funkeln mich warnend an. Doch das beeindruckt mich herzlich wenig.

"Ich lüge dich nicht an, Harry.", sage ich gelassen und lege meine linke, verletzte Hand auf meinen Schoß, unter den Tisch.

Harry schnaubt und mustert mich.

"Du hättest so nicht kommen sollen. Was sollen die Mitarbeiter denken? Du siehst aus ..."

"Als hätte man mich vergewaltigt?!", sage ich scharf und springe auf.

Er tritt zurück, als hätte ich ihn geschlagen. Langsam schüttelt er den Kopf.

"Geh.", knurrt er.

"Ich soll gehen?! Bei dir piept es wohl!"

Harry geht um den Tisch herum.

"Du hast hier nichts mehr verloren."

"Bitte was?!"

Dann steht er vor mir. Und sieht auf mich hinab.

"Ich entlasse dich hiermit aus Styles Industries."

Seine Worte erinnern mich an den Schmerz von letzter Nacht. Das muss ein Witz sein.

"Du ... was? Was?! Weil du Scheiße gebaut hast, bin ich jetzt gefeuert?!", frage ich entsetzt und versuche meine Stimme zu dämpfen.

"Scheiße gebaut?! Sieh dich verdammt nochmal an! Du bist nicht gut für mich ... du kannst nicht länger für mich arbeiten."

Mir steigen die Tränen in die Augen. Am liebsten würde ich ihm eine Backpfeife verpassen. Aber bei Harry bin ich mir nicht sicher, ob er zurück schlagen würde.

Und das ist der Moment, in dem ich realisiere, dass Harry recht hat. Das erste mal, dass er recht hat. Ich sollte gar nicht hier sein. Ich sollte auf dem Weg nach Hause sein. Oder beim Arzt. Oder beim Psychiater.

Ich sehe ihn hasserfüllt an.

"Und jetzt sag mir die Wahrheit, Theodora. Warum bist du gekommen?"

Da ich sowieso nichts mehr zu verlieren habe, sage ich es, wie es ist.

"Deinetwegen. Ich bin nur wegen dir hier. Dein Brief hat mich verletzt. Ich wollte dich einfach sehen und wollte dir sagen, dass ich, trotz allem, nicht ohne dich zurück fahren kann. Ich weiß nicht, warum, aber du ... du weckst Gefühle in mir. Ich sehe dich an und sollte dich hassen. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Ich bin dir verfallen, seitdem ich das erste Mal in dein Büro gekommen bin ... in deinem Büro gekommen bin."

Ich hole tief Luft.

"Ich wusste, dass mit dir etwas nicht stimmt. Und frag mich nicht warum, aber ich wollte diejenige sein, die dich rettet."

Harry's Gesichtszüge haben sich nicht verändert.

"Mich retten? Thea, hat dir letzte Nacht nicht gereicht?", fragt er mit kehliger Stimme, ganz so als ob er einfach nicht verstehen könnte, wie ich so empfinden kann, bei einem Mann, wie ihm.

"Doch. Und du hast recht. Ich gehe."

Ich atme tief durch und gehe zur Tür.

"Thea ...", flüstert Harry.

Ich bleibe in der offenen Tür stehen und sehe nochmals zu ihm.

"Ich habe zuvor noch mit keiner Frau geschlafen."

Ich schüttle den Kopf und stürme raus. Wie kann er mir jetzt bitte noch so eine dreckige Lüge auftischen?! Er ist ein komplett abgefucktes Arschloch.

Ich lasse mich von meinem besten Freund abholen. Auf dem Weg nach Hause erzähle ich ihm alles. Alles. Er hört zu und reicht mir nach fünfzehn Minuten die dritte Packung Taschentücher.

"Ich will es nicht, aber ich vermisse ihn schon jetzt! Von ihm wegzufahren fühlt sich einfach verdammt nochmal falsch an ...", beklage ich mich und schniefe.

"Er scheint ein echtes Problem zu haben, Theo. Du solltest dich von ihm fernhalten."

"Ich weiß, ich sollte es."

Ich seufze.

"Jetzt, da ich arbeitslos bin, muss ich meine Zeit dafür nutzen, einen neuen Job zu bekommen."

"Ich helfe dir. Du weißt, ich hab gute Verbindungen."

Ich lache kurz und lege den Kopf an die Stütze.

"Ich will aber nicht im Maschinenbau arbeiten."

Leoh grinst.

"Hey, du hast nicht mal ein Praktikum gemacht, woher willst du das wissen?"

"Na, weil ich es eben weiß."

Fragile || Harry Styles *COMPLETED* #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt