Die nächsten Tage vergehen mehr oder weniger schnell. Ich kann gar nicht mehr genau sagen, was ich da gemacht habe, aber es kann nichts Spektakuläres gewesen sein, denn dann hätte ich mich daran erinnert. Bei meinem Gedächtnis ist das so eine Sache. Ich bin schon froh, dass ich meinen Namen noch nicht vergessen habe.
Jedenfalls ist heute Freitag und somit der Abend dieser Wohltätigkeitsveranstaltung von Marys Firma. Ich bin ein kleines bisschen aufgeregt, denn ich habe nichts zum Anziehen. Mein Kleiderschrank hängt voller Kleidung, aber nichts finde ich geeignet für diesen Anlass. Jede Frau kann das nachvollziehen, schließlich geht es allen so. Wir können noch so viel Kleidung besitzen, irgendwas fehlt immer und das macht die Männer meistens wahnsinnig, weil sie mit ihrem Hemd und der Hose immer perfekt aussehen. Das ist sowas von unfair! Frauen sind in dieser Welt immer noch benachteiligt: wir müssen Kinder gebären, haben einen Menstruationshintergrund und haben NIE was zum Anziehen. WO bleibt da die Gleichberechtigung? Kann schon verstehen, dass einige Geschlechtsgenossinnen Nonnen werden. Da kommen sie nie in die Versuchung, Kinder zu bekommen und tragen jeden Tag dasselbe. Nur die Menstruation bleibt...
Ich stehe also vor dem Kleiderschrank und frage mich, wieso ich nicht vorher nochmal shoppen war. Dann hätte ich ein hübsches Kleid und tolle Schuhe. Ich habe zwar trotzdem ein Kleid und Schuhe, aber eben nicht die richtigen für den Anlass. Das ist total frustrierend. Klar, ich könnte auch in Jogginghose da hin gehen. Meiner Meinung nach sind Menschen in Jogginghose immer top gestylt. Die sind bequem und jedes Oberteil passt dazu. Leider sehen das neunzig Prozent der Weltbevölkerung anders!
Mein Kleid, das ich wohl oder übel anziehen muss, ist schwarz und enganliegend. Eigentlich gar nicht so schlecht, nur habe ich gerade keine Lust, ein solches Kleid anzuziehen. Mir wäre jetzt mehr der Sinn nach etwas Buntem. Ich brauche die goldene American Express und einen begehbaren Kleiderschrank! Das würde mein Problem lösen. Die Schuhe sehen auch nicht besser aus. Sie sind ebenfalls schwarz und haben ein Riemchen. An den Seiten drücken sie und weiß, dass ich heute Abend garantiert Blasen haben werde. Das macht mir die Schuhe nicht unbedingt sympathisch.
Inzwischen ist eine halbe Stunde vergangen, in der ich mich nur mit der Suche nach einem Outfit beschäftigt habe. Das wäre nicht passiert, wenn es erlaubt wäre, Jogginghosen zu tragen.
Ich werfe Kleid und Schuhe aufs Bett und verschwinde im Bad. Ich hasse es, wenn ich schnell baden muss. Da kann ich mich gar nicht entspannen. Rasieren muss ich mich auch noch! In einer Stunde geht's los und ich muss mich noch anziehen, frisieren und schminken. Mein Zeitmanagement ist furchtbar. Hätte ich in der Schule bloß besser aufgepasst, dann müsste ich jetzt nicht so hetzen.
Eine Viertelstunde später bin ich gewaschen und rasiert, beides mehr schlecht als recht, aber es muss reichen. Ich werde ja kein Topmodel. Es ist nur eine Veranstaltung, mehr nicht. Trotzdem muss ich einigermaßen gut aussehen, aber wenn ich mir das Kleid so ansehe...
Widerwillig ziehe ich es an und bin froh, dass es noch passt. Ich hatte es das letzte Mal zum Schulabschluss an und der ist mehrere Jahre her. Damals war ich noch schlank. Gut, ich bin immer noch schlank, aber ein bisschen Speck hat sich schon angesammelt.
Was mache ich jetzt eigentlich mit meinen Haaren? Soll ich sie einfach offen lassen oder einen Zopf binden oder flechten oder ...? Ich habe nicht mal mehr Zeit, bei YouTube nachzusehen, was diese kleinen Beauty-Tussis empfehlen würden.
Aus Zeitgründen entscheide ich mich dafür, meine Haare so glatt zu bürsten, wie möglich. Leider verfügen meine Haare über sehr viel natürliches Volumen, sodass ich nach dem Kämmen aussehe wie ein Löwe mit Rückenwind. Meine Mähne steht vom Kopf ab und ich sprühe sie kräftig mit Haarspray ein, damit sie wieder anliegt. Also manchmal nervt's!
Nun will ich mich noch schminken. Ich kann ja nicht völlig natürlich aussehen, da denken alle ich bin eines von Marys oder Declans Kindern. Behutsam tusche ich die Wimpern, die meiner Meinung nach viel zu kurz und zu gerade sind. Danach trage ich noch Lidschatten auf und fertig. Mehr mache ich nicht, das ist viel anstrengend. Ich lege ja nicht übermäßig viel Wert auf das perfekte Make -up, das überlasse ich lieber den vielen Barbies. Irgendjemand muss sich ja die viele Chemie aus der Drogerie kaufen.
Nun quäle ich mich noch in die Schuhe. Sofort fangen sie an zu drücken und ich klebe vorsichtshalber Blasenpflaster drauf. Wie auf Kommando ruft Mary von unten meinen Namen.
„Ich komme gleich", antworte ich. Ein letzter Blick in den Spiegel verrät mir, dass ich gar nicht so schlecht aussehe. Für diese Veranstaltung reichts auf jeden Fall aus.
In meinen engen Schuhen gehe ich langsam die Treppe hinunter. Wie soll ich das bloß den ganzen Abend aushalten?
Mary trägt ein dunkelblaues Cocktailkleid und wunderschöne Schuhe, die mein Herz höher schlagen lassen. Declan in seinem Anzug sieht auch nicht schlecht aus. Aber am süßesten sind die Kinder. Grace und Kate tragen ein rosa Kleidchen mit niedlichen Rüschen dran. Conor trägt ein weißes Hemd mit Fliege, was ich echt süß finde.
„Können wir los?", fragt Declan. Er ist nicht so der Freund von solchen Veranstaltungen.
„Ja, und wir müssen uns beeilen", sagt Mary und geht zur Tür. Declan verdreht grinsend die Augen und ich helfe noch den Kindern beim Schuhe anziehen. Dafür muss ich mich bücken und mit diesen Schuhen ist das eine Qual. Nie wieder werde ich sie tragen, nie wieder!
Nachdem die Kinder fertig sind, gehen wir zum Auto. Ich denke an den roten Teppich, der extra für mich ausgebreitet wurde. Es ist schon so lange her. Henry hat sich nicht mehr gemeldet, seit meinem Gespräch mit Pete. Er hat ja angeblich auch so viel zu tun. Ich weiß nicht, ob ich schmollen soll oder nicht. Aber zum darüber Nachdenken habe ich jetzt keine Zeit. Die Kinder verlangen meine volle Aufmerksamkeit. Wir setzen uns ins Auto, aber als Declan den Wagen starten will, springt er nicht an.
„Das darf jetzt nicht wahr sein", seufzt Mary. „Du solltest ihn doch in die Werkstatt schaffen, Declan."
„Stimmt, jetzt wo du es sagst, hattest du mir schon mal erzählt, dass der Wagen spinnt."
Ich bin froh über die Verzögerung, denn da kann ich mich erstmal entspannen. Die Kinder stört das auch nicht weiter, aber Mary sieht wenig begeistert aus.
„Und was machen wir jetzt?", will sie wissen.
„Ich kann ihn reparieren, das dauert nur fünf Minuten", meint Declan zuversichtlich.
„Ganz sicher nicht", protestiert Mary. „Wir rufen ein Taxi."
Bevor Declan noch etwas sagen kann, hat sie schon die Taxizentrale angerufen. Es wird in einer Viertelstunde hier sein. Zum Glück wohnen wir nahe der Stadt, sodass das Taxi nicht zu weit fahren muss.
„In dieser Zeit kann ich ja versuchen, das Auto zu reparieren", sagt Declan und verschwindet in der Garage. Mary und ich bringen die Kinder erstmal wieder ins Haus.
„Können wir noch was spielen?", fragt Grace.
„Aber nur was Kleines, denn unser Taxi kommt gleich", sagt Mary. „Und bemalt euch nicht oder macht euch anderweitig dreckig!
Ich glaube, Mary könnte es nicht verkraften, wenn heute Abend noch etwas schief läuft. Dann würde sie ausrasten.
Ich gehe nochmal in mein Zimmer, um zu überprüfen, ob alles sitzt. Ja, tut es. Ich sehe nochmal bei Whatsapp nach. Paolo reist erst spätabends in Cork an. Christin ist bestimmt mit den Vorbereitungen beschäftigt, da will ich sie nicht stören. Ich kann nicht oft genug sagen, wie sehr ich mich für die beiden freue. Ich male mir schon ihre Hochzeit aus...
„Viktoria!", ruft Mary und ich gehe schnell nach unten. Ich will nicht, dass sie wegen mir auch noch sauer wird.
„Wo ist Declan?", frage ich.
„Papa ist in der Garage", sagt Kate. Die Kinder sehen noch genauso fein aus wie vorher.
Declan kommt aus der Garage und als er in das Licht der Lampe tritt, verengen sich Marys Augen zu Schlitzen.
„Sag mal, spinnst du? Deine Kinder haben es geschafft, sich in der kurzen Zeit nicht dreckig zu machen, aber du bekommst es nicht hin!", sagt sie wütend. Declans Anzug ist mit einigen Ölschlieren verziert. Würde man nicht wissen, was es ist, könnte es als Muster durchgehen. Aber das will Mary bestimmt nicht hören.
„Ich habe ja noch einen", meint ihr Ehemann ruhig.
„Nein, hast du nicht. Der passte dir nicht mehr, schon vergessen? Was sollen wir jetzt nur machen?", sagt Mary aufgeregt. Das Taxi ist pünktlich und biegt genau in diesem Moment in den Hof ein. Das kann ja heiter werden.
„Dann gehe ich so. Wir geben die Jacke doch an der Garderobe ab, oder?", sagt Declan.
„Und dann willst du nur in Hemd und Hose gehen?"
„Ja, tut Conor doch auch", antwortet Declan, dem es allmählich zu viel wird. Ich kann ihn verstehen.
„Conor ist ein Kind! Er darf das", faucht Mary ihn an. Ich kann sie schon ihre Haare raufen sehen.
„Okay, na schön", sagt sie nun. „Dann geh eben so. Aber das ist echt peinlich."
Declan zuckt nur mit den Schultern. „Ich bin Bauer, kein Manager, mir ist das egal."
Wütend geht Mary auf das Taxi zu und steigt ein.
„Keine Sorge, die beruhigt sich wieder", meint er grinsend. Auch die Kinder scheinen das nicht befremdlich zu finden, also versuche ich, es auch nicht zu tun.
Im Taxi herrscht dann Schweigen, bis auf die Kinder, die sich untereinander unterhalten. Ich blicke aus dem Fenster auf die Lichter der Stadt. Mary und Declan sind irgendwie süß, wenn sie streiten. Die Veranstaltung ist in einem großen Bürokomplex, in dem Mary normalerweise arbeitet. Überall stehen teure Autos und sogar Limousinen, was mich an Henry erinnert. Die Menschen sind in auffällige Designerroben gekleidet und ich komme mir sofort underdressed vor. Das Taxi hält direkt am Eingang. Die Kinder und ich steigen schon mal aus, während Mary und Declan die Rechnung bezahlen. Als sie aussteigen, ist Mary immer noch sauer, aber sie tut wenigstens so, als wäre sie es nicht. Declan ist die Ruhe selbst und scheint sich mit seinem dreckigen Jacket nicht zu schämen. Im Gegenteil, er trägt es, als wäre es das Schönste auf der Welt.
Ich nehme Conor und Kate an die Hände und Grace bleibt bei ihrem Vater. Mary führt uns zum Eingang, wo die Security darauf achtet, dass nur geladene Gäste das Gebäude betreten. Streng mustern sie uns von oben bis unten und wollen auch den Inhalt der Taschen sehen.
„Warum machen die das?", fragt mich Kate.
„Diese Männer sorgen für unsere Sicherheit, damit uns heute nichts passiert. Und sie müssen in die Taschen schauen, um zu kontrollieren, dass keine Waffen darin sind", erkläre ich so kindgerecht wie möglich.
Wir werden durchgewunken und finden uns in der Menge der Gäste wieder. Mary wird von allen Seiten angesprochen und wirkt gleich viel glücklicher.
„Ich suche mal die Garderobe", sagt Declan und lässt mich mit den Kindern allein.
So stehen wir nun zwischen all den unbekannten Leuten und ich versuche, mir einen Überblick zu verschaffen. Die Bar sehe ich gleich als erstes. Dort befinden sich die meisten Gäste. Der Eingang liegt hinter uns und vor uns kann ich nur hohe Decken erkennen, an denen Kronleuchter hängen. Diese wiederum wurden mit echten Kerzen ausgestattet.
„Was machen wir jetzt?" will Grace wissen, die sich inmitten der Menschen sichtlich unwohl fühlt.
„Wir warten hier auf euren Papa, der bestimmt gleich zurückkommt", sage ich und halte nach Declan Ausschau. Ich kann ihn nirgends finden.
„Conor!", höre ich Kate rufen und sehe noch wie der Junge zwischen den Gästen verschwindet. Nein, das kann er mir jetzt nicht antun. Ich schnappe die Mädchen und folge ihm. Laut zu rufen ist zwecklos, die Musik und das Gerede übertönen alles. Conor scheint ein bestimmtes Ziel zu haben. Ich bin erleichtert, als ich merke, dass er langsamer wird. Und dann bleibt er vor einer Frau mit blauen Haaren und blauem Kleid stehen. Vorsichtig zupft er sie am Ärmel und ich bekomme mit, wie sagt: „Bist du Mama- Schlumpf?"
Die Frau muss herzlich lachen und nimmt es ihm nicht übel, worüber ich froh bin. Nicht jeder reagiert so entspannt.
„Entschuldigen Sie die Störung", sage ich und nehme Conor bei der Hand.
„Tori, das war ein Schlumpf", behauptet er überzeugt.
„Ja, vielleicht war die Frau das. Aber gehe bitte nicht mehr ohne Vorwarnung fort", sage ich. Wenn ich ein Kind hier verliere, finde ich es nie wieder. Wir steuern wieder auf die Stelle zu, wo wir vorhin gestanden hatten, damit Declan uns findet. Anscheinend ist an der Garderobe viel los, denn er ist immer noch nicht da. Mary ist auch nirgends zu entdecken. Na toll. Dann summt mein Handy. Eine Nachricht von Mary.
Du kannst die Kinder im Kinderparadies abgeben. Treppe hoch.
Es gibt hier ein Kinderparadies? Bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung? Die Iren überraschen mich immer wieder.
„Kommt mit, ich bringe euch in ein Spielzimmer zu den anderen Kindern", sage ich und wir gehen los. Die Menschen tragen nicht unbedingt dazu bei, dass wir schnell voran kommen. Schließlich erreichen wir den Treppenabsatz und erklimmen die Stufen. Oben angekommen eröffnet sich uns eine riesige Kinderwelt, mit allem vorstellbaren Spielzeug. Es gibt eine Kletterwand, eine Schaukel, einen Sandkasten! Im Zimmer!
„Eure Mama hat gesagt, ihr sollt hier bleiben", sage ich.
Aber das hören die Kinder schon gar nicht mehr, sondern stürzen sich auf das Spielzeug. Es sind erstaunlich viele Kinder mitgekommen, so sind Grace, Kate und Conor nicht allein.
Tja, und nun bin ich allein. Ich gehe wieder nach unten und steuere auf die Bar zu. Dort herrscht Gedränge, aber ich ergattere einen Platz und bekomme einen Sekt umsonst. Da sage ich doch nicht nein. Als ein Barhocker frei wird, dränge ich mich gleich drauf, um meine geplagten Füße zu entlasten. Also ehrlich, das nächste Mal komme ich in Jogginghose und Turnschuhen. Ich genieße den Sekt, damit ich einen Grund habe, an der Bar zu bleiben.
Plötzlich ertönt es aus den Lautsprechern: „Werte Gäste, bitte finden Sie sich im Saal zur Eröffnung ein!"
Seufzend rutsche ich von meinem Hocker und folge dem Strom. Ich habe keine Ahnung, wo Mary und Declan sind, aber ich werde schon einen Sitzplatz finden. Am Eingang steht ein Angestellter, der nochmal alle Einladungen sehen will. Mist, meine hat Mary. Ich schiebe mich unauffällig in die Mitte der Masse, damit ich nicht so auffalle. Das funktioniert immer.
„Kann ich Ihre Einladung bitte sehen?", spricht mich der Mann an. Und ich dachte, in meinem Kleid wäre ich unauffällig.
„Nein, die wurde schon kontrolliert", lüge ich, was ihm ein Schmunzeln entlockt.
„Von wem denn? Ich bin der einzige Kontrolleur hier", sagt er. So ein Mist aber auch.
„Meine Einladung ist bei jemand anderem und diese Person kann ich gerade nicht finden", sage ich.
Er nickt und zeigt auf seine Liste. „Name?"
„O'Riordan", gebe ich an. Meinen eigenen Namen würde er sowieso nicht verstehen.
„Gut, Sie können durch", sagt er. „War doch gar nicht so schwer, oder?"
Innerlich denke ich mir „Fick dich", aber ich lächele bloß. Nun bin ich in dem großen Saal und halte nach einem Sitzplatz Ausschau.
„Da bist du ja, Tori!", ruft Mary. „Komm mit."
Ich bin erleichtert, sie endlich gefunden zu haben.
„Ich habe die Kinder im Kinderparadies abgegeben", sage ich.
„Sehr gut. Dort sind sie gut aufgehoben", meint Mary zufrieden. „Wir sitzen übrigens in der ersten Reihe."
Na fein, da sieht ja jeder, wenn ich einschlafe. Ich bin nicht so der Fan von langatmigen Reden, sondern finde : in der Kürze liegt die Würze.
Declan sitzt schon auf seinem Platz. „ Ich habe euch nicht mehr gefunden, da bin ich gleich hierher gekommen."
Das sind ja mal tolle Neuigkeiten. Und ich warte mit den Kindern im Gedränge.
Wir nehmen auf unseren Sitzen Platz und wie es der Zufall will, sitze ich neben Mama- Schlumpf. Die grinst mich auch gleich wissend an und ich lächele schüchtern zurück. Hilfe!
„Ist das Ihr au-Pair?", will die Gutste dann auch von Mary wissen.
„Ja, ist sie."
„Ich habe heute Abend schon Bekanntschaft mit ihr und Ihren Kindern gemacht. Allesamt reizend", sagt die Frau in blau.
„Danke", erwidert Mary knapp. Offenbar mag sie Schlumpfine nicht besonders. Gut so, dann wird sie bestimmt auch nicht über Conor sprechen.
Der erste Redner betritt die Bühne, die von Nahem noch gigantischer aussieht.
„Ich bitte um Ruhe, werte Damen und Herren", sagt er ins Mikrofon und sofort wird es still.
„Das ist mein Chef", flüstert Mary mir zu. Er hat Glatze und trägt einen Anzug. Ansonsten wirkt er unauffällig und scheint nicht so der begnadete Redner zu sein.
„Ich möchte Sie recht herzlich zu unserer jährlichen Wohltätigkeitsveranstaltung begrüßen!"
Alle klatschen brav.
,,Ich danke Ihnen vielmals für Ihr Kommen und freue mich auf einen unvergesslichen Abend", fährt er fort. „Wie jedes Jahr steht die Feier ganz unter dem Motto der Nächstenliebe und wird teilweise von der Caritas gesponsert. Vielen Dank dafür."
Wieder Applaus. Schlumpfine klatscht am lautesten von den Gästen der ersten Reihe.
Monoton fährt der Redner fort: „ Das Jahr hat uns mal wieder gezeigt, dass wir in Sachen Nächstenliebe viel Nachholebedarf haben, meine Damen und Herren..."
So geht das endlos weiter und meine Gedanken schweifen ab. Im Gegensatz zu Mama- Schlumpf interessiert mich nicht, was er da vorne sagt.
Ich wäre jetzt gern bei Henry, würde in seinen Armen liegen. Er ist zurückhaltend mir gegenüber, aber wenn es nach mir ginge, wären wir schon längst im Bett gelandet. Ich brauche seine Luxusgeschenke nicht, sondern ihn und seine starken Arme, die mich halten. Mehr will ich gar nicht. Und wenn wir uns das nächste Mal sehen, werde ich ihm genau das sagen. Ich will alles über ihn erfahren, seine Familie kennenlernen und er soll meine Familie kennenlernen.
Das Publikum klatscht und ich klatsche automatisch mit. Das nennt man Schwarmintelligenz.
Da der Redner immer noch auf der Bühne steht, schwelge ich weiter in meinen Gedanken.
Christin wird ein wunderbares Wochenende mit Paolo verbringen und ihm hoffentlich endlich sagen, was sie für ihn fühlt. Möge Gott Paolo gnädig sein, wenn er Christin verletzt! Dann wird er meine Rache zu spüren bekommen. Aber dazu wird es nicht kommen, denn er liebt sie ja auch. Das sehe ich schon an seinem Blick.
Das wäre also geklärt. Weiter geht's zu Jule mit ihrem Fußballprofi.
Die beiden haben sich schon vor seiner Spielerzeit verliebt und Jule fliegt mit ihm immer zu Auswärtsspielen. Jule ist das Beste, was Robert passieren kann, denn so eine liebenswerte Person wie sie, findet sich nirgends sonst auf der Welt. Weil Robert Jule so liebt, ließ er sich eine Kette mit ihrem Namen anfertigen, die er sogar beim Spiel trägt. Sie ist sein Glücksbringer. Und nun werden die beiden heiraten! Ich freu mich so für sie, das haben sie echt verdient. Jule wird ihr Brautkleid bei ihrem Lieblingsdesigner entwerfen lassen und es wird ganz in den Farben von Roberts Verein gehalten sein. Bestimmt wird die Deko ähnlich aussehen...
Wieder klatschen alle und ich stelle mit leichter Begeisterung fest, dass der Redner endlich fertig ist. Das macht die Sache nicht besser, denn ihm folgen noch zwei weitere Redner, die inhaltlich dasselbe erzählen.
Neugierig werde ich erst, als der letzte Redner einen Ehrengast ankündigt.
„Begrüßen mit großem Applaus: Prinz Henry!" Alle jubeln.
Der Angekündigte betritt die Bühne und mein Herz wird schwer. Das ist unmöglich, das kann nicht wahr sein! Mein Henry kann nicht DER PRINZ sein. Ich höre auf, zu atmen und vergesse alle Menschen um mich herum. Die Welt hört für einen Moment auf, sich zu drehen. Alles, was ich mir ausgemalt hatte, zerplatzt wie eine Seifenblase.
Henry tritt ans Mikrofon heran. Er räuspert sich auf seine typische Art.
„Diese Rede widme ich einer ganz besonderen Person, die mir gezeigt hat, was es heißt, jemanden um seiner selbst Willen zu lieben."
Unsere Blicke treffen sich und mir wird schwarz vor Augen.ENDE DES ERSTEN BUCHES- FORTSETZUNG FOLGT!
Die Fortsetzung von Story of my Life ist raus. Das zweite Buch heißt Story of my Life - Gemeinsam einsam
Viel Spaß beim Lesen!!!

YOU ARE READING
Story of my Life - Ein englisches Geheimnis
RandomTori beginnt ihren neuen Lebensabschnitt als Au-Pair in Irland. Sie ist ein lebensfrohes Mädchen, sie liest gerne und hat eine interessante Art, Menschen und Situationen sachlich einzuschätzen und zu beschreiben. Durch ihr Äußeres passt sie...