Es kann sein...

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Emily's Sicht

Schwarz. Alles Schwarz. Das ist mein erster Gedanke, als ich aufwache. Ich weiß nicht wo ich bin, aber es ist ein dunkler, düsterer Ort, und ich spüre sofort, das etwas nicht stimmte. Es ist einfach zu still. Ich wohne in Berlin, und eines wusste ich: Dort war es niemals still! Autohupen, bellende Hunde, schreiende Kinder- ich war oft nächtelang wach, weil ich wegen dem Lärm nicht schlafen konnte. Das es jetzt so leise ist, ist absurd. Ich versuche mich zu bewegen, aber es ging nicht. Angestrengt sende ich meinen Muskeln den Befehl zu, sich zu bewegen, sich endlich zu regen, doch ich spüre nichts. Und ich meine wirklich nichts! Wo ist mein Körper? Wieso kann ich ihn nicht spüren? Träume ich etwa? All die Gedanken gehen mir durch den Kopf, während ich verzweifelt versuche, eine Übersicht  darauf zu bekommen, was denn geschehen ist. Ich dachte nach! Wo bin ich? Bin ich im Bett? Bin ich eingeschlafen? Aber alles voran ich mich Erinnere, war, wie ich heute morgen neben Justin aufgewacht bin. Wenn es überhaupt heute morgen gewesen ist. Danach, vollkommene Leere... Langsam bekomme ich echt Angst. Ich hatte noch nie einen solchen Traum gehabt, und es kommt mir auch nicht wie ein Traum vor. Ich bin vollkommen bei Bewusstsein, nur meine äußere Hülle konnte ich noch immer nicht bewegen. Es ist, als wenn ich in mein eigenes Gehirn gerutscht bin. Ich habe keinen Körper, hier gibt es nur mein Denken. Kurz bevor ich vollkommen ausflippte, konnte ich etwas hören.Ein Piepen. Gleichmäßig, hoch aber monoton. Es  beruhigt mich etwas, und plötzlich konnte ich Stimmen hören. Leise Stimmen, sie reden gedämpft. Oder kommt mir dass nur so vor? Reden sie etwa nur wegen mir so leise? Fragen auf die ich keine Antwort habe. Noch nicht! Ich versuche genauer hinzuhören. Es waren ein Mann und eine Frau, doch ich kannte sie nicht. Was wollen sie in meinem Zimmer? Sind sie etwa Einbrecher? Sofort überkommt mich eine Welle der Angst, welche Allerdings so schnell wieder Verschwand wie sie gekommen ist. Ich versuche ein paar Wortfetzen heraus zuhören, was auch klappt. ,,Emily Stone....Patientin.... Selbstmord Versuch..... mussten in..... versetzen....Familie.....schrecklich... Nicht sicher...." Oh Gott! Emily Stone... das bin ich! Aber Selbstmord Versuch? Von was zum Teufel reden sie da? Und wen musste er Versetzen? Ich geriet immer mehr in Panik, und weiß nicht mehr was ich tun soll. Es hört sich so an, als hätte ich Versucht mich umzubringen.... Aber wieso sollte ich das getan haben? Meine Gedanken überschlagen sich ein weiteres mal, und ich muss mich selbst zwingen, ruhig zu bleiben. Aber wirklich gelingen tut es mir nicht. Die Frau fängt wieder an zu reden, diesmal kann ich sie jedoch besser verstehen. ,, Sie liegt bereits seid 5 Wochen im Koma, wird sie wieder Aufwachen?" Gespannt warte ich auf eine Antwort. Ich warte und warte. Und dann kam die Antwort. ,,Es kann sein, dass sie nie wieder aufwacht..."

Es kann sein, dass sie nie wieder aufwacht... Ich werde wahrscheinlich nie wieder aufwachen. Ich....ich liege im Koma? Warum kann ich dann alles hören? Das ergibt doch gar keinen Sinn. Ich würde weinen, doch ich konnte meine sonst so strahlenden blauen Augen nicht fühlen. Ich wusste, sie waren irgendwo, wusste, dass ich mich noch in meinem Körper befinde- das bin ich. Aber ich kann mich nicht spüren, mich nicht bewegen. Ich weiß nicht wie lange es her ist, dass der Mann und die Frau, die vermutlich Ärzte sind, bei mir waren. Minuten, Stunden, Tage. Ich weiß es nicht und ich höre auch nichts. Nur das hohe Piepen, und ein Tropfen wie von einem nicht ganz zugedrehten Wasserhahn. Ich habe keine andere Wahl, als zu warten. Warten bis ich aufwachen würde. Es kann sein, dass sie niemals wieder aufwacht... Das hat der Arzt gesagt. Doch auch Ärzte können sich irren oder? Hoffentlich! Zeit, viel Zeit, verging und nichts geschah. Ich versuche die Zeit mit zählen zu vertreiben. Ich zähle die Sekunden bis ich wieder aufwachen würde. Als ich bei 3659 angekommen bin, vernehme ich endlich wieder etwas anderes; wieder Stimmen, aber sie waren zu leise als das ich erkennen konnte, ob ich sie kenne. Dann ging eine Tür auf, und schloss sich kurz darauf wieder. Ich höre Schritte, versuche sie zu zählen. Es waren etwa drei Leute, grob geschätzt. ,,Mein Schätzchen!" rief eine schrille Stimme und gleich darauf laufen ein paar Schuhe mit Absätzen auf mich zu. Schätzchen?Mom?! Sie kommt zu mir, und ich höre ein leises Quietschen. Das Bett! Sie hat sich zu mir auf das Bett gesetzt. Zu meinem schlafenden Körper. ,,Ach Schätzchen, was machst du nur für Sachen..." höre ich sie flüstern. Ich stelle mir vor, wie sie gerade meine Wange streichelt, denn ich konnte es ja nicht fühlen. ,,Wann wird sie wieder aufwachen? Und wann darf sie heim?" Die Fragen waren offensichtlich an den Arzt gerichtet. Sie weiß es noch nicht! schoss es mir sofort in den Kopf. Der Arzt hat  es ihr noch nicht gesagt. Eine bedrückende Stille breitet sich aus. ,,Es tut mir sehr leid, Miss Stone, aber wir wissen nicht ob sie wieder aufwachen wird" antwortet der Arzt nach längerer Zeit. ,,Wie meinen sie das? Ich meine, sie muss doch.... Wann wird sie denn aufwachen? Sie....sie kommt doch nicht in einen Rollstuhl oder?" höre ich meine panische Mutter sagen. ,,Ihre Tochter, hat eine ganze Packung Schlaftabletten genommen, weswegen wir ihren ganzen Magen aus pumpen mussten. Aber es waren so viele Tabletten, das wir sie in ein künstliches Koma versetzen mussten, damit sie keinen Herzstillstand erleidet. Unglücklicherweise ist sie von dem Künstlichen Koma in ein tieferes Koma gefallen. Wir können leider nichts weiter tun als zu warten und zu hoffen. Wir können leider nicht sagen ob sie je wieder aufwachen wird." ,,Was....ähm.... Aber man....kann sie doch wieder aufwecken oder?" es wurde wieder Still für eine Weile. ,,Tut mir leid, aber das kann ich ihnen nicht sagen", murmelt der Arzt. ,,Ich lasse sie jetzt mit ihrer Tochter alleine." Schritte laufen zur Tür, welche auf- und zu geht. ,,Mein Schätzchen...." flüstert meine Mom. Dann höre ich sie nur noch Schluchzen. Ich will auch weinen, will sie in den Arm nehmen und ihr sagen das alles wieder gut wird. Ihr sagen dass ich auf jedenfall wieder aufwachen werde, das ich wieder zur Schule gehen werde, das ich wieder mit Sina ins Kino gehen werde, dass ich irgendwann eine Grundschullehrerin werden würde, wie ich es mir immer erträumt habe, dass ich irgendwann Heiraten werde und drei Kinder bekommen werde. Doch ich wusste die ganze Zeit, das alles nur Tagträumerein sind. Ich habe den Arzt schließlich gehört...
Es kann sein....

Weil ich dich liebe!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt