Kapitel 4 : "Ungewissheit"

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Die grelle Sonne stieg den Horizont empor, als der Käpt'n stillschweigend das Deck betrat. Mit einer trockenen Kehle näherte er sich dem einzigen Wasserfass, dass der gesamten Crew noch blieb. Er horchte ob auch wirklich Jedermann an Deck noch schlief und tauchte schließlich sein altes Gesicht in das erfrischende Wasser.
Plötzlich knarrte die alte Holztür, die als Eingang zu den Kojen der verbliebenen Mannschaft diente. Der Zwerg stand mit geballten Fäusten da und sah herüber zum Käpt'n. "Charon du wusstest es", sagte er wütend aber dennoch still, sodass ihn niemand unter Deck hören konnte. Der Käpt'n fuhr sich mit seinen knochigen Händen durch seine nassen grauen Haare und sah hinauf zur aufsteigenden Sonne. Ohne den Zwerg eines Blickes zu würdigen, sprach er: "Ja das tat ich. Dennoch erinnere ich mich nicht daran, euch meinen Namen verraten zu haben"
"Percy hat es mir erzählt. Er hat mir ebenfalls gesagt, dass ihr ihn bewusst im Boot habt sitzen lassen", sagte der Zwerg zornig.

Erst jetzt blickte der alte Charon den kleinen Mann fassungslos an. "Hättet Ihr eurer einziges Familienmitglied in den Tod geschickt?", fragte er entsetzt und richtete sich auf.
Der Zwerg trat aus der Tür und sah stur in die Augen des Mannes, der ihm gegenüber stand. Er schnaubte nur verächtlich bei seiner Aussage. "Den Männern wird es nicht gefallen, wenn sie erfahren, dass Ihr sie bewusst in den Tod geschickt habt", sagte der Zwerg und machte wieder einen langsamen Schritt in Richtung der Tür, aus der er trat. Die morschen Bretter knarrten laut bei dem Schritt und Charon sah den Zwerg mit einem flehendem Blick an. Schweiß lief ihm über die Stirn. "Das Könnt ihr nicht machen!", sagte er entsetzt und warf sich mit einem Mal auf den den Zwerg rauf. Die Bretter schepperten und die alte Witwe knarrte im lauten Wind, der in diesem Moment aufzog.

Percy gähnte und stieg aus seiner stinkenden Hängematte. Durstig schlenderte er langsam die Treppe herauf, die ihn aufs Deck führen würde. Plötzlich hörte er schnelle Bewegungen auf dem Schiff. Mit großem Entsetzen, schaute er aus der Koje. An Deck befand sich sein Großvater, der in diesem Moment den wehrlosen Zwerg in einem Würgegriff hielt. Der Zwerg zappelte wie wild in den Armen des Käpt'ns.
"Es tut mir so leid", hörte Percy seinen Großvater sagen. Kurz darauf hörte er wie das Genick des kleinen Mannes brach.

Entsetzt sah Percy durch die Tür, wie der leblose Körper des Zwerges in den Armen seines weinenden Großvaters lag. Das Ausdruckslose Gesicht des Zwerges sah auf die im Wind wehenden Segel. "Großvater?", flüsterte der entsetze Percy. Charon hob seinen Kopf und blickte herüber zum Eingang der Koje. Er bemerkte erst jetzt, dass sein Enkel das ganze Geschehen beobachtete. "Percy...", sagte er und schob den leblosen Körper des Zwerges beiseite. Mit seinen traurigen Augen sah er zu wie der verstörte Junge wieder in seiner Koje verschwand.

"War over Blood" A story forged with powerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt