Kapitel 1: "Die Henkersmahlzeit"

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 „Wie viel Zeit uns wohl noch bleibt", fragte eine verängstigte weibliche Stimme. Es war die Stimme von Livia, einer Rothaut aus dem wilden Tale. Sie saß zusammen mit ihren Schwestern Selina und Aiyana im tiefsten Kerker des Königsberges. Es war dunkel und kalt dort unten. Seit Tagen erblickten die Frauen kein Tageslicht mehr und hungerten. Alle drei saßen mit angeketteten Händen auf einem kleinen Haufen Stroh. Livia war die jüngste von ihnen und machte sich Sorgen darüber, wann wohl der Tag kommen würde, an dem der Henker seine Arbeit an ihr und ihren Schwestern verrichtet.

„Tja also ich will nicht ewig hier unten sitzen.", sagte Selina ironisch und verzog dabei ihr Gesicht zu einer blöden Grimasse. Aiyana sagte kein Wort. Sie verzog nur bei jeder Bewegung schmerzerfüllt ihr Gesicht, da ihre Handgelenke durch die rostigen Fesseln bereits anfingen zu bluten. „Du bist doch wahnsinnig", sagte Livia. „Genieße lieber diesen Abend, denn vermutlich ist es unser Letzter"

Plötzlich ging die hölzerne Tür auf und ein junger Mann trat hinein. In Samt gekleidet und mit einem kostbar verziertem Schwert an seinem Gürtel, zündete er in der Zelle eine Fackel an. Im hellen Schein des Feuers sah er herunter auf die nur leicht bekleideten, rot-häutigen Frauen. Er war beeindruckt von der makellosen Schönheit, die die Frauen ausstrahlten.

„Wache!", brüllte der junge Mann, „Bring den Frauen etwas Brot und Wasser!""Jawohl." antwortete ein Ritter in golden glänzender Rüstung und stampfte mit schweren Schritten davon.

Der junge Mann nahm die Fackel in die Hand und kniete sich auf die nassen Steine. Schwarze Locken bedeckten seinen Kopf und ein warmes Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.„Mein Name ist Tristan. Ich bin der Sohn des verstorbenen Königs und Thronfolger des Reiches.",sagte er schließlich. Die Frauen sahen ihn ausdrucklos an. Livia konnte es nicht ertragen. Sie musste es ihm sagen und hoffen, dass er es glaubt. „Wir haben euren Vater nicht ermordet.", platzte es aus ihr heraus. Tristan schmunzelte. „Ich weiß.", sagte er mit einer ruhigen Stimme. Die Frauen sahen sich mit verstörten und glücklichen Blicken an. „Aber... Wieso haltet Ihr uns dann fest?", fragte Selina. „Nun ja wisst ihr...", sagte er gelassen.„ Ihr seid zwar nicht von großem Wert aber dennoch von Bedeutung." „Bitte lasst uns gehen!", schrie Aiyana mit Tränen in den Augen. Tristan sank herunter zu ihr und sah ihr in ihre dunkelbraunen Augen, die sich im Licht des Feuers spiegelten. „Das geht leider nicht meine Liebe", sagte er und fuhr mit seiner Hand an ihrer Wange entlang. Sie drehte sich zornig beiseite. 

„Ich habe meinen Vater vergiftet", sagte er kühl und fuhr fort: „Wer wäre besser dafür geeignet den Kopf hinzuhalten als ihr drei?„Aiyana schlug ihm vor Wut ihre Stirn ins Gesicht. Es knackte kurz und der Prinz stöhnte auf. Blut strömte aus seiner Nase und verunreinigte sein Seidenhemd. Er schlug ihr seine Faust ins Gesicht. „Mach das noch ein Mal und du stirbst schon heute!", schrie er sie an. Sie sah ihm kaltblütig in die Augen als er sich erhob. Seine Hand hielt er unter seine Nase. Die dunkle Flüssigkeit tropfte bereits auf den Boden. Livia sah ihn wütend an als er neben ihr vorbeilief und spuckte ihn beim Hinausgehen an. „Na warte!"brüllte er und packte ihre Kehle mit der blutigen Hand. „Ihr solltet froh sein, dass ich euch nicht foltern lasse." Er ließ die Schönheit los und wischte ihr mit seiner blutverschmierten Hand übers Gesicht. Sie blickte ihn nur angewidert an und wartete bis er sich wieder von ihr entfernte. Er ging herüber zur Tür und öffnete sie. Sie quietschte laut. Draußen stand bereits die Wache mit dem Wasser und dem Brot. Tristan warf die fast ausgebrannte Fackel auf die nassen Steine. Die Wache tat es ihm nach und schmiss das Brot und den Sack voll Wasser auf den dreckigen Boden zwischen die Beine der drei Rothäute. „Genießt euer Essen, denn so schnell werdet ihr nichts mehr bekommen", sagte Tristan und lachte dabei laut auf. Die Wache schloss hinter ihm die Tür und Livia lauschte den immer leiser werdenden Schritten.

Die Fackel erleuchtete den Raum nur noch ein klein wenig. Sie würde bald ausbrennen, deswegen machte sich Livia daran das trockene Brot mit ihren Beinen zu sich zu ziehen.

„Was bringt einen Mann dazu, seinen eigenen Vater zu töten?", fragte Selina fassungslos.

„Macht", ertönte eine leise Männerstimme aus der dunklen Seite der Kerkers. Die Frauen erschraken und schauten sich bestürzt an. „Wer seit Ihr?", fragte Livia fassungslos und Kniff die Augen zusammen, in der Hoffnung sie würde den Mann erkennen. Langsam kroch eine dürre Gestalt aus dem Dunkeln hervor und lehnte sich gegen die kantige, feuchte Steinmauer. Seine Augen funkelten aus dem Dunkeln hervor und der Mann antwortete: „Ich bin der König"

"War over Blood" A story forged with powerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt