Kapitel 23 : "Unschuldig und doch bestraft"

30 4 10
                                    

Noch 9 Tage bis zur Krönung

Dumpfe Schritte hallten im Gewölbe. Livia zuckte hoch und rüttelte an ihren Ketten, in der Hoffnung ihre Schwestern und der König würden aufwachen. "Jemand steht vor der Tür", flüsterte sie leise und spitzte ihre Ohren. Die Geräusche verstummten direkt vor der Tür. Das leise Klimpern eines Schlüssels war zu hören. Langsam drehte sich das Schloss, bis schließlich ein Knacken zu hören war und die Tür aufging.

Das warme Licht einer Fackel erhellte den Eigang in den Kerker und blendete die drei Frauen, die vergeblich versuchten etwas zu erkennen. Erst nach einer Weile erblickten sie sich und erschraken beim trostlosen Anblick erschöpfter Frauen, in die sie sich nun verwandelt haben.

"Aufstehen!", brüllte die tiefe männliche Stimme des Mannes, der sich unter einer schwarzen Rüstung versteckte. Langsam erhoben sich die Schwestern kraftlos und standen nun auf zitternden Beinen direkt vor dem Mann, der neben den zierlichen Frauen noch gewaltiger Aussah als zuvor. "Auch du!", sagte er und zeigte auf das verunstaltete Gesicht des alten Königs, der sich nun auch langsam in seinem dreckigen Gewand erhob. Aiyana half dem Mann und ließ ihn sich auf ihr abstützen, sodass er nicht zu Boden fiel. "Danke", murmelte er und blickte gespannt auf den dunklen Ritter, der den vier Gefangenen mit der Fackel den Ausgang wies. Draußen standen bereits drei weitere Wachen. "Hey du!", fuhr eine Wache Aiyana an. "Lass den alten Krüppel los und zwar sofort!" Verstört blickte sie auf die Wache, ließ den König jedoch los. "Alle zur Wand drehen!", befahl der dunkle Ritter und verpasste Livia einen kräftigen Stoß, sodass sie  unsanft gegen die Wand knallte. Selina blickte wütend zu Livia herüber um sich zu vergewissern, dass alles in Ordnung ist und signalisierte ihr durch Blickkontakt sich nicht zu wehren. Zitternd und mit den Händen an der feuchten Wand, standen sie nun da und ließen den kalten Windzug, der durch den dunklen Gang wanderte an sich vorbeiziehen.
Mit einem Ruck zogen die Wachen den vier Gefangenen etwas über den Kopf und ließen sie blind in eine Richtung laufen.

Eine Menge Stufen später befreiten die Wachen, die Vier von der Dunkelheit und legten ihnen eine lange Kette an, die alle Vier über Fußfesseln miteinander verband. "Wir sind am Ausgang des Königsberges", flüstere der Alte Mann unter seiner zerissenen Kapuze hervor und knirschte vor Wut mit den Zähnen. Ein riesiges Tor lag vor ihnen und durch die Handbewegung des schwarzen Ritters, ging es langsam auf.

Jubel und Geschrei einer riesigen Menschenmasse drang durch den bereits entstandenen Spalt. Ängstlich blickte Livia nach hinten zu ihren Schwestern, doch diese erwiderten den Blick nicht. Warme Sonnenstrahlen fielen in die Halle, doch die Freude der Schwestern, die dadurch entstand, verschwand augenblicklich wieder. Hunderte Bauern, Kaufleute, Händler, Handwerker, Ritter, Prinzen, Soldaten und sogar Huren tummelten sich vor dem Eingang in den Königsberg und schrien wild durcheinander. Beim Anblick der ersten Gefangenen, die aus dem dunkeln trat, bildeten sie eine schmale Gasse. Langsamen Schrittes ging Livia los. Schimpfwörter aller Art flogen durch die Luft. Gefolgt von Selina, Aiyana und dem verunstalteten König liefen sie durch die schmale Gasse. Die Hochgeboreren klatschten, während die Menschen unteren Standes Kufladen und verfaultes Essen nach den Gefangenen schmissen. Einige Männer begrabschten die hübschen Rothäute, während die Frauen sie mit Tritten und Schlägen niedermachten. Livia kamen die Tränen. Sie ließ es auf sich ergehen und setzte weiterhin einen Schritt vor den Anderen, in der Hoffnung hinter ihr könnte jeder mithalten.

Kurve um Kurve liefen sie durch die Gassen, bis schließlich ein großer sandiger Platz vor ihnen erschien, auf dem in der Mitte eine riesige Säule stand. Verziert durch mehrere Ketten und Eisenringe schien sie nur auf die Gefangenen zu warten.

Ein kleiner Stein flog durch die Luft und traf Aiyana direkt am Kopf. Sie schlenderte und fiel zu Boden. Livia wurde Ruckartig durch die Fesseln aufgehalten und versuchte Aiyana aufzuhelfen, doch die Männer befielen sie bereits und es sah aus, als würden sie sie in tausend Stücke reißen. "Hilfe!", winselte sie als ihr auch noch die restliche Kleidung vom Leib gerissen wurde. Lautes Gelächter ging durch die Menge, als sie sich endlich wieder erhob und beschämt ohne Kleidung weiterlief. Mit einer blutenden Wunde am Kopf und nicht einem Stofffetzten, fing auch die älteste Schwester an die Tränen zu unterdrücken und hoffte nur es möge endlich vorbei sein. "Sie werden uns hier als Belustigung für das Volk anketten", sagte der König und blickte auf die Säule, die nun nur noch wenige Meter entfernt war.

Als sie endlich ankamen, sackten die Vier zusammen. Kraftlos bemerkte Livia noch wie einige Gestalten ihre Hände an die Eisenringe in der Säule ketteten und fiel in Ohnmacht...

"War over Blood" A story forged with powerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt