Auf ein neues

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Im Krankenhaus angekommen, bekomme ich eine Panik Attacke. Ich schlage um mich und will einfach nur weg. Mehrere Schwestern und Pfleger werden gerufen, und kommen mit einer Trage an gelaufen. Mit sieben Leuten versuchen sie mich auf der Trage fest zu schnallen. Ich weiß nicht was mit mir los ist. Die, die hier gerade ausrastet, bin nicht ich. Ich will das nicht. Es ist als würde jemand meinen Körper kontrollieren und ich nichts dagegen machen kann.

Die Ärzte kommen mit weißen Gurten und schnallen sie mir um meine Hand- und Fußgelenke. Es schmerzt an meinen Armen, da die Verbänder nun an den Wunden kratzen. Auch bekomme ich einen breiteren Gurt, über meinen Bauch. Nun schieben sie mich in einen Fahrstuhl. Ich habe das Gefühl, dass ich zerquetscht werde. Ich schreie. Nein, nicht ich schreie, sondern mein Körper schreit. Ich will eigentlich nur noch schlafen, doch mein Körper wert sich dagegen.

Wir sind wieder in einem der Zimmer. Da kommt eine Krankenschwester, mit einer Spritze in der Hand. Wieder steigt die Panik in mir hoch. Sie spritzt mir das Zeug in den Arm.
Mit den Augen suche ich das Zimmer nach dir ab. Wo bist du? Du kannst mich doch nicht schon wieder alleine lassen. Ich brauche dich. Ich brauche dich mehr als jeden anderen auf dieser Welt. Auf einmal spüre ich die Müdigkeit, die mir auf einen Schlag alle Kräfte raubt.
Ich darf nicht schlafen.
Diesen Gedanken kenne ich nur zu gut.
Damals durfte ich nicht schlafen da 'er' sonst kam. In meinen Träumen. Immer wieder.
Kurz bevor meine Augen zu fallen, sehe ich wie du in das Zimmer zu mir kommst. Du siehst fertig aus. Es tut mir leid, dich so sehen zu müssen. Ich will mit dir reden, aber ich bin viel zu schwach und schlafe ein.

Ich weiß nicht wie lange ich geschlafen habe. Tage? Stunden? Minuten? Ich weiß es nicht. Ich suche das Zimmer nach dir ab, doch muss feststellen, dass du nicht mehr da bist. Wieder höre ich Stimmen aus dem Flur. Auch bin ich wieder an solchen komischen Geräten angeschlossen. Ich lausche wieder dem Summen der Deckenlampe. Mit den Gurten bin ich immer noch fixiert. Ich fühle mich so machtlos, ausgeliefert, gefangen, hilflos und extrem müde. Ich schaue aus dem Fenster. Es muss gegen Mittag sein, denn die Sonne knallt auf die grüne Wiese unten im Park, in dem viele Kinder spielen. In dem Moment fällt mir ein, dass mich noch niemand besuchen war. Ich vermisse meine Geschwister und meine Mutter.
Auf einmal geht die Tür auf. Ein Arzt und mehrere Schwestern und Pfleger kommen rein und stellen sich um das Bett. Es ist wohl Visite.
"Wie geht's dir, Tascha? "
Fragt der Oberarzt mich.
Ich Sage nichts. Ich fühle mich so ausgeliefert und Schäme mich so vor ihnen zu liegen.
"Du wirst gleich in die Kinder und Jugend Psychiatrie gefahren. Ich hoffe ich werde dich hier nicht noch mal unter solchen Umständen wieder sehen. Alles gute."
Ohne einen weiteren Blick, gehen sie alle wieder raus.

Ich fange an zu grübeln, doch dann geht die Zimmertür auf und zwei Polizisten stehen in dem Zimmer. Sie stellen sich direkt neben die Tür und beäugen mich von oben bis unten. Gleich dahinter zwei Sanitäter mit einer Trage. Sie sammeln meine Klamotten zusammen und lösen mich von der Fixierung. Sie sagen mir, dass ich mich auf die Trage legen soll. Ich hätte nicht gedacht das ich mittlerweile so schwach bin. Nicht müde aber wirklich schwach. Ich werde wieder fixiert. Wie unnötig.
Im fahrenden Rettungswagen kann ich sowieso nicht abhauen.
Die Fahrt war langweilig. Sie ignorieren mich allesamt, als wäre ich nur ein Objekt, dass von A nach B transportiert werden muss. Sogar als niemand wusste wo der Eingang zu Psychiatrie war, ignorieren sie mich gekonnt. Ich war sicherlich nicht die Erste, die sie in die Psychiatrie verfrachten.
Ich dachte, dass ich auf meine 'alte' Station käme, doch ich komme auf die geschlossene. Ich muss mich wirklich beherrschen um nicht wieder durch zu drehen. Allerdings habe ich schon einen Plan.
Umso kooperativer ich bin, umso schneller bin ich hier raus!
Sie fahren mich in den Fahrstuhl. Und wieder kommt die Panik in mir hoch. Zu eng. Zu stickig. Zu wenig Platz. Wer hat nur solche engen Fahrstuhl entwickelt?! Derjenige hat wohl niemals an Menschen wie mich gedacht. Diese Egoisten!

Sie fahren mich durch die Flure. Alle starren sie mich an. Bin ich im Fernsehen oder was? Es ist die schlimmste Station von allen. Zwei Männer, wahrscheinlich Betreuer der Station, kommen auf uns zu. Die Sanitäter reden mit ihnen über mich.
Danach schieben sie mich in ein Zimmer, in dem eine Kamera übers Bett befestigt ist. Das ist auch das einzige in diesem Raum ist.
Die Sanitäter öffnen die Gurte und helfen mir aufs Bett zu steigen. Daraufhin verschwinden sie alle aus dem Raum und lassen mich wieder alleine. Kurz darauf fängt die Kamera über mir an zu blinken. Wahrscheinlich haben sie sie gerade angeschaltet.
Toll, wieder allein gelassen.

Ich weiß nicht wie lange ich da saß und nur nach gedacht habe. Mein Kopf schmerzt und meine Augen brennen. Auf einmal klopft es an der Tür und im gleichen Moment kommt auch schon eine Frau in das Zimmer.
"Komm!"
Sagte sie nur.
Ich bin verwirrt, ging aber dennoch mit. Wir gehen den Flur entlang. Der Flur scheint mir endlos. Ich schaue nur auf den Boden, mit meinen Haaren vor dem Gesicht. Ich könnte wieder los heulen. In meinem Bauch ist der Druck so groß und kann nicht entkommen.
Auf einmal bleibt sie stehen und ich somit auch. Ich hebe den Kopf ein Stück und sehe wie sie mir eine Tür auf hält. Ich gehe hinein.
Es ist ein Ärzte-zimmer, mit einer Liege, sowie ein paar Schränken auf dem Spritzen und Verbünde in einigen Boxen liegen. Am Ende des Zimmers ist ein Fenster mit Gitterstäben. Auf dem Stuhl, vor dem Fenster sitzt ein Mann. Ich bleibe ruckartig stehen.
Die Frau schiebt mich ein Stück weiter rein und schließt die Tür hinter uns. Sie blieb dort stehen.
Der Arzt schaut mich mit einem Grinsen im Gesicht an. Als würde er sich auf irgendetwas freuen. Auf mich sicherlich nicht.
"Setz dich" er zeigt auf die Liege, "und zeig mir mal bitte deine Arme."
Wie in Trance gehe ich auf ihn zu. Ich bin sehr angespannt, setze mich dennoch und zeige ihm die Arme.
Er schneidet die, in Blut getränkten Verbände auf und sieht sich die Wunden an. Er hebt einen Moment seinen Kopf und schaut mir direkt in die Augen, sagt aber nichts. Er säubert meine Arme und legt neue Verbände um. Er sagt, dass ich bestimmte Übungen nach machen soll. Erinnert mich an den Kinderarzt; auf einem Bein stehen, auf einer Linie laufen, den Finger mit den Augen folgen usw.
Dann auf einmal sagt er zu mir, dass ich mir die Klamotten bis zur Unterwäsche ausziehen solle. Ich will mich weigern, doch denke an meinen Plan: umso Kooperativer ich bin, umso schneller komme ich hier wieder raus!
Also Zähne zusammen beißen und durch. Ich schäme mich hier so zu stehen, doch da muss ich durch. Ich soll mich auf die Waage stellen. 57kg. Wow so wenig habe ich noch nie gewogen. Da ich ziemlich groß bin, habe ich damit schon Untergewicht.

Nach den ganzen Untersuchungen soll ich zurück auf mein Zimmer. Ich lege mich ins Bett und schlafe sofort ein.
Ich habe nichts geträumt. Es ist eine Leere in mir, die mir Angst macht. Es ist bestimmt eine Schutz Funktion meines Körper Beziehungsweise meiner Psyche. Es ist besser an nichts zu denken, als an all das Negative.
Ich werde aus meinem Schlaf gerissen, als diese Frau in mein Zimmer stürmt und mir zu ruft, dass ich essen kommen soll, und gleich wieder hinaus rennt.
Ich habe gar keinen Hunger und eigentlich können sie mich doch gar nicht zum essen zwingen, oder?! Das ist doch meine eigene Entscheidung. Ich setze mich auf.
Mein Kopf dröhnt bei jeder kleinen Bewegung. Doch dieses ignoriere ich.
Ich stehe auf und gehe zur Tür, bis mir schwarz vor Augen wird. Ich höre nur noch wie mein Kopf gegen den Stuhl und dann auf den Boden knallt.

Mein LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt