Die Tage vergehen. Es hieß, ich sei zu stabil für diese Station. Es müsse langsam eine Lösung gefunden werden wo ich wohnen könnte. Mit Baby. Dauerhaft.
Es wurden viele Vorschläge gemacht. Zu meiner Mutter zurück, in ein Mutter Kind heim (wogegen ich mich sehr sträube), in eine andere Klinik...
Es gab Lösungen, doch keiner will die Verantwortung für mich und mein Baby übernehmen.Mein Baby. Wie sich das anhört. Ganz fremd und weit entfernt. Letzt endlich darf ich noch zwei Wochen in der Klinik bleiben. Ich habe offenen Ausgang. Das heißt, dass ich immer nach draußen darf, wenn ich keine weiteren Verpflichtungen habe. Es wird eine engmaschige Therapie verordnet, damit ich "vorbereitet" bin.
In diesen zwei Wochen, war alles wie immer. Ich kann tun und lassen was ich will. Alle haben ein Auge auf mich, doch lassen sie mich größten teils in Ruhe.
Zwei Tage bevor ich entlassen werden soll - noch immer steht nicht fest wo ich untergebracht werden kann - wird ein junges Mädchen eingeliefert. Gerade einmal 12 Jahre alt. Ich stehe an der Tür zu meinem Zimmer, als die Rettungssanitäter sie per Trage und Fixierung in das Überwachungszimmer bringen. Sie schreit. Sie schreit wirklich aus aller Kraft. Mir laufen Tränen über die Wangen und ich erwische mich dabei, wie ich meinen Bauch mit der Hand fest halte.Du hast Bereitschaftsdienst und bist daher auch auf der Station. Auch wenn wir eigentlich keinen Kontakt zueinander haben dürfen, kommst du zu mit rüber.
"Alles in Ordnung bei dir?"
Fragst du mich.
Ich versuche ein Lächeln auf zu setzten, nicke mit dem Kopf und murmelte hmm.
Du drückst mich noch einmal kurz und gehst wieder zu dem Mädchen. Ich höre sie noch lange weinen und schreien.Ich gehe ins Bett, doch kann nicht schlafen. Ich starre in die Dunkelheit. Fixiere meinen blick auf die Umrisse der Tür, vom Schrank und der Deckenlampe. Ich bin hellwach und doch so erschöpft. Ich schaffe es nicht die Augen zu schließen. Ich muss immer an das Mädchen neben an denken. Mit 12 Jahren hat sie wohl so viel erlebt, dass sie so reagiert. So abweisend und hilferufend. Mit 12 Jahren...
Auf einmal kommt bei mir die Angst hoch. Angst, dass es meinem Baby irgendwann auch so ergehen wird. Angst das man die psychischen Komponenten, per DNA vererben könnte. Angst das es meinen Baby bei mir nicht gut gehen wird.Am nächsten Morgen werde ich von einer Betreuerin geweckt. Ich habe über Nacht kaum geschlafen und bin total ausgelaugt. Ich bleibe liegen. Ich höre wie draußen die Geräusch Kulisse anfängt ihr Lied zu spielen. Türen knallen.
Stimmen, die mit einander kommunizieren.
Schritte, die über den Boden schlürfen.
Rufe, die etwas von anderen verlangen.
Besen, die den Dreck der letzten Tage einfach hinfort fegen.
Duschen, die dem Dreck der Nacht, weg spülen.
Geschirr, dass klappert als wenn es kein morgen gäbe.
Und ich liege im Bett und denke über mein Leben nach. Über das meine und das meines Babys.
Wie soll das alles funktionieren? Wie soll das nur gut gehen?
Ich krame mein MP3 Player hervor, stecke die Kopfhörer in die Ohren und drehe die Musik auf. Ich schließe die Augen und versuche mich nur auf die Musik zu konzentrieren. Als ich die Augen öffne, steht eine Betreuerin vor mir. Ich verdrehe die Augen und ziehe einen der Kopfhörer aus dem Ohr.
"Das frühstücken hat schon längst angefangen. Und du weißt wie wichtig es für dich ist. Euch ist!"
Ich hasse es wenn sie mein Baby als Druck Mittel benutzen. Nur leider funktioniert es meistens.
Also setze ich mich auf und murmle
"Ja ist ja gut. Bin dabei!"
Daraufhin geht sie wieder aus dem Zimmer. Ich ziehe mir Jogginghose und Pulli über und schlürfe zum Frühstückstisch.
"Nun, da wir vollzählig sind, können wir ja anfangen!."
Keiner rührt sich. Alle sind gespannt, wer welche Termine hat.
"Alexandra, du hast heute Bwt (Bewegungstherapie)! Lena, du darfst heute reiten gehen. (Blöde Kuh!) Sandra und Paula, ihr habt einzel Gespräche. Der Rest - außer Tascha - ist für die Schule eingeteilt. Noch fragen?"
War klar! und dann heißt es wieder 'es gibt für dich keine sonder Behandlung!' ... schooon klar.
"Wieso müssen wir zur Schule und Tascha nicht?"
Ertönt es aus einer Ecke.
"Bei Tascha liegen gesonderte Umstände vor. Mehr darf und möchte ich dazu nicht sagen."
Reicht ja auch schon was sie sagt. 'Gesonderte' Umstände. Das ich nicht lache.Eine Stunde später war die Station ruhig. Alle waren sie in der Schule oder bei ihren Terminen. Die Betreuer saßen im Büro und trinken ihren Kaffee.
Auf einmal kam mir der Gedanke zu dem Mädchen von letzter Nacht zu gehen. Es wird nur schwierig da im Überwachungszimmer immer noch die Kamera ist und ich diesen Raum eigentlich nie wieder betreten wollte.
Ich gehe den Flur entlang und bleibe kurz vor dem Zimmer stehen, doch gehe dann weiter in meines. Ich lege mich ins Bett und starre nur an die Decke. Eine Hand auf meinen Bauch.
Wann ich das Baby wohl das erste mal spüren werde?
Wird es ein Junge oder ein Mädchen?
Wird es aussehen wie er?
Hat er eigentlich Rechte an meinem Baby?
Was ist wenn er es auch sehen will?
Wenn er es zu sich holen will?
Oder seine Eltern.. Dürfen die das?
Fragen über Fragen!.Auf einmal höre ich rufe von Flur. Ich stehe auf und gehe zur Tür. Die Betreuer rennen zum Überwachungszimmer. Das Mädchen schreit und schlägt um sich. Die Fixierung sollte gelöst werden, doch sie hat einen der Betreuer ins Gesicht geschlagen. Es tropft Blut aus der Nase. Die Betreuerin nahm das Telefon und rief den Notdienst. Dieser war in wenigen Minuten da und gab ihr ein Beruhigungsmittel.
Der restliche Tag verlief sehr ruhig. Nichts besonderes mehr.
Am nächsten Morgen, zum Frühstück saß die 12 Jährige mit am Tisch. Sie starrte nur nach unten, auf ihre Hände, die auf ihrem Schoß lagen. Sie hat lange braune Haare, braune Augen und ein rundes Gesicht. Sie sieht so hübsch aus und gleichzeitig wie ein Haufen elend. Ich frage mich was ihr zu gestoßen sein muss, das sie so tief gefallen ist.
Als die Termine aufgezählt werden und mein Name ausgesprochen wird, schaut sie auf einmal hoch. Sie starrt mir direkt in die Augen und eine Träne kullert über ihr Gesicht.
Auf einmal gab es nur uns beide. Ich spürte was sie spürte. Es war fast, als wenn ich ihre Gedanken lesen könnte. Ein Bild taucht in meinem Kopf auf.Ein Keller.
Dunkel.
Kalt.
Nass.
Keine Fenster.
Einige Rohre die im Boden und Decke verschwinden.
Und das Mädchen.
Am Boden kauern.
Mit den Handgelenken an einen der Röhren gefesselt.
Eine dreckige, alte Matratze auf der anderen Seite des Raumes.Ich erschrecke mich und bin gleichzeitig ruhig. Ich bin wieder in die reale Welt "zurück gekommen" und merke das alles weiter läuft. Die Termine werden weiterhin aufgezählt. Das Mädchen schaut mich immer noch an. Ich frage noch einmal nach welchen Termin ich heute hätte. Die Antwort "Therapeuten Gespräch mit Jugendamt und Sorgeberechtigen". Alles klar.
Heute geht es um alles und nichts.
Um meine Unterkunft.
Um das Leben, in das mein Baby hineingeboren wird.
Ok.
Alles klar.
Ich versuche stark zu sein und nicht zu verzweifeln.
Wird schon.Irgendwie..
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Mein Leben
RandomDie 16 Jährige Tascha hat in ihrem Leben schon viele schicksalsschläge durchleben müssen. Dadurch hat sie viel mit sich selber und ihrer Psyche zu kämpfen. Doch diese eine Person schafft es, ohne es zu wissen ihr Leben auf den Kopf zu stellen. Ist d...