Das Ende?

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Es ist ein halbes Jahr vergangen. Ich bin in einer Kinder und Jugend Psychiatrie. Für suizid gefährdete Kinder und Jugendliche.

Von Besserung kann man nur teilweise sprechen. Probleme gehen, andere kommen.

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Ich setze mit den anderen Jugendlichen an den Tisch.
Mittagessen. Allein der Geruch bringt mich zum würgen.
Ich starre mein Essen an. Ich führe hin und wieder die Gabel zu meinem Mund und lasse die Hälfte wieder auf den Teller fallen.
Ich will nicht essen.

Dies ist eine Station für alle Arten von gestörten essverhalten.

Diese dicke gegen über von mir.. so will ich niemals aussehen.

Mir wird bei dem Anblick einiger Menschen hier richtig übel.
Ich verstehe nicht wie man solche Personen mit an den Tisch lassen kann. Da ist es doch kein wunder, dass man keinen Bissen hinunter kriegt.

Alle dürfen aufstehen. Ich schiebe den Stuhl nach hinten und will gerade meinen Teller nehmen, da sagt der Betreuer, der neben mir sitzt:
"Du bleibst schön sitzen und isst endlich mal etwas!"
Ich will nicht! Mir steigen Tränen in die Augen.
"Warum dürfen die anderen aufstehen und ich muss den fraß in mich reinschaufeln?!"
Der Betreuer schaut mich sauer an.
"Tascha! Diese Diskussion hatten wir schon oft genug. Halber Teller oder einen Fresobin!"
Dieses Wort allein....

Er geht zu den anderen in die Küche. Da ich mir sowas schon denken konnte, hole ich eine kleine Tüte aus der Hosentasche. Ich Schaufel ein paar Kartoffel und ein stück Fleisch hinein. Zu machen und schnell in der Bauchtasche, meines Pullis verstecken.
Ich tuhe so als wenn ich gerade schnell noch etwas in meinen Mund geschaufelt hätte, da kommt er auch schon wieder zurück.
"Geht doch. Warum muss man dir immer erst drohen?"
"Ich bin jetzt satt. Darf ich aufstehen?"
"Ja, ist in Ordnung. Aber ich hoffe das du nicht wieder gemogelt hast! Ich vertraue dir Tascha."
Mir sollte man nicht vertrauen, was essen angeht.

Ich gehe in "mein" Zimmer.
Es ist Mittagsstunde. Besser gesagt MittagsstundeN.. zwei Stunden im Zimmer sitzen und langweilen.
Ruhig sein. Am besten kein mucks von sich geben. 'Immerhin ist das eine Psychiatrie und kein spielplatz',wird uns immer wieder gesagt. Sogar das lachen wurde uns schon untersagt.
Also sitze ich hier.
Kann nicht schlafen.
Starre an die Wand.
Denke nach.
Über alles und nichts.
Fühle nichts.
Starre nur gegen die Wand.
Wie eine Maschine.

Ein Schrei holt mich zurück in die Realität. Die Schreie kommen aus dem Flur.
Ob ich nachschauen sollte?
Bestimmt wieder eine die eingeliefert wird. Ist hier nichts neues.
Ich schaue auf die Armbanduhr.
Ja, wenigstens diese durfte ich behalten. Nach 3 Monaten!
Nur noch 15 Minuten bis wir aus unseren Zimmern kommen dürfen. Aber ich denke das ich hier bleiben werde.
Einsam
Alleine
...

Tage vergingen...

Ich nahm in den letzten 4 Tagen fast 2 Kilo ab.
Für mich ein Erfolgserlebniss.
Für die Therapeuten und Betreuer bedeutet das nichts gutes. Aber mir ist egal was die denken. Bald habe ich mein Zielgewicht erreicht.
Bald bin ich so leicht wie eine Feder.
Bald kann man durch mich hindurch schauen.
Bald falle ich in der Menge gar nicht mehr auf.
Bald...
Eine Betreuerin kommt in das Zimmer.
"Du sollt in die Gruppe gehen.
Anordnung von oben. Das weißt du genau."

Nur schwer schaffe ich es mich dazu zu Motivieren mich zu bewegen, aufzustehen und in den Aufenthalts Raum zu gehen. Allerdings motiviere ich mich damit, mit jedem Schritt, mit jeder Bewegung Kalorien zu verbrennen. Bald ist es soweit...

Mein LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt