3 Rückblende die Dritte: Auf Wanderschaft

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Wenige Tage später wanderten wir über scheinbar endlose Wiesen, auf dem Weg zum Pass des Caradhras. Auf einem Hügel machten wir Rast, als Legolas plötzlich eine Wolke Späherraben entdeckte.

„Versteckt euch!", rief Aragorn und schmiss sich in die nächstbeste Felsspalte.

Ich sprang viel zu hektisch auf, stolperte über einen Stein und fiel rücklings in einen ziemlich stacheligen Strauch. Ach, scheiße. Na wenigstens war ich jetzt versteckt. Mühsam drehte ich mich auf den Bauch, als ich ein leises Keuchen hörte, und bekam fast einen Herzanfall, als ich merkte, dass da jemand neben mir lag. Oder eher, unter mir. Ich hatte es tatsächlich irgendwie geschafft, so halb auf Boromir zu krabbeln. „Tschuldige.", flüsterte ich, und versuchte ein wenig beiseite zu robben, als ein starker Arm mich festhielt und an Boromirs Brust drückte. „Bleib liegen, so schwer bist du gar nicht.", zischte er. Also fügte ich mich meinem Schicksal und während über uns die Raben kreischten, dachte ich zum einen darüber nach, ob es überhaupt möglich war, in ein noch größeres Fettnäpfchen zu treten, zum anderen, ob ich es mir nur einbildete, dass Boromirs Herz genauso schnell schlug, wie meins. Auf jeden Fall war es keine Einbildung, dass seine Hand irgendwann begann, langsam über meinen Rücken zu streicheln und das fühlte sich so gut an, dass ich Legolas, als er verkündete, die Raben seien verschwunden, am liebsten mit einem seiner Pfeile erschossen hätte.

Meine Gedanken wanderten weiter. Der Gebirgspass hatte sich als unüberwindbar herausgestellt, und so schlugen wir uns durch die Minen Morias. Mit einem Schaudern erinnerte ich mich an das riesige Krakenvieh, welches den Eingang hinter uns zerstört hatte und die völlige Dunkelheit, in der wir uns danach befanden. Dunkelheit konnte ich noch nie leiden, schon gar nicht, wenn ich von lauter Skeletten umgeben war. Unwillkürlich hatte ich nach dem Arm desjenigen gegriffen, der neben mir stand und auch ein ganzes Stück, nachdem Gandalf ein wenig Licht gemacht hatte, nicht losgelassen. Dass es Boromir war, an dem ich mich festhielt, machte mir fast nichts aus und auch ihn schien es nicht zu stören. Als ich ihn irgendwann, ein wenig verlegen lächelnd, wieder losließ, wuschelte er mir nur kurz durch die Haare und fragte: „Na, hast du dein Herz wiedergefunden?"

Mein Herz war nie weg, es hämmerte so stark, dass es fast schon wehtat. Trotzdem nickte ich und lächelte.

Die Erinnerung daran, wie wir Gandalf verloren, verdrängte ich aus meinen Gedanken, es machte mich zu traurig. Getrauert hatten wir bereits in Lothlorién. Dort war Boromir irgendwie seltsam gewesen. Irgendwas hatte ihn bedrückt, aber er wollte mir nicht sagen, was es war. „Zerbrich dir darüber mal nicht deinen hübschen Kopf.", hatte er gesagt und mir einen Kuss auf die Stirn gedrückt, bevor er davongeschlichen war. Und ich war mit flammenden Wangen sitzengeblieben und hatte mich gefreut wie ein Honigkuchenpferd, weil Boromir mich hübsch fand.


A Bit Of Lost Love/ #Wattical Award 2017Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt