14 Verschlafen

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Ich wachte davon auf, dass meine rechte Schulter unangenehm kribbelte. Überrascht stellte ich fest, dass ich in einem Bett lag in einem Krankenzimmer, mit einem riesigen Fenster, durch das kühler Wind wehte. Als ich mich aufrichtete und mich umschaute, entdeckte ich einen kleinen Stuhl auf dem ein Hobbit saß und mich mit großen Augen anschaute. „Mia?", fragte er ungläubig, und dann rief er nochmal voller Freude: „Mia!" Und ehe ich wusste wie mir geschah, da war er schon zu mir ins Bett gesprungen und hatte mich so fest umarmt, dass mir die Luft wegblieb. „Wie schön, du bist wieder wach!", hörte ich es an meinem Ohr murmeln und antwortete leise: „Ja, und gleich wieder weg, wenn du mich weiter erdrückst." Da setzte Pippin sich auf und lachte entschuldigend. „Tut mir leid, ich freue mich nur so.", zu meiner Überraschung sah ich Tränen in seinen Augen glitzern. „Du hast so lange geschlafen und hattest so hohes Fieber. Ich hatte Angst, dass du gar nicht mehr aufwachst." Überrascht blinzelte ich ihn an. „Wieso? War ich so krank?", fragte ich verwirrt, woraufhin Pippin kurz die Luft anhielt. „Na, weißt du denn nicht mehr was passiert ist?", fragte er erschrocken. „Nein.", antwortete ich zögernd, „Oder ich kann mich zumindest nicht erinnern. Es ist, als verschleiere ein tiefer Nebel mein Gedächtnis." Himmel, hatte ich das gerade laut gesagt? Ich redete ja fast schon so schwülstig, wie Legolas. Offensichtlich war ich auf den Kopf gefallen. „Klär mich auf, bitte!", forderte ich Pippin schnell auf. Der kaute kurz auf seiner Unterlippe herum, bevor er zögernd redete: „Du wurdest von einem vergifteten Pfeil getroffen. In der Schlacht vor Osgiliath. Als auch Faramir verwundet wurde." Faramir! Der Name reichte und der Nebel über dem See meines Gedächtnisses lichtete sich. Der Fluss meiner Erinnerungen strömte herein und überflutete das Dorf meiner Gedanken. (Oje, der Sturz musste schlimmer gewesen sein, als ich befürchtete.)

Richtig, die Opferung vor Osgiliath. Wie einen Film sah ich alles vor mir. Faramirs Sturz vom Pferd, mein verzweifelter Versuch ihm zu helfen, der Ritt nach Minas Tirith und schließlich mein Panikausbruch vor Denethors Hallen. Aber hauptsächlich ein Bild wiederholte sich immer wieder. Faramirs Sturz vom Pferd. Sein glasiger Blick als er am Boden lag. Faramir ohnmächtig im Dreck. Die gefiederten Pfeile.

„Faramir!", rief ich erschrocken. „Ist er...?" Ich wagte nicht, es auszusprechen, aber Pippin schüttelte beruhigend den Kopf. „Nein. Er lebt, aber es geht ihm schlechter als dir. Ich sagte ja schon, die Pfeile waren vergiftet und er wurde von dreien durchbohrt, während dich nur einer gestreift hat. Und du warst mehr als einen ganzen Tag ohnmächtig. Es ist also kein Wunder, dass Faramir immer noch schläft." Puh, Gott sei Dank! Die Nachricht, dass Faramir noch lebte, erleichterte mich ungemein. „Ist er etwa auch... hier?", fragte ich und sah mich im Zimmer um, als erwartete ich, noch ein zweites Bett zu finden. Pippin nahm meine plötzliche Nervosität mit belustigtem Kichern wahr. „Ja, er liegt ein paar Zimmer weiter und schläft."

„Kann ich zu ihm?", fragte ich aufgeregt, und setzte mich ruckartig auf. Huch, keine gute Idee. Das ganze Zimmer drehte sich plötzlich. Also ließ ich mich vorsichtshalber wieder in die Kissen sinken, und auch Pippin schüttelte den Kopf. „Nein, nein! Du bleibst liegen. Du bist gerade erst aufgewacht, du darfst noch nicht aufstehen. Haben die Ärzte gesagt.", erklärte er und seufzte dann, „Ich glaube ohnehin, dass es besser für dich wäre, wenn du Faramir jetzt nicht siehst.", murmelte er.

„Ja, ich weiß.", antwortete ich zerknirscht. Mir war unser letztes Gespräch nicht entgangen. Ein paar Sekunden starrte ich an die Decke und versuchte das Brennen in meinen Augen zu unterdrücken, dann schluckte ich schwer. „Aber ich muss ihn einfach nochmal sehen. Und wenn er wach ist, dann... dann kann ich das nicht. Verstehst du, Pippin? Wenn er mich noch einmal so ansieht, dann..., das halt ich nicht nochmal aus. Deswegen will ich zu ihm, solange er schläft." Pippin nickte und schüttelte gleich darauf den Kopf. „Ja, ich versteh dich, aber das meinte ich auch nicht. Weißt du, es ist eine ganze Menge passiert, seit du... umgekippt bist.", setzte er an, „Du hast Faramir das Leben gerettet, aber kurz darauf war es nochmal in Gefahr, so wie das Leben von uns allen."

A Bit Of Lost Love/ #Wattical Award 2017Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt