2 Rückblende die Zweite: Bruchtal

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Auf dem Weg nach Bruchtal hatte es ein paar kleinere Turbulenzen und einen etwas größeren Zwischenfall mit den NazGûl gegeben. Von diesem Zwischenfall musste Frodo sich noch erholen, danach sollte aber ein geheimer Rat stattfinden, an dem Vertreter aller Völker Mittelerdes teilnehmen, und der entscheiden sollte, was mit dem Ring der Macht zu geschehen hatte.

Ich war schon oft in Bruchtal gewesen, nämlich immer dann, wenn Aragorn Sehnsucht nach seiner Verlobten hatte. Arwen war eine wunderbare Halbelblin, schön wie ein Sternenhimmel und meine beste Freundin. Sie hatte mir eines ihrer herrlichen Elbenkleider geliehen, aus himmelblauer Seide, weich und fließend wie ein Waldbächlein. Es war eines der schönsten Kleider, die ich je gesehen hatte und Arwen meinte, es passe perfekt zu meinem goldblonden Haar und meiner hellen Haut. Nun, da konnte ich ihr leider nicht Recht geben. Zum Einen, weil meine Haare nicht goldblond waren, sondern eher eine Mischung aus Stroh und Straßenköter und zum Anderen, weil ich fand, dass ich in dem Kleid blass und ungesund aussah und, dass meine grünen Augen unnatürlich leuchteten. Außerdem war das Kleid bodenlang, und ich hatte ständig Angst, auf den Saum zu treten. Trotzdem trug ich es, Arwen zuliebe. Um ihr eine Freude zu machen, erlaubte ich ihr auch, meine Haare zu einer komplizierten Hochsteckfrisur zu flechten. Mit dem Ergebnis, dass ich mich jetzt nichtmal mehr traute, meinen Kopf zu bewegen, aus Angst, irgendwas kaputt zu machen.

Einen Tag vor dem Ringrat stromerte ich durch Bruchtal. Oder eher gesagt, ich schritt langsam und würdevoll, wie die Elben. Nicht, weil ich mich so elegant und elbengleich fand (Im Vergleich zu den Frauen des Schönen Volkes fühlte ich mich wie eine Distel neben einer Feuerlilie), sondern, wie gesagt, um nicht versehentlich auf den Saum meines Kleides zu treten oder meine Frisur zu ruinieren.

In der Mitte des Hofes, wo ankommende Gäste empfangen wurden, stand ein Brunnen, an dem man sein Pferd tränken konnte. Dort ließ ich mich jetzt nieder, und betrachtete kritisch mein Spiegelbild (meine Güte, sahen meine Brüste in dem Kleid groß aus), als ich plötzlich nahendes Hufgetrappel hörte und überrascht aufsprang. In den Hof kam soeben ein kriegerisch aussehender Mann mit rotbraunem Haar und einem schicken Horn an der Seite geritten. Unter dem Torbogen hielt er sein Pferd an, und schaute sich kurz um. Den Blick kannte ich. Das war der typische „ hier sieht ja alles ganz anders aus, als bei mir daheim"- Blick, den jeder Neuankömmling hier an den Tag legte. Ich wiederum hatte meinen „der Typ hier sieht ja ganz anders aus, als die anderen"- Blick aufgesetzt. Tatsächlich hatte dieser Mann auf seinem Pferd etwas Faszinierendes an sich. Irgendwas hielt meinen Blick gefangen, obwohl er nicht unbedingt eine Augenweide war.

Er schien meine Blicke wohl gespürt zu haben, denn nun schaute er zu mir und auf seinem Gesicht breitete sich nach einem kurzen Moment der Überraschung ein breites Grinsen aus. Er ließ sein Pferd weiterlaufen, und ritt auf mich zu. Für einen wahnwitzigen Moment glaubte ich, er wolle mich umreiten und wich vorsichtshalber einen Schritt zurück. Aber der Krieger lenkte sein Pferd an mir vorbei, und trabte eine Runde um den Brunnen herum. Anschließend blieb er vor mir stehen, deutete eine knappe Verbeugung an und fragte: „Werte Dame, erlaubt Ihr mir eine Frage?" Ich starrte zu dem Krieger hinauf, erinnerte mich gerade noch daran, dass es unhöflich war, jemanden mit offenem Mund anzustarren, und nickte stumm, woraufhin der Reiter kurz verlegen lächelte und dann fragte: „Glaubt Ihr an Liebe auf den ersten Blick oder muss ich nochmal vorbeireiten?" „Äh... wie bitte?", fragte ich wenig damenhaft und setzte eine ungläubige Mine auf. Mit sowas hatte ich definitiv nicht gerechnet. Vom Pferd herab ertönte ein schallendes Lachen. „Schon gut! Das war ein Witz. Ich müsste schon sehr verzweifelt sein, zu glauben, dass dieser Spruch bei irgendeiner Frau Wirkung zeigt." Er wendete und führte sein Pferd, welches unser „Gespräch" genutzt hatte, um zu trinken, zu den Stallungen, während ich ihm hinterherschaute, und mich fragte, ob dieser dumme Spruch wirklich so wirkungslos war. Ich fühlte mich auf jeden Fall irgendwie... komisch. Mein Herz raste.

A Bit Of Lost Love/ #Wattical Award 2017Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt