12 Es kommt alles zurück

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Als ich aufwachte, knisterte ein kleines Feuer in meinem Kamin und auf einem niedrigen Tisch neben dem Bett lag ein Brief unter einer Kanne Tee und einem Teller Keksen. Meine Kleidung war vollständig getrocknet. Ich stieg also wieder in meine dunkelbraune Lederhose, das waldgrüne Hemd und knöpfte die dunkle Lederweste darüber zu. Beim Anziehen beschloss ich auch, die Sachen später auszubessern. Sauber waren sie jetzt zwar wieder, aber nichtsdestotrotz ziemlich durchlöchert.

Aber für den Anfang hockte ich mich nur im Schneidersitz aufs Bett, kämmte mit einer Hand meine Haare und zog mit der anderen den Brief unter dem Teller und der Kanne hervor.

Er war in Pippins krakeliger Handschrift geschrieben und ich las den ersten Satz nur mäßig interessiert, dann aber stockte ich, las ihn nochmal und merkte, wie mein Herz begann zu flattern.

>>Hallo Mia,

ich will dich nicht wecken, aber ich dachte, du solltest Bescheid wissen. Ich habe vorhin auf der Straße deinen Freund getroffen. Du weißt schon, Faramir. Er sagte, dass er zu dir will, aber ich habe ihm gesagt, dass du zu müde bist und deine Ruhe brauchst und außerdem gerade in der Badewanne singen übst.

Hab ihn nicht gefragt, was er von dir wollte, aber er hat mich gefragt, ob ich auch Teil der Gemeinschaft des Ringes war. Hab ja gesagt und ihm versprochen, ihm mehr zu erzählen. Ich denke, jetzt, wo alles schiefgegangen ist, wird es wohl auch nicht mehr geheim sein oder? Egal, jedenfalls spazieren wir jetzt gemeinsam durch die Stadt und dann begleitet er mich zum Palast. Das ist toll, allein hätte ich mich da nämlich nicht hin getraut. Kannst du, wenn du wach wirst, bitte Gandalf sagen, wo ich bin? Falls er es wissen will. Danke und lass dir die Kekse schmecken.

Pippin

PS. Ich hab das erste Mal Tee gekocht, und weiß nicht, wie er schmeckt. Trink vorsichtig.

PPS: Faramir ist wirklich nett. Aber warum flüsterst du im Schlaf seinen Namen?

PPPS: Faramir und ich wollen beide, dass du auch zum Palast kommst. Er sagte, er will dir was Wichtiges sagen und ich will dir dann die Stadt nochmal richtig zeigen.<<

Ich las den Brief dreimal, dann zerknüllte ich ihn, warf ihn ins Feuer, rauschte aus dem Zimmer und knallte die Tür hinter mir zu. Pippin abholen? Oh ja, ich würde zum Palast gehen! Aber nicht, um mir von Pippin die Stadt zeigen zu lassen, sondern um ihm die spitzen Ohren langzuziehen! Wie kam dieser kleine Hampelmann dazu, Faramir zu erzählen, dass ich in der Badewanne singe? Das ging keinen was an und war, überhaupt, saupeinlich!? Wie konnte ich dem denn jetzt noch unter die Augen treten? Andererseits wollte er mir ja etwas sagen, und ich war schon neugierig, was das war. Aber irgendwie war ich auch auf Faramir sauer. Wieso fragte der mich nicht nach unserer Reise? Ich bin ja wohl auch dabei gewesen, ich hätte ihm eine ganze Menge erzählen können, aber mich fragte er ja nicht. Mich fragte er immer nur nach... Ich hatte die große Terrasse vor Denethors Hallen schon erreicht, als ich wie angewurzelt stehen blieb. Natürlich. Das einzige, was Faramir interessierte, war der Tod seines Bruders- über den ich nicht reden konnte. Aber Pippin hatte das alles ja auch miterlebt. Deshalb fragte er jetzt ihn aus.

Über diese Erkenntnis war ich fast ein wenig erleichtert. Jetzt blieb mir das Erzählen dieser Geschichte erspart. Der Gedanke ließ meine schlechte Laune verschwinden und ich überlegte, ob ich es mir erlauben konnte, am Haupteingang anzuklopfen und nach Faramir zu fragen, (Hallo, ich bin die Mia. Darf der Fari rauskommen und spielen?) als dessen riesige Türen sich von allein öffneten und ein kleiner Hobbit herausgerannt kam.

„Pippin!", rief ich überrascht und er steuerte direkt auf mich zu.

„Mia! Mia!", rief er schon von weitem und blieb, völlig außer Atem, vor mir stehen. Seine braunen Augen leuchteten aufgeregt, „Du musst was unternehmen. Er ist durchgedreht! Er ist vollkommen verrückt geworden!"

A Bit Of Lost Love/ #Wattical Award 2017Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt