Eins

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Unsicher zupfte ich am Ende meines Rockes herum, als ich durch die Gänge der Schule lief. Unwohlsein machte sich in meinem gesamten Körper breit und ich versuchte meinen Kopf so tief zu halten wie nur möglich. 
Ich wollte nicht hier sein. Dennoch trugen mich meine Füße über die Flure der Schule und mein Griff um meine Tasche verstärkte sich ein wenig bei dem Gedanken daran, gleich im Unterricht sitzen zu müssen. 

In meinem Versuch, ohne große Vorfälle zu meinem Klassenraum zu kommen, hatte ich jedoch nicht bemerkt wie sich jemand mir von Hinten näher kam.

" Sammy, schätzchen! Was fällt dir ein, du hast heute in der Früh vergessen zum Training zu kommen. " ertöhnte eine zuckersüße Stimme von rechts.

Mein Kopf schnellte nach oben und ich drehte mich um, nur um die gewaltige Erscheinung meiner Mitschülerin Ashley wahrnehmen zu müssen. Mein Herz rutschte nach unten und meine Laune sank augenblicklich noch ein bisschen tiefer. Es war genau das, was mir an einem Montag morgen gefehlt hatte. Innerlich rollte ich mit den Augen, nach dem ich mich gesammelt hatte und ihr antworten konnte.

" Ashley, tut mir leid ich hatte verschlafen." Mein Ton kam etwas schärfer rüber als ich eigentlich bedacht hatte, doch Ashley schien sich nicht daran aufzuhängen.

Lächelnd nickte sie und erinnerte mich in einem tadelnden Ton  "Morgen will ich dich pünktlich auf dem Platz sehen!" 

Ich presste meine Lippen aufeinander, nickte und ohne ihr zu antworten, ging ich weiter und betrat meinen Klassenraum. Es waren kaum jemand schon da, weswegen ich mich ohne dumme Bemerkungen von anderen, auf meinen Platz niederlassen konnte und einmal tief durchatmete.
Bis der Unterricht beginnen würde hatte ich noch Zeit, weswegen ich in meiner Tasche wühlte bis ich mein kleines schwarzes Buch fand und herraus holte. Ich blätterte durch, bis ich eine leere Seite fand und fummelte dann einen Stift raus um meinen Gedanken einen anderen Ort zu bieten als den, den sie in meinem Kopf einnahmen. 

Doch nach nur wenigen Worten, die ich aufs Papier bringen konnte, wurde mir auch schon das Heft unter der Nase weggezogen. Bevor ich reagieren konnte und es der Person wieder aus den Händen reißen konnte, war sie auch schon ein paar Schritte von meinem Tisch weggegangen. Mit weit aufgerissenen Augen blickte ich sie an und realisierte, dass es wieder Ashley war die mir das Buch abgenommen hatte. 

Und da stand sie nun und las sich mein geschriebenes durch. Ihre Augen wurden immer größer und sie ließ das Buch sinken.

"Du nennst mich aller ernstes Barbie-Tusse?! Geht's dir noch ganz gut? " ihre sonst so ruhige Stimme zitterte leicht vor Wut. "Ist dein Leben wirklich so erbärmlich, dass du darüber Tagebuch führen musst?" 

Sie lachte leise, doch ich konnte in ihren Augen erkennen wie sauer sie war über meine Worte. Die wenigen Mitschülerinnen, die mit uns im Raum waren, verließen den Klassenraum ungefragt und auf einmal waren wir allein. 

Ich versuchte tief durchzuatmen, um mich zu sammeln und schaute ihr genau in die Augen. 

"Wie wäre es damit, du verschwendest deine süßen, klebrigen Lippen nicht damit zu reden sondern setzt sie da ein, wo du weißt, dass du darin gut bist?" 

Ein kleines Grinsen schlich sich auf meine Lippen, jedoch beschleunigte sich mein Herzschlag expotentiell.
Entsetzt schaut sie mich an und ich konnte sehen wie ihre Hände sich vor Wut verkrampften. Das sie nicht die Unschuld von Person war, wusste so gut wie jeder. Doch ich bezweifle, dass jemand sie so direkt drauf angesprochen hatte, was sie so trieb wenn wir mal ausgang hatten. 

"Wenn ich du wäre, würde ich jetzt mal ganz leise sein!" drohte sie mir in einer unheimlich ruhigen Stimme. 

"Sonst was?" fauchte ich zurück obwohl ich wusste, dass das vielleicht wirklich nicht die beste Idee war. 

"Wenn du denkst, die letzten zwei Monate hier waren für dich schon die Hölle" dabei hielt sie zur Verdeutlichung mein Buch hoch "kannst du dich auf was gefasst machen." 

Mit den Worten knallte sie mir mein Buch auf den Tisch und drehte sich von mir weg um den Rückweg anzutreten. Grade als sie sich umdrehte, flüsterte ich leise "Miststück" und sie schnellte wieder in meine Richtung.

" Was?"

Ich blieb stumm.

"Hast du mich grad im ernst Miststück genannt? "

Meine Augen wurden groß und ich versuchte mein bestes mein unschuldigen Blick aufzusetzen.

Ashley griff in meine langen roten Haare und zog mich zu sich heran.

" Hör mir mal zu, Sammy. Du hast hier nichts zu sagen, ja?" ihre Stimme nahm wieder diese gefährliche Tonart an, was durch das leichte Flüstern mein Herz  weiterhin rasen lies. 

Doch ich wollte nicht, dass Ashley merkte wie sehr sie mich doch einschüchtern konnte. Also griff ich nur nach ihrer Hand in meinen Haaren und löste diese bevor ich ihr nur ein "Leck mich " ein den Kopf werfen konnte. 

Ihre Augen wurden gefährlich schmal und ehe ich reagieren konnte , hatte sie schon ausgeholt und mir mit ihrer flachen Hand ins Gesicht geschlagen.

Ich wusste nicht was zu erst kam, mein Entsetzen oder der kribbelnde Schmerz der sich deutlich bemerkbar machte in meiner Wange. 

" Verarschst du mich? Is DAS dein Ernst?" Sie hatte es geschafft, ich war nicht mehr eingeschüchtert oder angepisst, ich war stinkwütend. Das bisschen Angst vor Konfrontation was sich zuvor in mir eingenistet hatte, war vollkommen verschwunden. Mit meiner Hand schubste ich sie von mir weg und sah sie an. Allein ihr Anblick ließ das Blut in meinen Adern zum Kochen bringen. Ich hasste solche Mädchen. 

"Tust du ein auf mutig , Sammy?" lachte sie falsch und kam auf mich zu, um mich kurze Zeit später zurück zu schubsen. Mein Rücken knallte dabei gegen den Tisch der hinter mir stand und ich zuckte ein wenig zusammen vor Schmerz. Aus meinem Augenwinkel sah ich wie Ashley noch mal ausholen wollte, doch von einer anderen Hand aufgehalten wurde.

"Das werden Sie schön bleiben lassen." hörte ich eine tiefe männliche Stimme sagen.

Die Rettung aus der Not lies mich ausatmen. Doch der Schmerz in meinem Rücken machte sich deutlich bemerkbar und ich kniff meine Augen zusammen während ich mich auf den Boden sinken lies.

" Verlassen Sie jetzt die Räumlichkeiten Miss. " hörte ich nun wieder die männliche Stimme, doch ich konnte mich noch nicht dazu bringen die Augen wieder zu öffnen. Langsam konnte ich die ganze Situation sacken lassen und das unangenehme Gefühl von Verlegenheit machte sich in mir breit. 

Das abgedämpfte Geräusch von Ashleys Absätzen auf dem alten Parkettboden klackerte in meinen Ohren und ich vernahm ihren Abgang  in Richtung Tür. Wenige Sekungen später hörte ich Schritte die sich in meine Richtung bewegten und ich versuchte mit Mühe meine Augen zu öffnen, obwohl jede Faser in meinem Körper sich dagegen wehren wollte. Ich wollte mir gar nicht ausmalen, vor wem ich mich jetzt für diese peinliche Zicken-Aktion entschuldigen dürfte.

Oh mein Gott, seine Augen 

Es waren mit abstand die schönsten braunen Augen die ich bisher in meinem Leben gesehn hatte und ich musste erstmal meinen Kopf schütteln um mich wieder in die Realtiät zu holen. Der Mann, der sich über mich beugte schaute mich mit weichen Blicken an und hätte ich nicht schon auf dem Boden gesessen, hätte sein Anblick mir spätestens in dem Moment den Boden unter den Füßen weggerissen. 

"Ist alles in Ordnung bei Ihnen? " hörte ich ihn noch sagen, doch wie von selbst schlossen sich meine Augen wieder, ich merkte wie mein Körper langsam schlapp machte und ich lehte mich gegen die Tischbeine die hinter mir waren. 

Ein leises "Scheiße" war das Letzte was ich hörte bevor ich weg war.


Teacher » l.p.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt