#19 - Feuchtblutige Buschaktion

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Meine erste Reaktion war es, mich hinter den nächstbesten Busch zu hocken. "Scheiße! Scheißescheißescheiße."
Ich stützte mich auf den Händen ab und linste zwischen den Blättern hindurch. Warren schritt selbstbewusst an einzelnen, herumstehenden Partygästen vorbei auf die Tür zu. Er ließ gerade sein Handy sinken, als die Haustür aufgerissen wurde, Talitha heraussprang und ihm in die Arme fiel. Während sie ein paar Worte, die ich über die Musik hinweg nicht verstand, wechselten, steckten beide ihre Handys weg.
Irgendwann hatten sie sich genug ausgetauscht und Talitha schritt voran ins Haus hinein. Warren folgte ihr, nicht ohne unentwegt auf ihren Hintern zu glotzen.
Ich raufte mir die Haare. Was war hier verdammt nochmal los?
Am liebsten wäre ich bis zum Morgengrauen hinter dem Busch geblieben, aber David und Warren würden sich höchstwahrscheinlich an die Gurgel gehen. Also ignorierte ich meinen Instinkt und ging zurück ins Haus.
David. Ich musste David finden, bevor Warren es tat. Wo war er eben noch? Im Wohnzimmer? Im Keller? In den letzten fünf Minuten konnte er schon zehn mal das Zimmer gewechselt haben.
Ich machte den Anfang in der Küche. Als er nicht da war, machte ich im Wohnzimmer weiter. Um besser sehen zu können, stellte ich mich auf einen gerade frei gewordenen Stuhl, und wurde prompt von einem Typen angequatscht.
"Bist du die Stripperin?"
"Nein. Lass mich in Ruhe", fauchte ich ihn an.
"Mike!", rief ein anderer Typ, der bestimmt einen Kopf kleiner war als ich. "Was geht?"
"Die da strippt jetzt", kam es freudig erregt von Typ 1.
Die Glubschaugen von Pimpel 2 wanderten zu mir und meinen Körper hinab. Das wurde mir zu bunt. Ich sprang unelegant vom Stuhl und flüchtete zur Kellertreppe. Hier begann das Reich der Kiffer. Schon auf den Stufen nach unten sah man den Rauch in der Luft schweben. Wenn David irgendwo war, dann doch ganz sicher hier, oder?
Darauf bedacht, nicht zu stolpern, ging ich die Stufen hinunter in den Keller Schrägstrich Davids Zimmer. Überall verstreut hingen Gestalten rum, manche aufgeweckter als andere. Ich ging an allen vorbei und checkte, ob sich David unter ihnen befand. Doch ich wurde nur mit großen Augen angestiert.
Also ging ich wieder nach oben und dann nach draußen. Ich folgte einem Pärchen auf einem winzigen Pfad zwischen Nadelbüschen hindurch hinters Haus und entdeckte David, Warren und Talitha im Kreis stehen. Zügig stiefelte ich auf sie zu, schon darauf gefasst, zwischen die beiden gehen zu müssen. Aber als ich ankam, lachte David gerade über irgendwas, während Warren sich eine Zigarette ansteckte.
"Lora", hauchte David meinen Namen, zog mich zwischen sich und Talitha platzierte seine warme Hand an meinen Hintern.
"Was...?", fragte ich Talitha und war zu perplex, um einen richtigen Satz zu formulieren.
"Alles unter Kontrolle", grinste sie. "Ich habe Warren mitgebracht." Dabei klopfte sie ihm auf die Schulter, als wären sie Buddys fürs Leben.
"O-kay", sagte ich stockend. Jetzt verstand ich gar nichts mehr. Warum gingen sie sich nicht an die Gurgel?
"Warren und ich gehen rein", verkündete Talitha mir zuzwinkernd und zog meinen Ex am Ärmel hinter sich her.
"Talitha hat ihn ordentlich am Rockzipfel. Er hat sich sogar entschuldigt", sagte David. Bei meiner Reaktion lachte er und dieses Lachen kam so tief aus seiner Kehle, dass seine Brust vibrierte. "Mach den Mund zu, Lora. Oder soll ich ihn schließen?"
"Ich kapier das nicht. Warren verhält sich nicht so. Da stimmt doch irgendwas nicht."
"Lora, ich habe dich gerade zum knutschen aufgefordert."
"Nimm die Hand von meiner Titte. Unter diesen Umständen kann ich nicht knutschen. Weder das noch irgendwas anderes."
Er küsste meinen Hals. Ich drückte ihn von mir. "David, wirklich. Ich glaube, dass Warren-"
"Du liebst ihn noch, oder?"
"Was?", rief ich entgeistert.
"Ich wusste es. Deshalb schläfst du auch nicht mit mir!"
"David, nein! Ich HASSE Warren."
"Nein, du liebst ihn." Er sah mich an wie ein geprügeltes Tier.
"Er hat mich gedemütigt, verletzt, meine Familie entzweiht und ist immer noch nicht aus meinem Leben verschwunden. Wie könnte ich ihn da noch lieben?", fragte ich.
"Genau das ist es ja! Er ist immer noch hier und sorgt dafür, dass du ihn nicht vergessen kannst."
"Das hat doch nichts damit zu tun, ob ich ihn noch liebe oder nicht!"
"Er sorgt auch dafür, dass du deine Liebe zu ihm nicht vergessen kannst."
"Was redest du da für einen Blödsinn? Ich hasse ihn verdammt nochmal!" Den letzten Satz hatte ich geschrien.
"Und warum sagst du mir dann nie, dass du mich liebst?"
Die angehaltene Luft floss aus meinen Lungen und die unerträgliche Wut in meinem Kopf war verschwunden.
"David."
"Nein." Er hob die Hände, ging an mir vorbei und verschwand hinter den Büschen und Bäumen seines Gartens.
"Na toll!", sagte ich zu mir selbst und ließ mich auf einen riesengroßen, grauen Stein sinken.
Das hatte ich wirklich super hingekriegt. Wie David mich angesehen hatte... so schaute kein Badboy und auch kein Herzensbrecher, dem es Spaß machte, kleine Mädchen leiden zu sehen. Er schien tatsächlich etwas für mich zu empfinden.
Und ich? Was empfand ich?

Die Anonymen Badboy OpferWo Geschichten leben. Entdecke jetzt