Am nächsten Morgen kam Lucy wie am Morgen zuvor, um Helena zu wecken. Doch die Königin lag bereits wach im Bett und kaum war ihre Tante verschwunden, erhob sie sich, zog sich um und aß ein wenig von dem Essen, welches Lucy ihr gebracht hatte. Danach wusch sie sich mit dem Wasser aus der Schüssel und trat dann nach draußen.
Die Sonnenstrahlen kitzelten sanft ihr Gesicht und Helena rieb sich die Augen und sah sich um. Einige Soldaten bereiteten sich Essen zu, andere kümmerten sich um ihre Ausrüstung, schliffen und polierten Schwerter neu.
Aufeinmal erklangen Hufgetrappel und laute Stimmen. Die telmarischen und wenigen narnianischen Soldaten, die Lucy begleitet hatten, erhoben sich und rannten aufgeregt in eine Richtung.
"Beschützt die Königin!", schrie der oberste Offizier.
Ein dutzend Soldaten kamen zu ihr gerannt und formatierten sich als Halbkreis vor Helenas Zelt. Sie hatten ihre Schwerter gezückt, so dass niemand ohne Verletzungen zur Königin gelangen würde. Im nächsten Moment tauchten Reiter zwischen den Zelten auf. Sie hielten genau vor Helenas Beschützern. An der Spitze ritt ein Mann, wessen Gesicht von einem Helm verdeckt war. Er stieg ab und da kamen Kaspian, Prinz Lorion und Lucy herbei. Sie gesellten sich zu Helena und blickten abwartend zu den Ankömmlingen.
Der Mann zog seinen Helm vom Kopf und zum Vorschein kamen braune Haare und freundliche grüne Augen.
"König Thoman", brachte Kaspian überrascht hervor. "Wir hatten nicht mit Euch gerechnet."
"Ich denke, dass ich diesen Satz weitergeben kann", meinte der Herrscher Archenlands nur und sah sich um. "Mir ist zu Ohren gekommen, dass Ihr Euch hier befindet, doch konnte ich dies nicht so recht glauben. Ich wollte mir selbst ein Bild machen und was sehe ich? Der telmarische König hat sein Lager in meinem Reich aufgeschlagen, ohne mir zuvor ein Wort zukommen zu lassen."
"Verzeiht, wenn ich Euch verärgert habe ...", begann Kaspian.
"Dies habt ihr nicht", unterbrach Thoman ihn und sah wieder zu ihm. "Archenland ist ein treuer Freund und Verbündeter Narnias. Was wäre das für ein Benehmen, wenn wir bei solch einer Tat verärgert sein würden?"
Kaspian vollführte eine Handbewegung und seine Soldaten ließen die Waffen sinken.
"Eine Frage bleibt dennoch offen: Wieso diese Geheimniskrämerei?"
Kaspian holte Luft und wollte die Situation erklären, als Helena ihm aber ihre Hand auf den Unterarm legte und hervortrat.
"Eure Majestät", sagte König Thoman erstaunt und kniete augenblicklich nieder. "Ich habe Euch nicht erkannt."
"Erhebt Euch, Ser. Es besteht kein Grund vor mir im Dreck zu knien", meinte Helena freundlich.
Thoman erhob sich und sah sich die Begleiter des Mädchens und des telmarischen Königs genauer an. "Königin Lucy. Verzeiht meine Blindheit."
"Ihr tut Recht daran, zuerst die Anwesenheit unser in Frage zu stellen", erwiderte Lucy nickend mit einem Lächeln auf den Lippen.
Der archenländische König senkte erfürchtig das Haupt und blickte dann zu Lorion. "Und wer seid Ihr? Euer Gesicht kommt mir bekannt vor, doch erinnere ich mich nicht an Euch."
"Prinz Lorion von Kalormen, Euer Gnaden", antwortete der junge Mann ehrlich.
"Was macht der kalormenische Prinz so weit entfernt von seinem Land?", fragte Thoman kühl.
"Ich bin ein Begleiter der Königin", antwortete Lorion. "Meine Aufgabe ist es, sie sicher zu einem Treffen mit meinem Vater zu bringen."
"Hat die Königin keine eigenen Beschützer?", stichelte Thoman.
"Es reicht", rief Helena. "Genug! Wenn es Euch beliebt, lade ich Euch zu einem Becher Wein ein, König Thoman. Die Reise war sicherlich anstrengend. Ein Schluck vom süßen Telmarischen wird Euch vielleicht ein wenig Ruhe bringen."
"Nichts würde ich jetzt lieber tun." Thoman hob die Hand und ein Bursche eilte herbei, um sich um sein Pferd zu kümmern. Dann folgte er der Königin in Kaspians Zelt, im welchen ein flacher Tisch stand.
"Wir mussten die Möbel am Haug zurücklassen, da wir sonst nicht den Pass überqueren konnten", erklärte Lucy, während Kaspian Wein in vier Becher goss - Lorion war draußen geblieben.
"Deswegen müssen wir knien", beendete Helena Lucys Satz. "Wenn Ihr nichts dagegen habt, natürlich."
"Nein, nein. Ich habe nichts dagegen", sagte Thoman mit einem freundlichen Lächeln und die vier Adligen knieten sich mit einem Becher Wein in der Hand um den Tisch. "Wenn ich mir die Frage erlauben darf: Wieso habt Ihr mir nicht zukommen lassen, dass Ihr durch mein Land reist?"
"Ich dachte nicht, dass wir uns so lange hier aufhalten würden", antwortete Helena. "Ich hoffte, ohne Euer Wissen Archenland zu passieren."
"Verzeiht, meine Königin, aber das klingt nicht glaubwürdig."
"Euer Ton gefällt mir nicht, König Thoman", bemerkte Helena missbilligend.
"Dies tut mir äußerst leid, doch, mit Verlaub, müsst ihr mein Misstrauen verstehen. Immerhin sind gefährliche Zeiten", meinte der archenländische Herrscher.
"Wie meint Ihr das?", hackte Kaspian nach.
"Vor wenigen Monaten ist unsere geliebte Königin Isabella Maria Sophie, möge Sie in Aslans Land Ruhe gefunden haben, von uns gegangen. Ihr, Eure Majestät, habt König Titanos freigesprochen. Er hat nicht nur Eurer Familie Leid getan. Meine Familie hat ebenso gelitten!" Thomans sonst freundliches Gesicht hat sich vor Wut verzerrt.
"Ich wollte Euch nicht beleidigen, treuer Freund", sagte Helena. "Ich kann Euch nur noch einmal sagen, was ich Euch bereits zukommen gelassen hatte: Wir dachten, dass Ihr nicht bemerkt, dass wir Euer Land durchqueren wollten. Ich bin nach Kalormen eingeladen worden, da ich den Prinzen heiraten soll."
Thoman musterte die junge Königin argwöhnisch, doch schließlich nickte er. "Nun, gut. Dann kann ich Euch nur einen Toast aussprechen." Er hob seinen Becher und die Herrscher taten es ihm gleich. Er hatte ein Lächeln aufgesetzt, doch Helena, die ebenso lächelte wie er, sah deutlich die Missbilligung in seinen Augen.912 Wörter
Wie findet ihr die Story bis jetzt? Ich habe schon zwei Kapitel vorgeschrieben und ich muss sagen, dass sie mir gefallen :D xD
Schreibt eure Meinung in die Kommis!
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Die Chroniken von Narnia - The Enemy of my Enemy || Band 6
FanfictionBuch 6 Wie weit würdest du gehen, um dein Königreich zu schützen? Würdest du dich mit deinem ärgsten Feind zusammenschließen? Ein Sturm zieht auf - einige Länder stimmen nicht mit der Politik der neuen Herrscherin überein, sie zweifeln. Die Königsh...