Der Zug ritt immer östlich entlang des Flusses - ein guter Wegweiser und ein Tropfen Leben ebenso. Sie würden bis zum Gebirgszug reiten und dann immer gen Süden, bis sie die Oase passiert und Tashbaan erreicht hatten, so hatte Lorion es Helena zumindestens erzählt.
Die Königin wurde von Mal zu Mal unruhiger. Wenn etwas schiefgehen würde, würde sie alle mit in den Tod ziehen, die ihr wichtig waren. Zephir schnaubte, als würde er ihre Unsicherheit spüren.
Er tut es, dachte Helena. Er weiß um meine Angst.
"Nicht mehr lange." Helena zuckte bei Kaspians Stimme zusammen. "Nicht mehr lange und wir erreichen das Gebirge."
Das Mädchen atmete tief durch und blinzelte ein paar Mal, dann hatte es sich wieder gefasst. "Glücklicherweise haben wir Wasser. Sonst wären wir in dieser Hitze unlängst gestorben." Zephir riss wie zur Zustimmung unentwegt den Kopf hoch.
Als die Nacht hereinbrach, erreichten sie den Gebirgszug, doch dieses Mal hielten sie nicht. Kaspian meinte, dass es das Beste wäre, so weit zu reiten, wie ihnen Kraft blieb. Wenn sie zu lange warteten, würde es wahrscheinlich zu spät sein, um die kalormenische Königin und deren Tochter zu retten - und da stimmte ihm auch Lorion überaus zu.
Der Himmel erhellte sich allmählich wieder, als sie die Oase erreichten. Die Reiter saßen ab, tränkten ihre Pferde und aßen etwas. Helena hatte sich ein wenig von den anderen entfernt, auch wenn sie nicht wirklich allein war, denn die Blicke ihrer Garde ruhten wachsam auf ihr. Zephir hob seinen Kopf und spitzte die Ohren, als der karlomenische Prinz sich zu ihr gesellte.
"Ihr scheint Angst zu haben", bemerkte der junge Mann.
Helena sah abrupt auf, ein Funkeln blitzte in ihren Augen. "Was denkt Ihr, sollte ich sonst fühlen? Freude? Ich versuche, Eure Familie zu retten. Setze mein Leben und das Leben meiner Freunde auf's Spiel. Und was kriege ich? Eine dumme Bemerkung eines vor Angst schlotternden und unfähigen Prinzens!"
Respektvoll neigte Lorion sein Haupt. "Verzeiht -"
"Haltet den Mund!", herrschte Helena ihn an. "Es kommt sonst nur sinnloses und gestelltes Geschwafel heraus."
"Es geht weiter!", rief in diesem Moment Kaspian und mit einem wütenden Blick schwang Helena sich auf ihr Pferd und ritt zu ihrer Tante.
Die letzte Etappe der Reise schwieg das Mädchen. Die Trupp hielt kein weiteres Mal, so dass sie bei Einbruch der Nacht Tashbaan vor sich erblickten. Lorion schloss zu Kaspian an der Spitze auf, und Helena, die neben Lucy genau hinter den beiden ritt, schenkte ihm keinen Blick.
Kaspian schickte einen Reiter vor, um sie anzukündigen. Als sie das Stadttor erreichten, wurden sie auch schon von dem Oberbefehlshaber des Heeres erwartet, der die Reiter durch die Stadt zum Schloss führte.
"Wir werden uns um Eure Pferde kümmern, Majestät", sagte dieser an Helena gewandt.
"Was ist mit unseren Begleitern?", wollte Lucy wissen.
"Sie werden in der Kaserne untergebracht."
Lucy blickte argwöhnisch zu Kaspian, doch dieser nickte nur. "Ich danke Euch für Eure Gastfreundlichkeit."
Zusammen liefen sie die Stufen zur Eingangstür hinauf. Der Befehlshaber blieb oben stehen und blickte auf die königlichen Gäste herab. "König Titanos ist zurzeit beschäftigt. Ihr werdet erst morgen das Vergnügen haben, ihn zu sprechen. Ich wünsche Euch eine angenehme Nacht. Falls Ihr etwas benötigt, könnt Ihr mich gerne in Kenntnis setzen." Der Blick des Mannes blieb an Helena hängen und diese versuchte zu lächeln, auch wenn die Augen des Befehlshabers sie zu durchdringen schienen."Wie wollen wir das jetzt machen? Unsere Soldaten sind außer Reichweite. Sie kommen hier nicht rein und die Köngin und Prinzessin nicht raus", sagte Helena.
"Was ist, wenn wir es selbst versuchen?", schlug Lorion vor. "Wenn wir versuchen, meine Mutter und Schwester aus dem Schloss zu bringen?"
"Und wie wollt Ihr das anstellen?", hackte Helena nach. "Mit ihnen aus der Stadt spazieren, als wäre nichts?"
Lucy, die mit verschränkten Armen auf und ab gegangen war, blieb stehen und sah zu ihrer Nichte. "Du hast zwei unserer Soldaten vor deiner Tür. Wir befreien die Königin und deren Tochter und unsere Männer versuchen sie hinauszubringen."
"Es könnte funktionieren", stimmte Kaspin nickend zu. "Wir müssen nur vorsichtig sein und es muss heute passieren."
Helena schwieg und blickte nachdenklich hinaus in die dunkle Nacht. "Wir dürfen nicht scheitern. Unsere beiden Soldaten werden die Frau und Tochter des Königs befreien und dann raus aus der Stadt bringen. Am besten zur Oase. Und dort warten sie, bis wir morgen zu ihnen stoßen und zurück nach Telmar reisen."
"Ich werde Euren Männern helfen. Ich weiß, wo mein Vater meine Mutter und Lilja gefangen hält", sagte Lorion.
"Ich komme mit", meinte Kaspian. "Ich helfe Euch."
Helena sah die beiden Männer an und schließlich nickte sie. "So wird es geschehen."
Kaspian, Prinz Lorion und die telmarischen Soldaten liefen langsam durch die Korridore. Die beiden Adligen unterhielten sich, lachten ab und an leise und klopften sich lediglich auf die Schulter, wenn eine Geschichte gut war. Ihnen kamen wenige Dienstmädchen und Diener entgegen und auch kaum Soldaten waren postiert.
"Hier ist es", flüsterte Lorion und deutete um die Ecke, wo zwei Wachen vor einer Tür standen.
"Wir müssen die beiden ausschalten", meinte Kaspian, woraufhin Lorion nickte.
"Ein Leichtes."
Sie gaben sich ein Zeichen und liefen mit ihren eigenen Wachen um die Ecke.
"Guten Abend, meine Herren", begrüßte der Prinz die kalormenischen Männern. "Der liebe König Kaspian und ich sprachen soeben über die hübschesten Frauen. Was denkt Ihr? Besitzt Kalormen oder Telmar die schönsten?"
"Verzeiht, Herr, aber ich war noch nie in Telmar", sagte der eine.
"Ich schon. Vor wenigen Monaten hatte ich die Ehre unseren König zur Versammlung zu geleiten", meinte der andere.
"Ich will Euch ein Geheimnis erzählen." Lorion beugte zu dem ersten Mann hervor und flüsterte ihm ins Ohr: "Ihr werdet nie Telmar zu Gesicht bekommen." Kaum hatte er dies ausgesprochen, sanken die beiden Wachen röchelnd zu Boden. Ihre Kehlen waren aufgeschnitten und Lorion wischte das Blut vom Dolch an dem Umhang des einen Mannes ab.
Nun öffnete der Prinz die Tür und die beiden Frauen, die sich in dem Raum befanden, erhoben sich abrupt.
"Lorion!", rief das junge Mädchen und warf sich mit einem Schluchzen an seinen Hals.
"Lilja." Lorion hielt seine Schwester fest im Arm, während die telmarischen Soldaten die Leichen in den Raum zogen.
"Wir müssen das Blut beseitigen", sagte Kaspian. "Nehmt den Stoff der Mäntel."
Mühselig versuchten sie das Blut fortzuwischen. Erst dann schlossen sie die Tür und liefen hastig durch das schloss. Die Königin und Prinzessin hatten jeweils einen Umhang, den Kaspian und Lorion von Helena und Lucy hatten, um und die Kapuze tief ins Gesicht gezogen.
Sie hielten nicht, liefen zielstrebig zu Helena und Lucy. Sie betraten mit klopfendem Herzen das Zimmer und erst als die Tür verschlossen war, atmeten sie erleichtert aus.
"Wurdet ihr gesehen?", wollte Lucy sofort wissen.
"Das Glück war unserer Seite. Niemand ist uns über den Weg gelaufen", antwortete Kaspian und blickte aus dem Fenster, tief hinunter in die Dunkelheit. "Los! Ihr müsst Euch beeilen."
"Kommt mit uns", sagte Königin Maleficent an Helena gewandt. "Wenn Titanos erfährt, dass meine Tochter und ich geflohen sind, wird er Euch Schlimmes antun."
"Seid unbesorgt, Maleficent. Ich weiß, was ich tue. Wichtiger ist es, dass Ihr in Sicherheit seid", erwiderte Helena.
Zögernd traten die Königin und ihre Tochter ans Fenster. Zuerst kletterte der eine telmarische Soldat das Seil hinunter, dann die beiden Adligen und schließlich der zweite Soldat. Helena blickte ihnen hinterher, bis die Dunkelheit sie verschluckt hatte.
Das Mädchen atmete tief durch und wandte sich an die anderen. "Ich hoffe, sie schaffen es sicher aus der Stadt."1243 Wörter
Heute ein längeres Kapitel als gestern. Ich werde in Zukunft auch Gifs selber machen und nehme als Darsteller die Schauspieler von Reign.
Gestern habe ich aus Langeweile übrigens dieses Bild gemacht:
Ich weiß, dass Eustachius nicht drauf ist, aber es war generell schon schwer überhaupt alle raufzubekommen xD
Noch einen tollen Tag :*
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Die Chroniken von Narnia - The Enemy of my Enemy || Band 6
FanfictionBuch 6 Wie weit würdest du gehen, um dein Königreich zu schützen? Würdest du dich mit deinem ärgsten Feind zusammenschließen? Ein Sturm zieht auf - einige Länder stimmen nicht mit der Politik der neuen Herrscherin überein, sie zweifeln. Die Königsh...