Kapitel 3 - Pflichten

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"Lorion?" Verblüfft musterte Susan den jungen Prinzen von Kalormen. "Wieso wollte dein Berater Helena töten?"
Der Prinz schritt auf den Tisch zu und blieb vor den drei Erwachsenen stehen. "Kurz vor meinem Aufbruch hat mein Vater den Mann eingestellt. Ich kannte ihn nicht und hatte ihn noch nie zuvor gesehen, doch benahm er sich nicht wie ein Berater."
Kaspian deutete auf einen freien Platz, während er aufmerksam zuhörte, und Lorion ließ sich auf einem Stuhl nieder, ohne seinen Bericht zu unterbrechen.
"Er hat immer wieder Nachrichten geschrieben und Boten oder Vögel losgeschickt, wenn er dachte, dass ich nicht zusah. Wahrscheinlich hat er meinem Vater geschrieben und nach dieser Tat ist mir das durchaus klar." Lorion blickte zwischen den dreien umher. "Mein Vater war nie ein Freund der Narnianen und Telmarer gewesen, jedenfalls nicht, soweit ich weiß. Königin Helena mag ihn damals freigesprochen haben, nachdem er ihren Vater gefangen genommen hatte, doch war dies ein Fehler. Er hat sich heimlich mit seinen Heerführern in seinem Strategiezimmer getroffen und ich kann nur ahnen, worüber sie dort gesprochen haben." Der junge Mann schloss die Finger ineinander und sah ernst in die Runde. "Ich bin nicht nur der Königin wegen hier, sondern auch, um euch zu warnen."
Stille erfüllte den Raum und nervös blickte Susan zu ihrem Mann.
Eustachius seufzte und fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. "Wir müssen mehr Wachen aufstellen. Helena ist nicht sicher."
Kaspian nickte zustimmend. "Kalormen hat viele Streitkräfte."
"Doch wir haben die Armee Narnias und Telmars, und Archenland steht uns ebenso bei", warf Eustachius ein.
"Ich werde Peter benachrichtigen und Edmund, wenn der Brief ihn überhaupt erreicht", sagte Kaspian. "Helenas Vater wird sicherlich sofort zu uns kommen und dann werden wir zusammen alles besprechen."
"Und was ist, wenn es nur ein Missverständnis war? Vielleicht hat König Titanos nichts damit zu tun und wir machen einen gewaltigen Fehler, weil wir zu früh und unvorsichtig gehandelt haben."
"Susan, hör mir zu." Kaspian faltete seine Hände ineinander und blickte seiner Frau in die Augen. "Jemand wollte die Königin umbringen und das war sicher kein Versehen. Du kennst Titanos und du kanntest seinen Bruder. Bisher war kein Herrscher Kalormens mit den Narnianen und den Telmarern froh gesinnt. Wir müssen Peter benachrichten!"
Eustachius nickte. "Ich sehe das genauso. Wir können über sowas nicht einfach hinwegsehen."
Kaspian sah abwartend seine Frau an, doch diese reagierte nicht. Schweigend lehnte sie sich in den Stuhl zurück - sie verstand.
"Prinz Lorion, ich lasse Euch Euer Zimmer zeigen. Wenn Ihr irgendetwas benötigt, lasst es mich wissen."
"Ich danke Euch, König Kaspian." Lorion erhob sich und verbeugte sich knapp. "Ich hoffe, mein Aufenthalt macht nicht noch mehr Probleme, als bereits geschehen sind."
Der Prinz Kalormens wurde von einem Diener herausgebracht und Eustachius seufzte. "Ich dachte, wir hätten einmal Ruhe."
"Wann hatten wir einmal wirklich Ruhe?", fragte Susan.
"Das ist schon so lange her, dass ich es nicht mehr weiß."
"Wenn ihr mich entschuldigen würdet." Kaspian erhob sich. "Ich werde jetzt die Briefe verfassen, damit sie so schnell wie möglich abgeschickt werden."
Zügigen Schrittes verließ der telmarische König den Saal, während Susan und ihr Cousin ihm hinterher blickten.
"Ich hoffe, wir begehen keinen Fehler", murmelte die Frau.
"Susan, wir müssen Peter benachrichten. Er hat ein Recht darauf, zu wissen, was geschehen ist. Was sollte denn schief gehen?"
Ja, was sollte den schief gehen? Als Peter damals nach Cair Paravel gereist war, war er von Titanos von dort verschleppt worden. Was, wenn er wieder von einem Heer erwartet werden würde, wenn er auf dem Weg nach hier her wäre?
"Susan?" Eustachius' Stimme riss sie aus ihren Gedanken.
Benommen schüttelte sie den Kopf, so dass die Locken umherflogen, und blickte abwartend zu ihm.
"Warst du beim Doktor?"
"Ja, erst gestern."
Eustachius öffnete den Mund, um weitere Fragen zu stellen, wie so oft, doch Susan schnitt ihm das Wort ab. "Mir geht es bestens. Danke, werter Cousin." Langsam setzte sich die Frau auf und nickte einmal dem Mann zu. "Ich werde nach Helena sehen."
Gemächlich verließ sie den Saal und lief zu Helenas Zimmer. Als sie vor der Tür stand und sie gerade öffnen wollte, hörte sie ein Türknarren und blickte umher. Lorion hatte sein Zimmer verlassen und stand nun vor dem geschlossenen Holz. Er starrte sie stumm an, sein Blick zeigte Nervosität auf. Als wäre er bei etwas ertappt worden.
Er fing sich wieder und nickte der Königin erfürchig zu. Abrupt wandte er sich um und schritt hastig davon. Seine Schuhe klackerte aufgrund des niedrigen Absatzes auf dem Holz und sein braunes Haar wehte umher.
Verwundert sah Susan ihm nach, bis er um einer Ecke verschwunden war. Sie schüttelte den Kopf, als könnte sie das Gesehene fort treiben, und öffnete leise die Tür. Das Holz quietschte kaum hörbar und eine Diele knarrte beim Betreten des Raumes.
Helena schlief seelenruhig. Ihr Atem ging flach und ihr Gesicht zeigte keinerlei Regungen auf - sie schien ohne Sorgen. Sie hatte sich auf die Seite gedreht, so dass Susan ihr Gesicht sehen konnte. Ihre Hände lagen unter ihrem Kopf und die Decke war verrutscht.
Die Frau setzte sich auf die Bettkante und musterte das friedliche Gesicht. Sie zog die Decke wieder hoch bis zu Helenas Schulter und strich ihr sanft über das braune Haar. In diesem Moment verzog das Mädchen das Gesicht, als würde es Schmerzen haben. Es gab wimmernde Laute von sich und besorgt rüttelte Susan Helena an der Schulter. Abrupt schreckte sie und sah schwer atmend in die blauen Augen.
"Helena, ist alles in Ordnung?", fragte Susan sofort.
"Ich ... Ich habe nur schlecht geträumt." Helena rieb sich die Augen und setzte sich auf. "Wie lange sitzt du schon hier?"
"Ich bin gerade erst hineingekommen. Prinz Lorion von Kalormen ist da. Wenn du willst, kann ich euer Treffen verschieben ..."
"Ich hätte mich nicht noch einmal hinlegen sollen", murmelte Helena und schwang sich aus dem Bett. Gemächlich lief sie zu ihrem Schrank und holte ein grünes Kleid heraus. "Das war schwachsinnig, schlafen zu gehen, obwohl ich erst aufgestanden bin ..."
"Nach solch einem Erlebnis, Helena, ..."
"Nach solch einem Erlebnis sollte ich normalerweise mit der Wache sprechen. Es ist meine Pflicht." Gekonnt schlüpfte das Mädchen in das Kleid.
"Du darfst nicht alles so ernst nehmen", meinte Susan.
"Ich muss alles ernst nehmen", konterte Helena und band die Schnüre zu. "Ich bin die Königin."
Seufzend erhob Susan sich. "Du versuchst zu sein wie deine Mutter, aber es wäre das Beste, wenn du das tust, was du für richtig hälst - nicht, was Belle für richtig halten würde."
Bei dem Name ihrer Mutter zuckte Helena zusammen. "Sprich nicht diesen Namen", flüsterte sie, während sie wie verträumt auf den Boden starrte. Da fasste sie sich wieder und sah ernst in die blauen Augen der Frau. "Sag nicht noch einmal ihren Namen."
Mit Tränen in den Augen stürmte das Mädchen aus dem Zimmer.
"Helena ...", versuchte Susan es zurück zu rufen, doch war es vergebens - die Königin war bereits verschwunden.

1146 Wörter

Prinz Lorion von Kalormen bekommt in diesem Buch etwas mehr Aufmerksamkeit als im letzten Teil.

Was denkt ihr über ihn?

Heute ist es so unfassbar warm und während andere ins Schwimmnad etc. gehen, habe ich mit meinen Freunden geskypt xD

Noch einen wunderschönen Abend :*

PS: Ich habe übrigens ein Malbuch begonnen. Ich bin kein großer Künstler, aber vielleicht interessiert es euch ja dennoch. Außerdem habe ich schon seit Langem ein Narnia-Fakten&Zitate-Buch. Schaut vorbei, wenn ihr Lust habt ^^

Die Chroniken von Narnia - The Enemy of my Enemy || Band 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt