Kapitel 11 - Geflohen

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Der Staub wirbelte auf und versuchte in Augen und Nase zu gelangen. Helena zog im Galopp das Tuch höher, welches ihre Atemwege schützen sollte. Sie sah sich nicht um, ritt zielstrebig auf die Oase zu. Zephir schnaubte unter ihr verächtlich. Auch ihn störte der Sand, der sich in seinen Nüstern ansammelte und seine Augen verunreinigte. Doch konnten sie nicht halten, denn König Titanos würde Jagd auf sie machen - er war noch nie ein Mann gewesen, der so leicht aufgab.
Schnell atmend hielten sie an der Oase und sogleich kamen ihnen Königin Maleficent, Prinzessin Lilja und deren Beschützer entgegen. Lorion schwang sich vom Pferd und umarmte seine Mutter und seine Schwester.
"Ihr habt es geschafft", murmelte er erleichtert.
"Ich will Euch ungern stören, aber wir müssen weiter", drängte Kaspian.
"Wenn wir die Pferde nicht tränken, brechen sie unter uns zusammen", erwiderte Lucy und stieg ab. "Die nächsten Meilen werden sie ohne Wasser nicht schaffen." Die Hochkönigin von Narnia zog ihr Pferd zum Wasser und gierig trank das Tier davon. "Helena?"
Das Mädchen blickte auf, als seine Tante seinen Namen sagte. Helenas Augen waren gerötet, nicht nur des Sandes wegen. Helena, ihre Tante, ihre Onkel, Sally und Lorion waren die einzigen, die es aus der Stadt geschafft hatten. Titanos hatte saubere Arbeit geleistet und jeden telmarischen und narnianischen Soldaten in der Taverne getötet.
Dank Lorion konnte sie aus der Stadt fliehen. Er kannte einen Geheimgang, der unsprünglich als Hinterausgang bei einer Belagerung diente. Man kam nur heraus, nicht herein.
"Edmund, nicht", erklang aufeinmal Kaspians Stimme. Der telmarische König versuchte den Hochkönig Narnias vom Absteigen abzuhalten. Edmund zeigte weniger Wunden auf als Sally und konnte somit auf einem eigenen Pferd reiten, doch wäre es das Beste, wenn er sich nicht bewegte.
"Sie braucht ... Wasser ..." Seine Stimme war nur ein Hauchen, schwach und zitternd.
"Warte." Kaspian hielt Edmund zurück und holte mit einem Trinkgefäß einer Wache etwas Wasser, welches er zuerst Sally dann Edmund verabreichte.
Helena hatte Zephir währenddessen zum Tümpel getrieben und ihn trinken lassen. Das Mädchen sah sich unsicher um und wandte das Tier an den Zügeln um, als es genug getrunken hatte.
"Wir sollten aufbrechen", meinte Helena und blickte mit zusammengekniffenden Augen in die Ferne.
"Mein Vater wird sicher einen ganzen Reittrupp zusammentrommeln. Wir werden einen Vorsprung haben", erwiderte Lorion.
"Aber nicht mehr lange." Helena gab ihrem Pferd die Sporen, so dass es einen Satz nach vorn machte und davongaloppierte. "Los, kommt!"
Lucy warf Kaspian einen wissenden Blick zu, dann schwangen sich auch die anderen in die Sättel und folgten der jungen Königin. Maleficent und Lilja saßen jeweils hinter einer Wache. Kaspian ritt hinter Edmund, damit, falls etwas passierte, er sofort einschreiten konnte.
Lorion holte zu Helena auf und warf ihr ab und an einen besorgten Blick zu.
"Könntet Ihr bitte damit aufhören?", sagte Helena, als sie Zephirs Tempo ein wenig gezügelt hatte.
"Ich wollte Euch nicht belästigen, doch mache ich mir Sorgen", meinte Lorion.
"Unnötige, wie es mir scheint."
"Wenn wir die Grenze zu Archenland passiert haben, sind wir sicherer, doch nicht vollkommen in Sicherheit", rief Kaspian.
Bald tauchte vor ihnen der Bergzug und der Fluss auf. Sie ritten immer weiter nach Westen, bis sie die Grenze zu Archenland erreichten. Der Weg führte sie durch die Hügellandschaften und in der tiefsten Nacht rasteten sie und zündeten ein kleines Feuer.
"Wir sollten hier nicht bleiben", meinte Kaspian, der sich unruhig umgesehen hatte und nun wieder die wenigen Schritte zur Feuerstelle zurücklief.
"Ja, ich weiß, aber Edmund und Sally sind noch zu schwach, um solch lange Strecken durchzuhalten", entgegnete Lucy, die sich über die junge Frau gebäugt hatte und ihre Wunden mit ein wenig Wasser pflegte.
"Wir sollten nicht einmal ein Feuer anzünden", brummte einer der Soldaten.
Kaspian ignorierte dies und sah sich stattdessen nach Helena um. Sie stand einige Meter entfernt, hatte ihm den Rücken zugedreht und die Arme um den Körper geschlungen. "Helena, geh nicht so weit weg!"
Das Mädchen reagierte nicht, doch er wusste, dass es ihn gehört hatte.
"Ich werde nach ihr sehen", sagte Lorion. Er warf einen Scheit ins Feuer, erhob sich und lief zu der jungen Königin.
"Majestät, Ihr sollet nicht so weit vom -"
"Meinetwegen werden alle verletzt", erwiderte Helena mit erstickter Stimme, als hätte sie Lorion nicht gehört. "Ich werde schuld an dem Untergang meines Reiches sein." Sie wandte ihren Kopf, so dass der Prinz ihre Tränen sah.
"Das ist nicht wahr. Wir werden das wieder richten. Mein Vater wird seine gerechte Strafe erhalten."
"Mein Onkel und seine Freundin sind verletzt. Sie könnten jeden Moment zusammenbrechen und sterben. Ich sollte diejenige sein, die bestraft wird", meinte Helena.
"Hört mir zu." Lorion packte sie an den Schultern und sah ihr tief in die Augen. "Wir werden das hinbekommen. Mein Vater wird für seine Taten büßen und Euch und Eurem Reich wird nichts geschehen - das verspreche ich."

800 Wörter

Heute mal ein kürzeres Kapitel.

Die weiblichen Herrscher des Hauses Kalormens hatten es geschafft - ob durch Zufall oder nicht, weiß wohl keiner xD

Was denkt ihr wird aus der Beziehung zwischen Helena und Lorion? Wenn ihr den Trailer gesehen habt, werdet ihr es sicher ahnen können :)

Die Chroniken von Narnia - The Enemy of my Enemy || Band 6Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt