Ein Häufchen Elend, bekleckert mit Schande

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Wie ein Häufchen Elend, bekleckert mit Schande und unglaublichen Selbsthass wurde ich in die Große Halle geführt, in der Odin auf seinem Thron saß und schon auf mich zu warten schien. Nicht weit von ihm entfernt standen Thor und Frigga, letztere konnte mir nicht einmal in die Augen schauen. Die Wachen um mich herum versteiften sich schlagartig, als ich begann meinen Blick durch die Menge schweifen zu lassen, die alle nur hier waren um zu sehen, wie mein Kopf zu Odins Füßen rollte. Sie wollten die gefürchtete Assassine fallen sehen, allein verbittert und ohne jegliche Ehre. Da hatten sie die Rechnung allerdings ohne mich gemacht.

„Ihr seit alle hier um mich zu sehen? Das wäre doch nicht nötig gewesen!", rief ich spöttisch aus und erntete dafür empörte Blicke und Ausrufe der versammelten Menge.

Odin jedoch schien das wenig zu beeindrucken, er machte sich nicht einmal die Mühe, die Menge zum schweigen zu bringen. Dies kratze an meinem Stolz und das konnte ich, auch wenn ich gleich sterben würde, auf keinen Fall zulassen. Dachte ich zumindest...

Es wurde kräftig an meinen Ketten gezogen, sodass ich strauchelte und drohte hinzufallen. Im letzten Moment behielt ich das Gleichgewicht und ersparte mir somit wenigstens diese Blöße, dennoch konnte ich diese dreckigen „tapferen" Drei und Sif aus der Menge heraus lachen hören. Oh wie gern ich ihnen allen die Kehle aufgeschlitzt hätte.

Viel zu kurz war der Weg, bis ich vorn bei Odin ankam und mit einen Fußtritt in meine Kniekehlen auf die Knie gezwungen wurde. Ich hatte nicht einmal richtig Zeit mich umzusehen, um doch noch einen Fluchtweg zu finden. Nicht weit neben mir, konnte ich schon den Richtblock erspähen und meinen Henker. Er war ein Großgewachsener, mit Muskeln bepackter Ase, der mich dreckig anlächelte und eine Axt demonstrativ hin und her schwanken ließ. Augenblicklich überkam mich die Übelkeit, doch ich versuchte sie zu ignorieren und keinem diese Genugtuung zu gönnen. Ich bin schon eine Enttäuschung für Thanos, weil ich es so weit habe kommen lassen. Ich will ihm nicht noch mehr Schande bereiten...mir noch mehr Schande bereiten.

„Lyra Thanosdottir...", rief Odin aus und bei diesen Namen zuckte ich unwillkürlich zusammen.

Ich war seine Assassine, seine Schülerin, seine Dienerin und seine Sklavin, doch niemals werde ich seine Tochter sein, egal wie oft er mich als solche vor seinem Hof bezeichnet.

„Hiermit verurteile ich, Odin Allvater, dich wegen Mord, Täuschung, geplanten Mord und Verrat an der Königsfamilie zum Tode.", sprach Odin weiter und mir entfuhr ein Zischen.

Sofort ließ ich meinen Blick durch den großen Saal schweifen und musste feststellen, dass ich nur hasserfüllte oder schadenfrohe Blicke zugeworfen bekam. Einzig allein die Königsfamilie, GERADE DIESE VERABSCHEUUNGSWÜRDIGE FAMILIE, blicken mich eher Mitleidig an. Wieder spürte ich, wie mir etwas Galle hochkam und am liebsten hätte ich mich nur aus Protest und Demütigung genau vor Odins Füßen erbrochen. Allerdings würden es alle falsch deuten, nämlich als Schwäche und das dürften sie auf gar keinen Fall tun.

Wieder einmal wurde mir klar, wie ähnlich ich Loki doch war... zu meinem tiefsten bedauern.

Ich wollte mich mühsam erheben, um nicht länger vor Odin knien zu müssen, doch mir wurde sofort wieder von einer Wache gegen die Beine getreten, sodass ich dieses Mal auf allen vieren landete. Darauf geschah etwas, womit ich nie gerechnet hätte und was mich zutiefst mit Ekel erfüllte. Thor wies die Wachen zurück und zog mich mit einem Ruck seiner Hand um meinen linken Arm auf die Beine. Leicht verwirrt über diese Situation kam ich wieder auf die Beine, ehe ich es richtig begriff und meinen Arm sofort wegriss und rückwärts stolperte, Hauptsache weg von diesem Abschaum.

Ungläubig sah ich ihn an und konnte nicht begreifen, was er gerade gewagt hat zu tun. Noch nie, wirklich NOCH NIE hatte mir irgendein Wesen auf die Beine geholfen. Thanos hat mich früh gelehrt, dass man im Leben nicht verhätschelt wird und niemand einem aufhilft, wenn man wortwörtlich am Boden liegt.

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