Revelation 2*aktualisiert

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30.

Das tote Mädchen lag verborgen im Wasser des Bauchlaufes. Gurgelnd umspülte das Wasser, das Mädchen, durchweichte die weiße Baumwolle ihres Gewandes und fuhr zwischen die goldenen Strähnen ihres Haares, die daraufhin wie ein Heiligenschein ihr lebloses Gesicht umrahmte. Im Licht des Mondes, der durch das schwarze Gerippe der Bäume schien, glitzerten die Eiskristalle auf ihrer Haut. 

„Eis im Oktober, das ist kein gutes Zeichen!", sagte eine in schwarz gekleidete Frau, während sie die tanzenden Schneeflocken auf ihren Lederhandschuhen betrachtete bis diese sich in Eiswasser verflüssigten.

 „Ebenso wenig wie eine Leiche. Sieh dir das hier an!", murmelte die andere Frau. Sie griff nach dem nassen Handgelenk der Toten und drehte es herum. Ein langer Schnitt zeichnete sich auf der Pulsschlagader ab. 

„Sie haben sie ausbluten lassen!", fachmännisch untersuchte sie das tote Mädchen. Zog an den Schnüren über der Brust, die das Gewand zusammen hielten und erstarrte. Sie hob den Kopf und sah zu ihrer Begleiterin. „Freya. Sie haben das Herz entnommen."

„Dann ist es also sicher? Boudicca hat vor die Weltentore zu öffnen?"

„Ich fürchte, so ist es!"

„ Bei den Göttern, Caenna. Es ist wie Alainn es gesagt hat!", fluchte Freya.

„Woher wusste sie das? Es gibt so viele andere Möglichkeiten wie Boudicca ihr Ziel erreichen könnte. Wieso die Tore? Wieso gerade dieses Ritual?", Caenna Namara ließ die Hand des leblosen Mädchens sanft in den Flusslauf gleiten und erhob sich. „Woher hat Alainn all diese Informationen?" Freya zuckte unbeteiligt mit den Schultern und folgte dem Bachlauf „Sie sagte, dass diese Banshee mit ihr kommunizierte!"

„Allison hat bestimmt Teile der Zukunft vorhergesehen, aber unmöglich die genauen Pläne Boudiccas! Also woher hat Alainn all diese Antworten?", Freya seufzte bei dem stechenden Blick ihrer Schwester: „Deine Tochter hat fast so viele Geheimnisse wie du, Schwester. Sie hat uns bestimmt einiges erzählt, aber niemals alles!"

„Wir sollten noch einmal mit ihr reden!", Freya Namara lachte. Zornige Blicke erntete sie von ihrer Schwester für ihren überschwänglichen Ausdruck der Freude. „Findest du das fair, Schwester?"

„Entschuldigung?"

„Wie viele Geheimnisse schuldest du Alainn?"

„Das ist etwas anderes. Ich bin ihre Mutter. Ich...", sie stockte und starrte auf die gefrorene Erde unter ihren Füßen. Auf dem nassen Laub bildeten sich Eiskristalle, die wie Spitzenbesetzte auf den farbenfrohen Blättern wirkten. „Bist du dir sicher, Caenna?", Freyas Stimme wurde lauernd: „Gibt es da wirklich soviele Unterschiede zwischen ihren und deinen Geheimnissen?".

Caennas Augen blitzen zornig: „Hast du Alainn schon die Bedeutung des Tattoos erklärt? Oder fangen wir leicht an: Ihr Vater. Hast du ihr von ihm erzählt?", Caennas schnaubte.

„Das ist dann wohl ein Nein!"

„Wir haben andere Probleme. Alainn hat andere Probleme. Was bringt es ihr, wenn ich ihr von ihm erzählen?", Freya zuckte mit den Schultern: „Vertrauen? Nähe?"

„Meine Tochter vertraut mir!"

„Tatsächlich?", Freya schnalzte abwertend mit der Zunge.

„Dann sag mir, wie es sein kann, dass sie sich Mitten in der Nacht zu Kiran Graham schleicht, um mit ihm über dich zu reden?", Freyas grüne Augen funkelten zornig. In wenigen Schritten war sie bei ihrer Schwester. Den Vorwurf, den sie nur indirekt ausgesprochen hatte, stand wie eine Leuchtreklame unübersehbar in ihrem Gesicht: „Du beschattest Alainn?"

„Wusstest du von dem Jungen?", Caenna schüttelte leicht den Kopf: „Ich weiß nichts konkretes!"

„Was ,Caenna, weißt du Konkretes von deiner Tochter?", zischte Freya. Caenna war schnell. Ihre Hände fanden den Hals ihrer Schwester. Freya stöhnte, als Caenna sie gegen einen Baum schleudert. Ihr Kopf prallte gegen den Stamm, rote Strähnen verfingen sich in der rauen Rinde. Ehe sie sich aufrichten konnte, waren Caennas Hände da, legten sich schmerzhaft um ihren Hals. „Du hast keine Ahnung, was ich die letzten Jahre durch gemacht habe! Du hast keine Ahnung, wie schwer es für mich war, neben dem Krankenhaus Boudicca aufzuspüren, die Augen überall nach Morgraines Spionen offen zu halten und gleichzeitig Alainn vor der Welt und vor sich selber zu beschützen. Du. hast. keine. Ahnung, welche Angst ich ausstehen musste, als Boudicca sie mit gerade einmal 9 Jahren entführte. Hast du auch nur den Hauch der Vorstellung wie es war ständig auf der Flucht vor Morgraine, Boudicca und der Inquisition zu sein? Du weißt nichts, Freya und ich verbiete dir, jemals wieder ein Urteil über mich zu erlauben!". Freya hob die Hände. Ein Friedensangebot.

„Verzeih, Schwester. Ich habe nicht nachgedacht!", Caenna nahm ihre Hände vom Hals ihrer Schwester. Sie stemmte ihre Hände in die Hüften und drehte sich von Freya weg, versuchte ihr schlagendes Herz und die aufkommenden Erinnerungen, zu beruhigen. Was hatte sie nur alles für Alainn getan. Für diese Welt. Und doch war sie dazu verdammt zu einer verblassenden Erinnerung einer Frau zu werden. Einer Frau mit so vielen Fehlentscheidungen, wie der Himmel Sterne zählte. Caenna hob die rechte Hand und blickte auf das verblassende Zeichen des Weltenbaumes: „Meine Zeit läuft ab!", murmelte sie mehr zu sich selbst, als zu Freya.

 „Ich habe alles getan, um Alainn vorzubereiten und sie zu schützen. Nun liegt es nicht mehr in meiner Macht. Die Göttin hat ihre Entscheidung getroffen!", Freya rieb sich den Rücken, indes ihre Augen Carnna scharf beobachteten.

„Was kommt als nächstes Schwester?", Freya erhob sich, streckte sich und wartete auf Caenna, bis sich diese vom Anblick der runden Scheibe am Himmel ab wandte. Als sie sich umdrehte, wirkte sie entschlossen: „Es gibt nur ein Weg!", sagte sie und trat auf ihre Zwillingsschwester zu. Caenna packte ihre Hände und sah sie fest an: „Ruf die Königin. Erzähl ihr alles. Erzähl ihr, dass ich die Schwellenorte dieser Welt aus den Analen gestrichen habe. Erzähle ihr von den gebrochenen Gesetzten und das ich weder Alainn ausgebildete noch der magischen Welt übergeben habe. Erzähle ihr einfach alles! Wir können nicht alleine Boudicca besiegen. Wir brauchen Morgraine!"

„Und du wirst ihr im Gegenzug das Weltenbuch geben?", fragte Freya und ein Flehen beseelte ihre Augen. Caenna sah ihre Schwester liebevoll an. Der Griff um ihren Händen verstärkte sich: „Du weißt, dass ich das nicht tun kann!", wisperte Caenna.

„Bitte Caenna. Nur das Buch wird dich retten können!", flehte Freya. Ihre Schwester lächelte: „Alainn ist die Zukunft. Meine Tochter wird die Welt neu ordnen- sowie die Moiren es mir vor Jahrhunderten phrophezeit haben. Und so wird es geschehen!"

„Ich kann das nicht tun, Caenna!", Freya legte ihre Stirn an die ihrer Schwester: „Es wird dein Todesurteil sein. Und ich weiß nicht, ob ich es ertrage, dich erneut zu verlieren!"

„Ach Freya!", Caenna strich über ihr Gesicht: „Alainn braucht Verbündete, um ihr Schicksal zu erfüllen. Und sie braucht eine Ausbilderin, eine Ratgeberin, die sie auf den richtigen Weg führt!"

„ Die Königin wird kaum eine gute Verbündete sein!"

„Nein,aber mit dir als Ausbilderin und Ratgeberin und im Kreise unserer besonderen Freunde wird sie es schaffen!"

„ Ich habe Angst, Caenna!", Caenna lächelte und küsste ihre Schwester:" Informierte die Königin, Freya!"

„Sie wird Prinzessin Zara als Vorreiterin schicken!"

„Dann sei es so!"

Officium #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt