15.
Blut tropfte wie Wasser aus einem lecken Wasserhahn aus ihrer Nase, auf den von Baustaub bedeckten, Fliesenboden. Sie stöhnte schmerzerfüllt auf, als sie versuchte sich auf zurichten. Caenna ärgerte sich über ihren eigenen Leichtsinn. Wieso hatte sie nur unbedingt die Abkürzung durch den leeren Krankenhausflügel nehmen wollen? Gerade noch, war sie in Gedanken versunken durch den Gang gelaufen, als urplötzliche eine Tür aufgegangen war. Mit einem schmerzerfüllten Stöhnen war sie zurückgetaumelt, als die aufschlagende Holztür sie schwer getroffen hatte. Sie war mehr als dreihundert Jahre eine Kriegerin gewesen und Achtsamkeit und Vorsicht waren die obersten Gebote einer Kriegerin?nWie konnten achtzehn Jahre, alle Schlachten, all das Blutvergießen und all ihre Erfahrung, nur ausgeblendet haben? Einige Strähnen des roten Haares hatten sich aus ihrem Knoten gelöst und hingen ihr nun ins Gesicht, als Caenna den Blick hob:"Boudicca!". Ihre Stimme war fest, doch die Gestalt in der schwarzen Robe, die nun zwischen ihr und dem Ausgang stand, hörte das leichte Zittern.
Weiße, lange Finger nahmen die schwarze Kapuze herunter und ein blasses Gesicht kam zum Vorschein. Caennas Ebenbild lächelte sie eisig an. Rote Haare und grüne Augen. Caenna schluckte schwer und hielt sich die blutende Nase.
„Wir haben uns ja schon ewig nicht mehr gesehen, meine kleine Enkelin!" Das Grün in den Augen funkelte belustigt, als sie für einige Sekunden das Aufflackern der Angst in Caennas Augen wahr nahm. „Nana. Du brauchst keine Angst zu haben, Caenna. Schließlich sind wir doch eine Familie!", gurrte Boudicca und zeigte ihre schneeweißen Zähne, als sich ihre Lippen zu einem siegesgewissen Lächeln kräuselten.
„Was, willst du?", zischte die Ärztin und richtete sich endgültig wieder auf. Hüftbreit aufstellen, einen festen Stand finden, dachte Caenna und fummelte in ihrer Kitteltasche nach etwas brauchbaren herum. Etwas Scharfes. Etwas, mit dem sie Töten konnte.
„Das weißt du ganz genau, Caenna. Ich bin hier um mir zurück zu holen, was du mir gestohlen hast!" Das Gesicht der Frau verzerrte sich wütend und die Maske aus Arroganz und Verführung verrutschte soweit, dass die Fratze des Hasses zum Vorschein kam. Es war nur ein kurzer Moment, aber es reichte, um einen eisigen Schauer über Caennas Rücken zu fegen.Wahnsinn gepaart mit Gier und Wut, eine Kombination, die Caenna Namara niemals wieder hatte sehen wollen. Eine Kombination vor der sie Jahre davon gelaufen war. Eine Kombination, die ihr Herz zum Rasen brachte.„ Ich kann es dir nicht geben!", knurrte Caenna und taumelte einige Schritte zurück.
„Du kannst oder du willst nicht? Das ist ein wichtiger Unterschied.", die rothaarige Frau ließ ihre langen Fingernägel über eine Holzplatte fahren, die an der Wand gelehnt stand, während sie Schritt für Schritt auf Caenna zu ging. Das quietschende Geräusch hallte durch die leeren Korridore bis sie im Nichts der Unendlichkeit verhallten.
"Ich kann nicht!", knurrte Caenna.
"Du willst nicht!", Boudicca fletschte ihre Zähne und das Grün in ihren Augen glühte rot auf.
"Ich habe einen Eid geschworen."
"Einen Eid?", sie warf ihren Kopf nach hinten und stieß ein tiefes, grollendes Lachen aus. Grollend wie der Donner kurz bevor ein Sturm aufzog:" Du schuldest der Gesellschaft nichts. Sie haben dich ausgestoßen!"
"Ich bin gegangen." Boudicca wollte etwas erwidern, stutze doch kurz und lächelte dann, als sei ihr gerade etwas Wichtiges eingefallen. :" Stimmt. Du bist gegangen! Und warum?", fragte sie und war in wenigen Schritten bei Caenna.
Diese schluckte schwer, Schweiß brach aus und alles was sie dachte war "Alainn".Die rothaarige Frau umkreiste sie, fuhr lasziv über ihre Schulter und kam ihr so nah, dass Caenna ihren Duft wahrnahm, während sie nur wie zu Eis erstarrt da stand. Blut und Schnee. Boudicca blieb hinter ihr stehen und hielt ihr dann, den Arm über die Schulter gelegt, ihren Zeigefinger vor das Gesicht.
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Officium #Wattys2016
HororAlainn, das Mädchen mit dem Feuerhaar, wünscht sich eigentlich nichts sehnlicher, als ihre heilige Pflicht als Hüterin der Fabelwesen zu erfüllen. Als ihre Mutter auf die glorreiche Idee kommt, sie in die winzige Stadt Wolfsbach zu verschleppen, koc...