Kapitel 18

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Niemand sprach. Nur mein Schluchzen war zu hören. Tarik zeigte seinen Ausweis und weiteren Papierkram, die die Polizei untersuchte und er sich zu mir drehte.
"Du wirst denen nichts sagen, tust so, als hätte ich keinen umgebracht."
"Was ist mit deinen Waffen und Drogen? Was wenn die was finden? Was wenn die Beweise haben?"
"Ich hab mich um alles gekümmert. Wir müssen da jetzt durch Hayatim. Wohn hier und pass auf die Kleine auf. Meine Jungs werden bei dir sein, tamam?"
"Tamam", weinte ich und drückte mich fester an ihm. Die Kleine war zwischen uns beiden gequetscht, doch ich war eher drauf fokussiert, mich von ihm zu verabschieden. Wer weiß, was nun passiert?
"Tarik ich hab so Angst", stotterte ich.
"Nein, brauchst du nicht."
Noch einen Kuss hauchte er an meiner Wange, Mund und anschließend auf die Stirn. Plötzlich nahm einer der Polizisten die Handschellen heraus und erst dann fielen mir die zwei weiteren Polizisten auf, die neu zugekommen waren. Geschwächt legte ich Kader in ihr Maxicosi und umarmte Tarik von hinten.
"Bitte nimmt ihn nicht mit", flehte ich sie an, doch einer packte mich grob an meinen Arm und schob mich zur Seite, während ein weiterer ihm die Fesseln anlegte und Tarik wie ein Tier behandelte, so asozial und rücksichtslos. Noch einmal küsste er meine Lippen und sah anschließend zu Kader ehe er mitgenommen wurde. Meine Blicke sahen aus dem Fenster, wie sie ihn reinsetzten und ich die Wand herunter rutschte.
Schnell nahm ich mein Handy zur Hand und wählte die Nummer von Harun.
"Hallo?"
"Harun Tarik wurde von der Polizei-
Moment Mal, das war nicht Harun. Es war eher Abeds Stimme.
"Abed?", fragte ich entsetzt.
"Harun ist grad unterwegs und hat sein Handy hier vergessen. Wenn er wieder kommt, ruft er dich zurück", sprach er kühl in den Hörer.
"Achso kein Hallo?", wurde ich wütend.
Wie lang war es her, dass ich von ihm was gehört hatte? Er war wie vom Erdboden verschluckt.
"Hayat, was passiert ist, ist passiert. Ich hatte dir gesagt, halt dich von Tarik fern."
"Mit keinem Recht Abed. Er macht mich glücklich. Er hat sich geändert."
"Naive Worte sind das. Man merkt dir an, dass du dich selbst überzeugen willst."
"So ist das also? Du bist kein bester Freund, kein Bruder, wenn du so von mir denkst. Ja, ich wusste, dass Tarik mich unter sich haben wollte. Ich hab es nie zugelassen und ich werde es auch nicht zulassen. Abed ich hatte so eine scheiß Zeit hinter mir und du bist gegangen. Du hast mich in dieser Zeit nicht unterstützt."
"Es hat keinen Sinn."
Nach seinen Worten legte ich auf und fing an, um das Doppelte zu weinen. Verdammt. Ich hatte meinen Anker so dermaßen vermisst und er? Sprach so kühl. Wieso ist er nur gegangen, wieso?
Ich sammelte mich, als Kader anfing zu weinen. Es war nicht ihr Hunger, sondern ihre Windel. Mühelos zog ich sie um, wechselte auch ihre Windel und cremte sie ein. Nachdem ich sie ein wenig stillte, legte ich sie auf mir und schaltete die Lampe neben mir an. Mein Handy nahm ich zur Hand und genau dann rief Harun an.
"Ja?", stotterte ich, aus Angst ich höre wieder Abeds Stimme.
"Hey,Hayat, was ist passiert?"
"Tarik wurde festgenommen", flüsterte ich und schon wieder wurden meine Augen feucht.
"Wieso das?"
"Wegen dem Mord an diesen Emre oder wie der hieß. Mein Vergewaltiger."
"Ich kenne Tarik. Der redet sich schon da raus."
"Was, wenn die irgendwelche Beweise oder Fingerabdrücke haben? Am meisten mache ich mir darüber Sorgen, dass er Drogen und Waffen hatte. Was, wenn er untersucht wird und man sieht, dass er dieses Zeug zu sich genommen hat?"
"Er nimmt seit Monaten keine Drogen mehr. Er hat sich um alles gekümmert und alles versteckt. Die werden bestimmt nochmal in seine Wohnung kommen, aber es hängt jetzt von dir ab. Du darfst denen nichts sagen. Oder ey, ich hab eine Idee."
"Ja?"
"Du bist einfach ein Zeuge und sagst, dass er die ganze Zeit bei dir war. Wenn die fragen, ob er für eine kurze Zeit gegangen sei, antwortest du mit Nein. Ich wette, dass er diese Aussage benutzt hat."
"Taman", murmelte ich nachdenklich.
"Soll ich zu dir? Hab gehört du hast Schiss", hörte ich sein Lachen.
"Halts Maul, garnicht. Ich schaff das schon allein."
"Okay."
Eine kurze Stille herrschte.
"Harun?"
"Ja?"
"Hab gehört du willst dich von Selma trennen."
"Ja will ich."
Diese Trauer in seiner Stimme kam deutlich zum Vorschein.
"Ich hab mit ihr gewohnt und ich schwöre es dir Harun, das wir hungern mussten. Durch Sex hat sie viel verdient und somit konnten wir auch irgendwie klar kommen. Sie hat es niemals freiwillig getan, niemals."
Er schwieg.
"Weißt du, wärst du und Tarik nicht in unser Leben getreten, dann wäre ich jetzt eine Prostituierte. Selma hat aufgehört, als sie Gefühle für dich entwickelt hat."
"Was soll ich machen? Meine Freundin lag unter zig Männern. Der Gedanke, dass jemand in ihr war, sie durchgenommen hat."
Er brach ab, denn er wurde wütend.
"Harun wie schon gesagt, sie hatte keine andere Wahl. Wir haben versucht einen Job zu finden, jedesmal wurden wir abgelehnt. Ins Besondere sie, weil sie einen scheiß schulischen Weg hatte."
"Wie geht es ihr?"
"Grottenschlecht. Sie hat geweint und wünscht sich dich zurück, aber ich glaube, dass sie wirklich denkt, dass es aus ist. Für sie war es verständlich. Ihre Worte waren, dass wenn sie einen Wunsch hätte, sie die Zeit zurück drehen würde und niemals mit Prostitution beginnt hätte."
"Ich will sie ja auch zurück, aber es ist so ein ekelhaftes Gefühl."
"Ich weiß, aber falls es wieder gut ist, sie soll es nicht fühlen, dass du dich davor ekelst."
"Ich lass mir nochmal alles durch den Kopf gehen. Danke Hayat."
"Nicht zu danken."
Wir legten auf.
Doch nach fünf Minuten rief erneut Harun an.
"Ja?"
"Soll ich sie jetzt gernicht kontaktieren oder wie?"
Lachend hielt ich mir die Hand vorm Mund. So sin Trottel.
"Hängt von dir ab. Am besten rufst du sie an und ihr sprecht nocheinmal. Die letzten Worte entscheiden immerhin und ihr habt die letzten Worte noch nicht gesprochen."
"Okay und ich informier mich über Tarik nochmal und wenn ich einen Termin hab, besuchen wir ihn."
"Danke Harun."
Was würde ich ohne ihn tun?
Ich war fix und fertig, dazu übermüdet, also legte ich mich zusammen mit Kader in Tariks Bett, was so stark nach ihm roch und ich den Duft wie eine Besessene in mich hineinzog.
"Gute Nacht mein Schatz", flüsterte ich zu Kader und wir beide drangen in einen tiefen, gleichzeitig erholsamen Schlaf.
Das starke Schlagen an der Tür weckte mich und ich stand mit halb offenen Augen vom Bett auf. Kurz sah ich zu Kader, die schlief und sah durch den Spionloch, doch die Person verdeckte wohl das Loch.
"Wer ist da?", fragte ich, aber die Person antwortete nicht.
"Ok Pech, dann nicht", sagte ich, obwohl ich große Angst hatte, da ich allein in der Wohnung war und wer weiß Gott was für eine Person sich hinter der Tür befand.
"Cem", antwortete nach einer Minute mein Bruder, den ich verabscheute.
"Hayat bitte öffne die Tür. Ich muss mit dir reden."
"Verzieh dich, sonst hast du es mit der Polizei zu tun."
"Hayat. Lass mich mit dir reden, es ist wichtig. Sonst wäre ich nicht gekommen."
Er klang besorgt und verzweifelt. Was war bloß passiert?
"Bist du allein?"
"Ja, ich schwöre."
Er schwört. Immerhin.
Langsam öffnete ich die Tür, doch der Spalt vergrößerte rasch und mir stockte der Atem. Angelogen. Er hat mich belogen. Ein anderer Mann stand hinter ihm. Mit einem Ruck schubste er mich nach hinten und der andere Mann kam grinsend in meine Richtung. Schlagartig hüpfte ich vom Boden und lief ins Schlafzimmer. Sofort drückte ich Kader an meine Brust und wollte die Flucht ergreifen, aber beide standen an der Tür, ich auf der anderen Seite des Zimmers. Ängstlich und Zitternd.
"Was wollt ihr?", presste ich außer Atem aus mir und schluckte trocken, da mir die Spucke verging und ich dem Weinen nahe war.
"Hab gehört dein Lebensretter hat gewisse Menschen unter die Erde geschickt. Jetzt drehen wir den Spieß um. Immerhin hat man in den Nachrichten mitbekommen, wie dein Held festgenommen wurde."
Meine Kehle war zugeschnürt und ich sagte Nichts, rein garnichts.
"Schnapp sie dir", forderte Cem den Fremden auf und er machte sich auf dem Weg zu mir.
Plötzlich zog er mir Kader aus den Händen und Cem nahm sie auf seinen verschmutzten Armen.
"Lass sie ja in Ruhe!", schrie ich drohend.
Böse lächelnd sah er zu Kader, als würde er sich grad vorstellen, wie er sie quält.
"Ich mach schon nichts", sagte er unschuldig, aber ich glaubte ihm kein Wort.
Der Fremde packte mich an meinen Armen und schubste mich in Cems Bett, während Cem Kader in ihr Maxicosi legte und sein Handy heraus holte.
"Drehen wir einen Porno", sagte er, als würde er ein Spiel vorschlagen.
"Aber davor gibts erstmal Vorspeise", ergänzte er.
Zappelnd schlug ich den Fremden, biss ihn, doch er scheuerte mir eine, sodass mir davon schwindelig wurde. Mein lautes Weinen wurde zu einem Wimmern, als er meine Arme fesselte und ich nichts tun konnte. Plötzlich schrie Kader und niemand tat was. Sie schrie am Spieß, doch der Fremde fuhr fort.
"Steh auf", forderte er mich auf und scheuerte mir erneut eine rein. Meine Wange schmerzte, deswegen tat ich nichts, sondern stand auf. Kaders Weinen.
Unerwartet krempelte er mein Oberteil bis zu meinem BH hoch.
"Was eine Bräune", sagte der ekelhafte Hund und ich zuckte, als er mit seinen Fingern darüber strich.
Plötzlich nahm er ein Feuerzeug und eine Zigarette heraus und ich erstarrte.
"Nein, nein, bitte tu es nicht", schüttelte ich meinen Kopf, doch vergebens. Cem nahm alles grinsend auf, als wäre es ein Film für ihn und Kader weinte weiterhin laut.
Mit meinem Gesicht zur Seite zischte ich, als ich das Brennen an meinem Bauch spürte und er damit weiterhin strich. Als würde er zeichnen, es machte ihm Spaß.
"Nana Hayat, sieh in die Kamera", lachte Cem und der Fremde zog an meinen Haaren.
Er spielte an meiner Hose herum und gelang erneut zu meinem Bauch. Danach rutschte er weiter nach oben und berührte mit Kraft meine Brust und ich schrie auf. Dieser Schmerz. Vorallem stillte ich und der Schmerz verging nicht. Tränen sammelten sich in meinen Augen und ich trat mit aller Kraft, die ich noch besaß ihm so enorm zwischen die Beine, das er laut aufschrie und zu Boden fiel. Sofort griff ich nach der Nachtlampe, die hinter mir stand und schlug sie gegen Cems Schläfe. Die Splitter setzten sich in seine zerplatzte Braue, aber er gab nicht auf.
"Handy hier", stotterte ich und lief vor ihm weg, als er mir hinter lief.
In der Küche nahm ich die Gabel und stach es ihm so fest es geht in seinem Magen. Und das immernoch gefesselt. Es klappte. Er fiel zu Boden. In Sekundenschnelle schnappte ich sein Handy, lief ins Schlafzimmer und nahm Kader aus ihrem Maxicosi.
"Du Schlampe", zischte der Fremde.
"Du Hurenstück", erwiderte ich und lief mit Kader und dem Handy aus der Wohnung.
"Hilfe!", schrie ich im Treppenhaus, da jeden Moment einer von Beiden kommen würde.
Überraschenderweise öffnete eine Frau die Tür und sah verwirrt zu mir.
Hinter mir sah ich Cem und lief ohne ein Wort in ihre Wohnung und schloss die Tür.
"Machen Sie nicht die Tür auf, bitte. Rufen sie die Polizei, ich flehe Sie an!", schrie ich weinend und drückte Kader enger an mich. Die Frau schloss die Tür zweimal ab, nahm ihr Telefon und ging durch alle Zimmer. Davor entfesselte sie meine Hände.
"Was?", hörte ich eine Männerstimme. Das Klopfen wurde immer schneller, schlimmer und brutaler. Er würde die Tür kaputt bekommen.
"Steh auf mein Kind und setz dich ins Wohnzimmer. Mein Mann macht das schon", sprach sie ruhig und nahm mich in den Arm. Mit einem Arm schlag ich diesen um sie und fing an wie eine Verrückte zu weinen.
"Ich danke Ihnen so enorm. Ich bin Ihnen was echt schuldig", schluchzte ich und sie setzte mich auf dem Sofa.
"Wie heißt du denn?"
"Hayat."
"Die Polizei ist auf dem Weg. Mein Mann steht vor der Tür. Falls der Gestörte die Tür kaputt kriegt, kriegt er es mit meinem Mann zu tun. Möchtest du erzählen, was geschehen ist?", fragte sie sanft und ich beschloss ihr die Geschichte zu erzählen.
"Als Kind wurde ich von meinen Eltern auf die Straße gesetzt, weil mein Bruder ihnen Mist erzählt hatte und sie falsch von mir dachten. Dabei lernte ich viele Menschen kennen und schaffte es auf der Straße zu überleben. Eine gute Freundin hat mich bei ihr wohnen lassen und ich habe auch einen Jungen kennengelernt. Ich wurde zweimal vergewaltigt und es hatte ihn so wütend gemacht, dass er etwas falsches getan hat. Er hat meine Vergewaltiger umgebracht und die Polizei hat Verdacht auf ihn. Seit gestern befindet er sich in U-Haft und mein Bruder weiß es. Die zwei Vergewaltigungen sind wegen ihm passiert, er hatte seine Freunde beauftragt. Er stand vor der Tür und hatte wieder einen Freund dabei. Dieser sollte mich ebenfalls vergewaltigen, aber mein Bruder wollte es aufnehmen und dann hab ich dem Fremden zwischen die Beine getreten und es geschafft, dass mein Bruder ebenfalls verletzt wird, habe sein Handy und meine Kleine geschnappt und ja",tief schluchzte ich und legte meine Hand auf ihre Schulter. Sie war so fürsorglich, dabei war sie eine Unbekannte.
"Ist Tarik dein Freund?"
"Ja genau er."
"Ich hatte mich schon gewundert. Er ist doch so ein netter Junge. Letztends hat er mir mit der Wäsche geholfen, weil ich den Korb nicht tragen konnte. Wie sagt man so schön? Blind vor Liebe."
"Engel mach du dir keinen Kopf. Ist die Kleine von dir und Tarik?"
Lautlos schüttelte ich meinen Kopf und schluckte.
"V-von meinem Vergewaltiger", flüsterte ich und das Hämmern an der Tür hörte auf.
"Schatz sind die weg?"
"Nein."
Sie widmete sich mich und atmete tief aus.
"Ich schlage vor du gibst ihr deine Milch und wenn die Polizei da ist, holen wir ihre Kleidung. Es wird alles gut."
"Lehn dich zurück. Ich hole dir erstmal ein Glas Wasser und du stillst sie zu aller erst."
Sie tätschelte meinen Arm und ging in die Küche. Ich sah vom Wohnzimmer aus, wie zwei Polizisten eintraten und ihre Augen meine trafen. Schnell verdeckte ich meine Brust und nun standen sie vor mir.
"Ist das das Handy von dem Mann da hinten?"
Zitternd nickte ich und gab es ihm, als er seine Hand ausstreckte.
"Wir schauen uns das Video erstmal an. Die Männer sind unten in Händen von meinen Kollegen, also besteht für sie erstmal keine Gefahr."
Fest schloss ich meine Augen, als ich das Schreien von Kader und mir hörte.
"Sag mal geht es euch noch gut? Ihr könnt vor ihr doch nicht das Video schauen!", sprach die Dame fassungslos und sie gingen Richtung Flur.
"Engel du solltest dich ausruhen. Für eine neu gewordene Mutter ist das nicht gut. Ich schlage vor, wir holen jetzt erstmal eure Kleidung und du bleibst für einige Nächte hier. Alleine kann ich dich dort nicht schlafen lassen. Und."
Sie fasste an die Wange von Kader.
"Die Kleine ziehen wir auch warm an", ergänzte sie ihren Satz zu Ende.
"Das ist wirklich nicht nötig-
"Du wirst hier bleiben", unterbrach sie mich und lächelte mich warm an.
Nachdem ich Kader trotz Schmerzen gestillt hatte, legte ich sie auf dem breiten Sofa und krempelte mein Shirt hoch, um nachzusehen, wie schlimm er mich verbrannt hatte. Es sah schrecklich aus, kein Wunder, das es so brannte.
"Liebes ich hole dir eine Salbe. Hast du sonst noch Schmerzen?", fragte sie besorgt und war geschockt.
"Die Salbe reicht, danke", lächelte ich sie herzig an.
Diese Frau war ein reiner Engel und so glücklich. Wie eine Mutter. Eine Mutter, die ich nie hatte.
Kader schlief tief und fest und so schmierte ich in Ruhe die Salbe auf meinen brennenden Wunden. Danach gingen wir mit zwei Polizisten in die Wohnung und ich nahm die Tasche von Kader. Es lag von mir auch ein wenig Kleidung, die die Dame von mir abnahm und mir ein Zimmer zeigte, wo ich diese ablegen kann.
"Das ist das Gästezimmer. Ich hoffe ihr fühlt euch wohl."
"Danke", flüsterte.
"Was hätte ich ohne Sie gemacht?", fragte ich mit Tränen in den Augen und sofort nahm sie mich in den Arm.
"Nenn mich Tahani, mein Mann heißt Hakem."
"Aus welchem Land kommt ihr?"
"Wir sind Marokkaner", lächelte sie und ich nickte wissend.
"Sie können so gut Deutsch, seid ihr hier geboren?"
"Ja Engel."
"Tahani Teyze", sprach ich und sie nickte, dass ich sie so nennen solle.
"Ich hole dir deine Kleine und du ziehst dir deine Schlafsachen an. Morgen gehen wir zur Polizei."
Gesagt, getan. Wir gingen schlafen.
Die Nacht hatte ich kaum zur Erholung benutzt, da ich diese Ereignisse die komplette Nacht erstmal verdauen musste. Harun hatte sich bei mir gemeldet und ich hatte ihm vom Vorfall detailliert erzählt. Heute um 18 Uhr würden wir Tarik besuchen und ich freute mich riesig. Zusammen mit Tahani Teyze und Hekem Amca machten wir uns am kühlen Tag auf dem Weg zur Polizei. Die Situation von gestern schilderte ich ihm präzise. Ich ließ nichts raus, außer von dem zwei Vergewaltigungen, da ich sonst Tarik mit Absicht hinter Gitter stecken könnte.
Sie verhörten mich und nach zwei ganzen Stunden konnte ich gehen. Ich würde die zwei anzeigen, noch wird diese Verhandlung jedoch langzeitig laufen. Ich müsste mir einen Anwalt holen und vors Gericht aussagen, da dies strengste Körperverletzung war, so der Polizist. Sie bedankten sich und wir gingen auch schon raus.
"Du wirst im Gerichtsaal gewinnen. Die haben keine Gründe, nichts", sagte Tahani Teyze und ich nickte.
"Das wird einfach. Nur einen Anwalt müssen wir finden", sagte nun Hakem Amca.
"Ich schlage vor, wir gehen erstmal etwas warmes essen", lächelte er mich warm an und ich stillte Kader im Auto, nachdem er die Heizung im Auto anschaltete. Eine Mischung aus Restaurant und Bude war es. Es war nicht zu voll, aber dennoch waren reichlich Gäste anwesend. Wir drei setzten uns an den Tisch und Hakem Amca bestellte vorne für uns.
"Um 17:30 holt mich ein Freund von mir ab", erinnerte ich sie und beide nickten verständlich.
"Grüß ihn von uns", sagte Tahani Teyze, nachdem wir fertig mit dem Essen waren.
"Mach ich", lächelte ich und Harun schnallte Kader an.
Ich verabschiedete mich von denen und schon stieg die Aufregung in mir. Wie es ihm wohl geht? Ob er Essen bekommt oder wie er sich wohl dort fühlt, so allein in einem kleinen Zimmer. Es war kein weiter Weg. Ausgestiegen folgte ich Harun, der Kaders Maxi Cosi mit Kader trug.
Wir mussten alles abgeben, sogar den Maxi Cosi.
"Geh du erstmal rein, dann kommen wir nach", schlug Harun vor und es war eine gute Idee.
"Wenn sie weint, ruf mich."
Ein Polizist schloss die verschlossene Tür auf und ich trat mit gesenktem Blick herein.
"Sie haben Besuch Herr Al-Sayed."
Unsere Blicke trafen sich und meine Lungen erengten sich. Er saß da am Tisch, stumm, dennoch mit besorgten Blicken. Kurz überlegte ich, ob ich es wagen sollte, ihm die Geschichte zu erzählen. Er würde sich unnötig Sorgen machen und würde umso wütender werden, weil er dagegen nichts tun konnte, einfach nichts. Aber ich konnte vor ihm sowas großes nicht Geheim halten.
Ruckartig stand er vom Platz auf und wir umarmten uns, als wären wir uns Jahrtausende nicht unter die Augen getreten.
"Hey", flüsterte ich, als ich mich gegenüber von ihm setzte.
"Hayatim", hauchte er mit Verzweiflung.
Der Mann von eben verließ das Zimmer und ich sah mich um.
"Gibts hier Kameras?", fragte ich ihn und er schüttelte seinen Kopf.
"Du siehst nicht gut aus. Hast du nicht geschlafen?"
"Es ist etwas passiert."
Seine Hand rutschte zu meiner und verschränkte unsere Finger.
Meine Beine zitterten, doch er bekam es zum Glück nicht mit, denn ich wollte ihm keine Schwäche zeigen.
"Erzähl", forderte er mich sanft auf.
"Gestern Abend hat jemand an die Tür geklopft. Dieser Jemand hatte den Spionloch zu gehalten und als ich gefragt hatte, wer da sei, meinte er, er wäre Cem. Cem wäre alleine und wollte mit mir reden. Geglaubt hab ich es, aber bereut. Er hatte einen Mann mit sich und die hatten mit mir ekelhafte Sachen vor. Cem hatte alles aufgenommen und dieser andere hat halt scheiße gemacht."
"Was genau hat er getan? Er hat dich angefasst?"
Schluckend nickte ich.
"Mich gefesselt, dann mein Shirt hochgezogen und meinen Bauch komplett verbrannt. Er hat meine Brüste berührt, aber ich hab ihm in die Eier getreten. Danach hab ich Cem mit der Lampe beworfen. Dann bin ich in die Küche gerannt, habe Cem eine Gabel reingerammt, mir sein Handy und Kader geschnappt und bin geflohen."
"Darf ich es sehen?", fragte er vorsichtig und ich bestätigte es.
Wir standen auf und er krempelte mein Oberteil hoch.
"Scheiße, was ein Hund. Der hat dich ja richtig verbrannt."
Eine Träne entfloh meinem Auge und diese landete auf seinem Arm, der über meine frischen Wunden strich.
"Und meine Brust schmerzt seit gestern so krass", ergänzte ich und zeigte ihm den blauen Fleck an meiner Brust, indem ich ihm oberhalb meiner Brust zeigte. Zitternd strich er darüber und versuchte seine Wut in Kontrolle zu bekommen.
"Die wussten, dass mich die Bullen gefasst haben", zischte er und wir setzten uns hin.
"Das ist jetzt aber nicht schlimm, weil mich eine Dame aus deiner Nachbarschaft aufgenommen hat und ich dort die Nächte bleibe. Tahani Teyze."
"Die ist wie eine zweite Mutter für mich", sagte er vor sich hin.
"Meine Jungs passen auf dich auf."
"Naja egal jetzt. Was ist jetzt mit dir?"
"Anwalt erstmal. Vielleicht muss ich vors Gericht stehen. Ich hab ausgesagt. Du bist mein Zeuge, mein Alibi."
Grinsend küsste er meine Handoberfläche.
"Die sind zu dumm und werden mich frei lassen. Keinerlei Beweise, nichts."
"Gut", atmete ich erleichtert aus.
"Wo ist Kaderim?"
"Draußen."
"Aber ihr haben sie nichts getan oder?"
"Nein, nein."
"Mit Harun?"
"Ja."
"Ich hab dich so krass vermisst wie Keiner", hauchte er, beugte sich über den Tisch und küsste meine Stirn, Nase und anschließend meine Lippen, nach denen ich mich gesehnt hatte.
"Ih Kader, schau mal. Ein Porno", hörten wir und wir trennten und ruckartig von einander.
"Du Bastard geh mal raus alter!", spuckte Tarik wütend aus sich.
"Oyy, will da jemand ein Küsschen?", lachte Harun und Tarik stand auf.
"Lass mich doch einmal mal mit meinem Mädchen allein sein", zeigte er mit dem Finger zur Tür und er verließ das Zimmer.
Sofort widmete er sich mir, drückte mich leicht an die Wand und küsste mich. Seinen Zeigefinger hatte er unter meinem Kinn gelegt und seine andere Hand an meiner Hüfte. Diesmal musste ich meinen Kopf nicht in den Nacken legen, um an seine Lippen dran zu kommen, da er sich gebückt hatte und ich den Kuss in vollen Zügen genoss.
"Ich hätte erwartet, dass du dich gelöst hättest. Da hat mich jemand aber krass vermisst."
"Sind fast zwei Tage, dass ich dich nicht gesehen hatte", sprach ich rot anlaufend.
"Und deshalb raubst du mir beim Küssen den Atem?", fragte er lachend und küsste meine Wange.
"Was hab ich für eine niedliche Freundin?", fragte er sich selbst und analysierte jede Stelle in meinem Gesicht.
"Ich will nicht, dass du dir Sorgen machst. Es wird alles gut. Allah wird uns aus dieser Lage befreien, weil ich an ihn glaube Hayat. Du bleibst bei Tahani Teyze und wenn du raus gehst, dann immer mit einer meiner Jungs. Ich weiß, es ist nervig, aber ich verspreche dir hier und jetzt unter zwei Augen, dass in wenigen Monaten alles im grünen Bereich sein wird. Ich werde aussteigen, Schluss mit Drogen und allem drum und dran. Somit werde ich meine Feinde los und wir leben sicher. Für dich und Kader."
"Ich werde ein normaler Mann, werde arbeiten und nichts mit sowas zu tun haben. Versprochen."
Meine Arme schlang ich um ihn und drückte meinen Kopf an seine Brust.
"Danke", hauchte ich.
"Stress vermeiden, okay?"
"Okay."
"Gut", küsste er meine Stirn und sah noch einmal zu meinem Bauch. Er dachte wohl wieder an diese Wunden.
"Warst du beim Arzt?"
"Nein, Tahani Teyze hatte eine Salbe und die hilft auch."
"Und deine Brust?"
"Ist ja nur ein blauer Fleck und tut beim Stillen weh, aber wird schon in den Tagen."
"Leute ich will nicht stören, aber die Besucherszeit ist gleich zu Ende", seufzte Harun und übergab Tarik Kader, die ihre Augen stets offen hatte und Tarik ansah.
Er redete noch ein wenig mit Harun, machte ihm klar, dass mir ja nichts passieren solle und spielte die letzten zwei Minuten mit Kader.
"Hey nicht weinen", hauchte er, als wir uns verabschiedeten und wusch über meine Augen.
"Man sieht sich", lächelte ich unter Tränen und schon gingen wir, nachdem er Kader und mir einen Stirnkuss gab.

Verliebt in ein VerbrecherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt