Kapitel 20

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Stöhnend und gleichzeitig seufzend lehnte ich meinen Kopf an die kalte Fliesenwand und traute mir keine Bewegung zu, da ich sonst erneut kotzen würde und ich mich wie eine Leiche fühlte. Es waren ganze zehn Minuten vergangen und Tarik stand immernoch besorgt an der Tür, aber ich schaffte kein Wort aus meinem trockenen und zitternden Mund.
Plötzlich überkam mich wieder das Gefühl und ich würgte. Schnell beugte ich mich über die Toilettenschüssel, doch das einzige was rauskam, war unsichtbare Flüssigkeit.
"Mir gehts so scheiße Tarik", fing ich an zu weinen und schluchzte tief.
"Hayat versuch die Tür zu öffnen. Trink wenigstens Wasser vom Wasserhahn. Versuch es, du schaffst es mein Schatz", versuchte er mich zu ermutigen, aber ich hatte Angst wieder brechen zu müssen.
"Ich trau mich nicht", flüsterte ich wimmernd.
"Gut, dann warte fünf Minuten. Ich mach das schon selbst", gab er auf und ging.
Wahrscheinlich ging er einen Schraubenzieher holen.
Wieder musste ich brechen und ich kotzte so stark, dass sich mein Magen zusammen zog.
"Mach schnell", flüsterte ich und lehnte meinen Kopf wieder nach hinten und schloss meine Augen.
Ein Knacken ertönte und Tarik kam angelaufen zu mir.
"Man ich bin fast vor Sorge gestorben", sprach er blass und hob mich hoch, indem er seine Hände unter meinen Achseln ablegte.
Eine Bewegung falsch und ich breche wieder. Und tatsächlich. Gerade als ich auf Beinen stand würgte ich wieder und klappte zum Glück nicht zusammen, da Tarik mich von hinten umarmte.
"Komm wir spülen erst deinen Mund", schlug er vor und ich stützte mich an ihm ab.
Er half mir dabei und trocknete anschließend mein Gesicht.
"Ich glaub ich sterbe", stöhnte ich mit halb geschlossenen Augen.
"Nein du lebst. Du hast Fieber, krassen Fieber", fasste er mir an die Stirn und hob mich vorsichtig hoch. Sanft legte er mich auf das Bett und deckte mich zu.
"Warte hier. Ich geh dir eine Schüssel oder so holen, falls du kotzen musst."
"Wo ist Kader?"
"Bei Tahani Teyze."
"Willst du Kaugummi?", fragte er, doch ich schüttelte meinen Kopf. Ich wollte nichteinmal Wasser, da mein Magen so aggressiv auf alles wirkte.
Er holte mir eine große Pappschüssel und legte diese auf dem Nachttisch neben mir. Dazu legte er ein Glas Wasser dahin und reparierte noch die Badezimmertür.
"Sicher, dass du nicht zum Arzt willst?"
"Nein", sprach ich kühl.
Ich fühlte mich total unbequem in meiner Jeanshose, die mir oben so eng lag und beschloss mich umzuziehen.
"Tarik kannst du mir meine Shorts geben?"
Er nickte und griff nach meiner Lieblingsshorts von Micky Maus.
"Hier deine Schwuchtelshorts," lachte er und ich lächelte kurz.
Ich machte mir keine Mühe aufzustehen, da er meine Hose auszog und mir die Short überzog. Das Shirt behielt ich an und er schaffte es sogar meine Haare zuzubinden.
"Siehst niedlich aus", kommentierte er meine Frisur samt Gesicht und küsste meine brennende Stirn.
Wie als könnte er Gedanken lesen legte er sich zu mir und zog mich auf sich.
Zufrieden kuschelte ich mich an ihn und schloss meine brennenden Augen.
"Soll ich dir gleich was zum einnehmen geben? Du brennst richtig", sagte er leise und ich nickte.
Von einen Tag auf den anderen hatte ich Fieber bekommen. Es war bestimmt Magendarmgrippe, da ich gebrochen hatte.
Gegen Abend ging es mir ein wenig besser und Tahani Teyze brachte und Kader, die ich stillte und dann Tarik sich um sie kümmerte, während ich zwei Stunden schlief und sie dann erneut stillte. Die Arme konnte kaum trinken, da ich kaum Nahrung und Flüssigkeit zu mir genommen hatte.
"Hier", übergab er mir stolz die Buchstabensuppe, die er gekocht hatte, obwohl man die Suppe nur in Wasser kochen muss, mehr nicht.
Mit voller Vorsicht trank ich die Suppe und fühlte mich besser und vorallem war mein Hunger endlich weg.
Dachte ich zumindest. Nach zehn Minuten war die Suppe wieder in der Toilettenschüssel. Weinend umarmte ich Tarik.
"Mein Hals brennt", schluchzte ich und wusste, dass er mit einer kranken Hayat überfordert war.
"Wir fahren jetzt zur Notfallambulanz. Gib Kader Milch und wir bringen sie zu Tahani Teyze. Gesagt getan. Nachdem Kader weg war, kam er nun zu mir und scannte mich.
"Ich tausch deine Shorts gegen eine Jogginghose ein."
Er war eifersüchtig, dass draußen irgendwelche Männer auf meine Beine glotzen könnten. Das hatte ich an sein Gesicht erkannt. Er zog meine Shorts aus uns zog mir konzentriert die Jogginghose an. Über mein dünnes Shirt zog er mir einen Hoodie an und anschließend meine Schuhe.
Wieder stützte ich mich bei ihm ab und wir gingen zum Parkplatz.
"Mir ist so kalt", murmelte ich zitternd und er zog sofort seine Jacke aus.
Mit seiner Hand strich er meine Haare zur Seite und küsste meine Wange.
Nachdem ich nun auch über den Hoodie seine Jacke trug, ging es mir einigermaßen wärmer und wir kamen an. Da ich wie eine lahme Schnecke ging, nahm er mich Huckepack. Ich wollte nicht wissen, was die zwei Frauen sich an der Rezeption dachten. Es verging eine Stunde des Grauens. Ich hatte einmal gebrochen und hatte das Gefühl, das mein Fieber immer schlimmer wurde. Als mein Name aufgerufen wurde, atmete ich erleichert aus wir setzten uns ins Zimmer des Doktors. Tarik erklärte ihm die Situation, während der Doktor mich kritisch betrachtete.
"Ich gehe davon aus, dass sie schwanger sind", sagte er plötzlich und ich riss meine Augen auf.
Ohne überhaupt eine Frage gestellt zu haben, brachte er dies wie ein Schlag ins Gesicht. Schwanger?
"Wieso denken sie das?", fragte ich leise und unsicher.
"So wie die Übelkeit beschrieben wurde und dass ihnen plötzlich schwindelig ist. Natürlich kann es auch normaler Fieber sein, aber jetzt sind Sie gefragt. Hatten sie Geschlechtsverkehr?"
Schluckend nickte ich und sah zu Tarik, der zu Boden sah. Ich konnte keinerlei Emotionen erkennen. Er sah einfach kalt und nachdenklich zu Boden.
"Wir machen eine Urinprobe, aber für den Fieber gebe ich ihnen aufjedenfall etwas mit. Magendarmgrippe schließe ich aus."
"Schönen Tag noch", hielt er mir die Hand entgegen und dann Tarik.
An der Rezeption fragte ich die Frau, wo ich meinen Urin abgeben musste und solange wartete Tarik vor der Tür.
Nachdem ich meinen Urin abgegeben hatte, sah ich in den großen Spiegel vor mir und mir stiegen Tränen in den Augen. Ich war garnicht bereit dazu. Es war wie ein Schlag, der mich getroffen hatte und Tarik wollte das Kind ebenfalls nicht. Ich war viel zu jung, um erneut Mutter zu werden. Ich bin mit Kader überfordert, wie soll es mit dem Zweiten klappen?
"Hayat?", hörte ich Tarik.
Zum ersten Mal sprach er mit mir.
"Ich komme", stotterte ich und wusch schnell meine Tränen weg. Unten in der Apotheke kauften wir die Medikamente und draußen erst atmete ich dir frische Luft ein.
Plötzlich drückte er mich an sich und ich wusste nicht, ob ich weinen oder lachen soll.
"Es tut mir Leid Tarik", hauchte ich unter Tränen.
"Wieso?", fragte er ahnungslos.
Schweigend drückte ich ihn fester an mir und spürte, wie er meinen Ansatz öfters küsste.
"Es ist vollkommen okay, wenn du schwanger bist. Ich freue mich sogar", flüsterte er an meinem Ohr und ich erstarrte.
"Wirklich?", fragte ich unglaublich.
"Ja ich war vorhin nur bisschen unter Schock. Voll der Bastard, er kommt einfach wie aus dem Nichts mit Schwanger an", beschwerte er sich. Lachend löste ich mich von ihm.
"Du trägst vielleicht ein Kind von mir in dir drin", sprach er schwärmend und ich grinste.
Nachdem wir nach Hause fuhren, nahm ich zuerst die Medikamente ein, um meine Übelkeit in Griff zu bekommen. Tarik ging in die Shishabar, da er dort schon lange nicht mehr war. Am späten Abend, als mein Fieber verheilte, bereitete ich chinesischen Reis vor, da ich Hunger danach hatte und schnitt den Gemüse dafür. Ich würde noch Hühnchen mit rein tun, umso leckerer wird es.
Plötzlich klingelte es an der Tür. Tarik hatte wohl etwas vergessen. Augenverdrehend öffnete ich diese und ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Kurz blinzelte ich, denn vielleicht bildete es mir ein, aber es war die Realität, die mir ins Gesicht geschlagen worden war, meine ach so fürsorglichen Eltern.
"Ja?", fragte ich ein wenig desinteressiert.
"Dürfen wir rein?"
Kurz dachte ich nach.
"Nein", sagte ich ganz klar und lächelte anschließend unschuldig.
"Hayat", seufzte mein Vater.
Ja, sein Geduldsfaden war ziemlich kurz.
"Nein", wurde meine Stimme höher.
Ich selbst wusste, dass ich nicht viel Respekt besaß. Wieso denn aber auch, wenn sie mich hassen?
"Wir müssen dir etwas mitteilen."
"Ich höre."
"Wir werden ausziehen."
Eine kurze Stille machte sich bemerkbar.
"Nach England".
Das hatte ich nicht erwartet. Eher hatte ich die Türkei vor Augen.
"Das ist wirklich schön. Das freut mich", sagte ich die Wahrheit.
"Dann bin ich also Cem los?"
"Er kommt nach, wenn er seine Strafe abgesetzt hat. Wegen dir sind unsere Pläne so durcheinander."
"Dein Sohn hat seine Freunde auf mich gehetzt, damit ich Ehre und Stolz verliere."
"Wenn ihr nichts weiteres zu sagen habt, geht und kommt niewieder."
Plötzlich ertönte Kaders Stimme und mein Vater zog die Braue in die Höhe.
"Also hatte Cem Recht."
Plötzlich schubste er mich nach hinten und folgte Kaders Stimme.
"Lass sie", fauchte ich wütend und nahm meine spielende Kader in die Arme.
"Ich glaubs nicht, du hast tatsächlich ein Kind", wiederholte er und ich geriet in Panik.
"Ich bin verheiratet!"
"Erzähl die Wahrheit Hayat!", schrie er, sodass Kader zusammen zuckte. Wütend schnaubte ich nach Luft.
"Sie ist durch eine Vergewaltigung entstanden, die wegen Cem passiert ist. Er war sauer, ich weiß nicht wieso, aber er hat zwei seiner Freunde auf mich gehetzt. Ich hab einen Freund, Türke, der es akzeptiert hat und ich bin ohne euch glücklicher denn je, wie ihr sieht", kühl, kühler, Hayat, doch es tat fürchterlich weh im Herzen.
Ohne Eltern war das Leben nicht einfach, egal ob gute oder schlechte Eltern, das ist einfach eine Regel.
Meine Eltern reagierten ziemlich geschockt. Anscheinend glaubten sie mir.
"Wenn ihr mich jetzt bitten würdet", seufzte ich und machte ein Zeichen zur Tür nach draußen. Stumm gingen sie davon und ließen mich hier in diesem Zustand allein. Das Bedürfnis zu weinen entstand und ich legte Kader zur Seite.
"Ich bin doch auch nur ein Mensch", flüsterte ich und sackte zu Boden. Weinend vergrub ich mein Gesicht in meine Hände und weinte so laut. Es tat gut, doch so schlimm es auch klang, ich hatte meine Eltern wahnsinnig vermisst. Ich wollte niemals als Straßenkind aufwachsen. Niemals wollte ich meine Eltern enttäuschen, doch Cem hatte mich in den Wahnsinn getrieben. Diese Lügerei, all diese Missverständnisse und sein Hass gegenüber mir war zu groß.
"Hayat?", hörte ich plötzlich und fing an umso mehr zu weinen.
"Ich bin doch nur ein Mensch", sprach ich entsetzt und spürte kurz darauf, wie er mich hoch hob und auf das Bett absetzte.
"Was ist passiert?", fragte er sichtlich unter Schock.
"Tarik ich halte es nicht mehr aus. Ich wollte nie, dass es so kommt!", weinte ich heiser in seiner Schulter.
"Alles ist gut Hayat. Ich bin bei dir", flüsterte er und küsste meine Schulter.
"Es tut so weh. Ich wollte wirklich nie, dass es so kommt. Dass ich das bin, was ich bin. Ich wollte das alles wirklich nicht."
"Es war ohne Absicht, ich schwörs", schloss ich meine Augen und beruhigte mich, als er sanft über meinen Rücken strich.
Nach zehn qualvollen Minuten wurde ich immer ruhiger und meine Schluchzerei nahm ebenfalls ab. Ich sah nurnoch auf sein Shirt, während er mit seiner Hand durch meine Haare ging und ich müde wurde.
"Wegen welchem Hund weint mein Engel?", fragte er ein wenig wütend.
"Meine Eltern waren hier", flüsterte ich hypnotisiert.
"Sie wissen von Kader."
"Tarik ich wollte das nicht. Ich kann das einfach nicht. Ich schaffe es nicht mehr."
Ich spürte, wie seine Muskel sich spannten und seine Atemzüge schneller wurden.
"Wir schaffen das. Ich stehe dir sogar bei. Du hättest mich anrufen sollen."
"Hayatim, tu mir den Gefallen und wein nicht wegen solchen Leuten. Du hast eine Familie und die steht gerade vor dir, der andere Teil befindet sich im Bett und der nächste Mitglied in deinem Bauch. Vergiss sie, wenn sie dich hassen, dann hass sie umso mehr."
[...]
Der Umzug meiner Eltern stand an und sie zogen weg, nach England. Nocheinmal hatten wir nicht miteinander geredet. Nurnoch Cem befand sich hier im Gefängnis, doch da er eingeschlossen war, machte ich mir nicht allzu Gedanken. Tarik hatte tatsächlich sein kriminales Leben aufgegeben. Keine Drogen, Dealereien, Partys, Schlägereien, Rennen oder Waffen. So wie er es mir versprochen hatte. Es lief alles besser. Niemand, der uns störte, unsere Beziehung oder Kader störte. Wir unternahmen gemeinsam öfters etwas und da er mit den Drogen aufgegeben hatte, hatte er sich bei der Firma seines Bekannten beworben, wo er so oder so angenommen wird. Er hatte mir versprochen, Kader als seins zu akzeptieren. Sie war für ihn eine Tochter und er kümmerte sich um sie, wie sein eigenes.
Der erste Termin stand an und wir machten uns fertig. Kader ließen wir bei Tahani Teyze.
Per Telefon hatten wir erfahren, dass es zu 100 Prozent fest stand, dass ich schwanger sei und die Reaktion darauf war ein lautes Lachen von uns Beiden. Er ging an diesem Abend mit all seinen Freunden in die Shishabar. Sie hatten mich alle beglückwünscht und waren glücklicher als gedacht. Nur Selma und Harun hatten wir nichts erzählt, da Selma in wenigen Tagen Geburtstag hat und ich ihr als eine Art Nebengeschenk dies gestehen will.
Seine kalte große Hand nahm meine in seine und wir stiegen aufgeregt die Treppen des Frauenarztes hoch. Zuerst musste ich mich anmelden, Zettel ausfüllen und nach der Abgabe würden sie mich rufen. Es dauerte ungefähr eine ganze Stunde, bis ich aufgerufen wurde und wir machten uns auf dem Weg ins Zimmer.
Sie begrüßte uns und stellte mir die gewohnten Fragen. Wie ich mich fühle, Schwindelgefühl und natürlich, wie oft ich brechen muss. Nach einem mir vorkommenden Interview machte man meinen Bauch mit dem Ultraschall vertraut und da ich so spät, nach 6 Wochen einen Termin bekommen hatte, erkannte man etwas, was so groß wie ein Maiskorn sein könnte.
Sie sah sich das Bild genauer an, untersuchte es und lächelte.
"Seht ihr das?", fragte sie herzlich und mein Herz machte Sprünge. Tariks Hand lang auf meiner Schulter und er drückte diese leicht, was mir sagte, dass er ziemlich fasziniert war.
Nickend sah ich zum Monitor und biss mir lächelnd auf die Lippen. Das war ein so schöner Moment.
"Frau Ates, sie sind in der achten Woche schwanger."
Vor Freude küsste ich Tarik auf seine Wange und bemerkte, wie er grinste. Es war unbeschreiblich.
Nach der Untersuchung und einer Terminabmachung verließen wir lachend die Praxis.
"Du bist eiskalt schwanger von mir. Ich werde Vater", sprach er traumatisiert und nahm meinen zierlichen Körper in seine Arme. Geborgenheit. Ich verspürte Geborgenheit bei ihm.
"Lass und fett essen gehen", grinste er und küsste meinen Mundwinkel.
Wir parkten vor einem all-you-can-eat Restaurant und bezahlten. Wir machten uns den Teller voll und sprachen glücklich über das Baby. Ich hatte ihn noch nie so erlebt, so glücklich. Seine Augen strahlten und sein Lächeln verschwand nicht. Schnell fuhren wir nach Hause und holten Kader ab, die ich zu erst stillte, duschte und anschließend ins Bett zum Schlafen legte. Plötzlich legte Tarik seine Hand um meinen Bauch unter mein Shirt und schmiegte sein Gesicht an meinem Rücken.
Tariks Sicht:
Ein Grinsen schmückte meine Lippen, als mir meine Prinzessin auf Whatsapp schrieb, wo ich sei.
"Junge lan sag doch endlich was los ist, dass du so lächelst. Als wärst du schwul", meckerte Harun und ich packte mein Handy weg. Schließlich war er einer meiner besten Freunde und ihm erzählen könnte ich es ja eigentlich.
"Errate. Hat was mit Hayat zu tun", grinste ich stolz.
"Ahhh ich verstehe. Hat sie dir einen geblowt?"
"Juckt dich nicht du Bastard. Hab deine Zunge in Griff", lachte ich und er stieg ein, doch zischte, als er gegen mich bei Fifa verlierte.
"Erzähl doch. Wie wars?"
"Gut."
Mein Gedanke schweifte an unsere gestrige Nacht. Sie war so unreif darin und sah die Nacht so unschuldig aus. Sie war sich so unsicher und so nervös, dass sie nur hilfesuchend zu mir blickte und genau diese Blicke hatten mich umgehauen. Ihre Unsicherheit und engelsgleich. Dazu hatte ich sie mit einer Berührung um den Finger gewickelt, sie auf die Folter gebracht, dass sie kurz vor betteln war, dass ich endlich die Sache zu Ende bringe.
Wochen vergingen und mir fiel auf, wie schlapp es Hayat in letzter Zeit ging und sie auch nicht allzu gesprächig war. Trotzdem lief alles perfekt und als sie krank wurde, hatte ich schon den Verdacht, dass sie schwanger sein könnte, weil ich nicht verhütet hatte. Wir fuhren zum Arzt und es stellte sich heraus, dass sie schwanger war.
Es verging eine Woche. Sie brach nicht mehr viel, wenn dann einmal am Tag, aber dafür bekommt sie öfters Schmerzen im Unterleib. Mitten in der Nacht weckte sie mich panisch.
Übermüdet blickte ich in ihr Gesicht. Sie schien ängstlich zu sein.
"Was ist los?", fasste ich besorgt ihre Schultern.
"Ich weiß es nicht, aber irgendwie fühlt sich alles so komisch an unten. Ich spüre meinen Unterleib kaum, es tut weh", flüsterte sie vor Schmerz und hielt dabei ihren Bauch fest.
"Ich hab das Gefühl, dass etwas falsch läuft. Bei Kader war das nicht so."
"Sollen wir ins Krankenhaus?"
"Ich weiß nicht."
"Sicher ist sicher."
"Nein, vielleicht ist es ja normal, aber keine Ahnung."
Desto mehr sie sprach, desto mehr durcheinander wurde sie.
"Ich mach dir eine Wärmeflasche heiß. Du bist einfach verwirrt. Wenn es weiter schmerzt, fahren wir ins Krankenhaus."
Meine Worte beruhigten sie und sie blieb liegen. In der Küche machte ich das Wasser heiß. Ich war todesmüde, aber ich hatte keine andere Wahl. Sie dürfte sich mit Schmerzen sowieso nicht bewegen, wer weiß vielleicht ist das garnicht so harmlos wie wir denken. Schnell schüttelte ich meinen Kopf und als die Wasserflasche fertig war, ging ich in unser Zimmer. Sie war eingeschlafen. Seufzend legte ich ihr einfach die Wärmflasche auf dem Bauch und legte mich wieder schlafen. Sie war eindeutig kompliziert.
[...]
"Esel", verdrehte sie ihre Augen, als ich sie ärgerte, während sie Fernseher sah.
Plötzlich klingelte es und ich öffnete sie genervt. Wer stört?
Ich verstummte, als ich den Mann vor mir sah, der mich in die Mafia eintreten ließ. Ömer. Einen Handschlag gab ich ihn und bat ihn herein. Wir waren gute Kumpels, aber ich wusste, dass er mich wieder zurück wollte.
Schnell machte ich zu der verwirrenden Hayat ein kurzes Zeichen, dass sie ins Schlafzimmer solle, was sie auch tat. Nachdem ich die Wohnzimmertür schloss, setzte ich mich ebenfalls mit einem mulmigen Gefühl zu ihm.
"Was gibts?", fragte ich ernst.
"Das klappt ohne dich nicht. Du warst der jemige, der fast an der Spitze stand", fing er an und machte eine Pause.
"Ohne dich geht alles den Bach runter, wirklich alles."
Kurz überlegte ich und sah nachdenklich zum Tisch.
"Ich kann nicht", sagte ich festentschlossen und sah zu ihm in seine Augen.
"Ich hab mittlerweile eine Familie Ömer. Meine Freundin ist schwanger und ich kann ihr das nicht antun. Ich kann nicht nachts unterwegs sein und ich habs ihr versprochen."
"Lan du machst doch soviel Geld damit und das geht so einfach! Überleg doch nochmal", wurde er panisch.
"Wie schon gesagt, es geht nicht", sagte ich stur.
"Willst du wirklich einfach aussteigen?", fragte er nochmal und ich nickte.
"Ich hab bald ein zweites Kind Ömer. Wenn du eine Familie hast, wirst du mich verstehen."
Er gab sich geschlagen und seufzte.
Plötzlich hörten wir einen Knall und ich stand abrupt auf.
"Ups", hörte ich die hohe Stimme, die beschämt und ertappt zu Boden guckte und wir beide lauthals anfingen zu lachen.
"Die hat gelauscht", lachte Ömer und ich zog Hayat zu mir.
"Ich wollte nur vorbei kommen. Ich hab nicht gelausch", sprach sie rot und zickig.
"Nadann. Mach uns Çay", küsste ich ihre Wange und sie nickte.
"Sie passt zu dir", sprach Ömer.
"Und sie wirkt auch vernünftig. Bau diesmal keine Scheisse, wie du es bei den anderen getan hast", klopfte er mir auf die Schulter und lachte kurz.
Nachdem wir Tee tranken, verschwand er auch und ich ging zu Hayat ins Schlafzimmer, die Kader stillte. Ich ließ beide in Ruhe und rauchte auf dem Balkon eine. Später, als ich das Schlafzimmer betrat, konnte ich nicht anders, als ein Foto zu schießen. Beide schliefen in der gleichen Position und ich küsste Hayats Lippen.
Bau diesmal keine Scheiße, wie du es bei den Anderen getan hast.
Meinen Kopf stützte ich in meine Hände und dachte nach. Ich war ein Arschloch, das ich damals so falsch war und die Herzen aller Frauen gebrochen hatte.

Verliebt in ein VerbrecherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt