Teil 6-"Vergeben aber nicht vergessen"

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„Du hast es wirklich schwer." Ertönte es plötzlich hinter mir.
Noch komplett geistesabwesend entgegnete ich nur: „Du weißt gar nicht wie sehr." Erst jetzt realisierte ich, dass mich jemand wirklich angesprochen hatte und drehte mich um.
Christian hatte sich gegen einen der Tische gelehnt und lächelte etwas.
Verwirrung zog sich in meine Gesichtszüge, weshalb ich fragte: „Jetzt sei bitte ehrlich Christian, wieso sprichst du mich eigentlich an? Normalerweise ignoriert ihr ‚beliebten Schüler' mich doch oder macht euch im schlimmsten Fall über mich lustig."
Mein gegenüber fuhr sich durch die Haare, ehe er in einem leicht beschämten Ton entgegnete: „Es tut mir wirklich leid, dass du so schlimm über uns denken musst. Es war echt nicht meine Absicht, dass du so darunter leidest."
‚Okay, bei mir klingeln gerade alle Alarmglocken, da es doch kein Zufall sein kann, dass gerade wenn die Jungs hierher kommen, sich der beliebteste Junge der Klasse sich bei mir entschuldigt. ' In Zwischenzeit hatten einige meiner Mitschüler bemerkt, was los war und sahen dem Geschehen zu. Auch die Drillinge sahen nun zu uns und Laito hatte sich, zu meinem und seinem Glück, von Julia entfernt und es schien mir irgendwie so, dass er Christan mit seinen Blicken erdolchen wollte, doch konnte ich mich da auch täuschen.
„Hör mal Christan...es ist nett dass du dich entschuldigst, aber ich kann nicht von jetzt auf gleich dir blindlings vertrauen. Ich gehöre zu der Art von Personen, die zwar vergeben, aber nicht vergessen." Meinte ich mit einem entschuldigenden Lächeln. Gerade als der Blauäugige etwas erwidern wollte, öffnete sich die Tür und da kam tatsächlich Ben mit einem Stapel Blätter rein, die er auf den Lehrertisch ablegte.
Er drehte sich einmal zu der Klasse und als er Ayato, Kanato und Laito entdeckte, wirkte er mehr als überrascht. Naja, wer konnte es ihm denn verübeln?
Mit einer leisen Stimme, die ich nur Dank meinem Vampirgehör hörte, murmelte er: „Ich glaube ich träume..." Schmunzelnd lief ich zu ihm und flüsterte ihm zu: „Glaub mir, mir ging es nicht besser. Du hast ja das große Glück, dass sie nicht in deiner Klasse sind."
„Bitch-chan, das ist aber wirklich nicht nett was du da sagst~." Sagte plötzlich Laito, der weiß der Geier woher plötzlich kam. Unweigerlich zuckte ich zusammen. Man, wenn in diesem Raum nicht so viele Gerüche durcheinander wären, hätte ich ihn bestimmt eher bemerkt!
Der Hutträger kicherte amüsiert, ehe er mich zu sich zog und einen Arm um meine Taille legte. Mein Gesicht muss jetzt wirklich krebsrot sein, so wie es sich anfühlte.
Langsam beugte er sich zu mir runter und hauchte in mein Ohr: „Das habe ich wirklich vermisst, meine süße Bitch-chan~." Mein Herz schlug gefühlte tausendmal schneller, als er das sagte. Wie von selbst erwiderte ich leise: „Ich habe nur darauf gewartet, dass wir uns wiedersehen..." woraufhin mir schon fast die Tränen kamen.
Wie gebannt sah ich in die giftgrünen Augen des Hutträgers, welche mich schon förmlich anfunkelten. Langsam kam sein Gesicht meinem immer näher, weshalb ich wie in Trance seinem auch immer näher kam.
Ein leichtes Räuspern unterbrach mich in diesem Moment und Laitos, sowie mein Kopf drehten sich zur Seite, wo Ayato, Kanato und Ben standen. Kanato hielt Teddy die Augen zu mit der Begründung: „Du bist zu jung dafür Teddy." Ayato wirkte eher genervt, während Ben Laito ins genauste musterte und in einem für ihn ziemlich ernsten Ton anfing zu reden: „ Tut mir zwar, nicht, Leid wegen der Unterbrechung, aber macht das gefälligst woanders. Schön und gut, ihr habt euch lange nicht mehr gesehen, aber wenn ich euch nicht unterbreche, eskaliert ihr beide hier."
Also das war jetzt wirklich übertrieben, was denkt er denn was Laito und ich noch vor der Klasse machen würden?! Mit einem entschuldigenden Blick sah ich zu Laito, welcher mich seufzend los lies, aber nicht ohne zu sagen: „Wir werden aber später an dieser Stelle weitermachen~."
nach einer Weile beruhigte sich mein Herzschlag wieder und ich drehte mich nun komplett zu dem Dreigespann. ‚Wieso sehen die drei überhaupt Laito und mir zu?! ' fragte ich mich gedanklich leicht gereizt.
Doch dann kam mir eine andere Frage in den Sinn, welche höhere Priorität hatte. „Ayato und Kanato, sind eure Halbbrüder zufällig auch hier?" Ayato erwiderte gelangweilt: „Reiji wollte uns nicht alleine schicken, selbst wenn meine Wenigkeit schon ausgereicht hätte."
Ben verdrehte bei dem ‚meine Wenigkeit' leicht die Augen, da er es wohl irgendwann nicht mehr hören konnte. „Aber die anderen sind nicht mit in die Schule gekommen, da es zu auffällig wäre, ne Teddy?" entgegnete nun Kanato, der Teddy nun endlich auch die Hand von dem Knopfauge und der Augenklappe nahm.
Mein kleiner Bruder warf nun einen Blick auf die Uhr im Klassenzimmer, ehe er große Augen bekam. „Oh nein, ich muss zur nächsten Stunde!" Schnell umarmte er mich nochmal und verabschiedete sich von den Jungs, ehe er schnell aus dem Zimmer lief.
So neugierig wie ich war, ging ich nun zum Lehrertisch und sah auf die Zettel. Es handelte sich um einige Einladungen zum Elternabend, der wie es schien bald stattfand.
Wahrscheinlich werden meine Eltern auch da von meinem kleinen Ausraster gegenüber Frau Schmidt erfahren.
‚Wie Saranna jetzt bestimmt sagen würde: Schlimmer könnte es nicht mehr werden. ' dachte ich, ehe ich mich von den Einladungen abwendete.

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