ARIANA

Ich wurde von einem erschrockenen Geräusch geweckt, doch aus Reflex ließ ich meine Augen geschlossen und bewegte mich keinen Zentimeter. Als sich dann schwere Schritte weg bewegten, wagte ich es, meine Augen einen Spalt breit zu öffnen und konnte bloß noch das Kinn eines Mannes erkennen, bevor die Tür geschlossen wurde. Sofort richtete ich mich auf und sah zu Green, die aber nur mit den Ohren zuckte. Ein besonders guter Wachhund war sie nicht. Ich spitzte die Ohren und hörte das dumpfe Geräusch, einer zufallenden Tür. Der Typ würde auf jeden Fall wieder kommen, ein Mädchen in Dessous würde sich bestimmt keiner der nicht schwul war entgehen lassen wollen. Und das Risiko wollte ich nicht eingehen. Schnell warf ich die Decke ordentlich über das Bett und streifte sie glatt. Dann zog ich mir einen Pullover aus dem Schrank und streifte ihn mir gerade über, als ich abermals die schweren Schritte von gerade eben vernahm. Ich fluchte leise auf und verschwand schnell hinter den riesigen Schrank vor die Tür meines Badezimmers. Zweifelnd betrachtete ich meine dürren Beine, die ich schon seit Ewigkeiten wieder rasieren musste und die nun ohne jegliche Hülle waren. Die Tür öffnete sich und ich hätte ganz gerne einen Baseballschläger in der Hand gehabt. Und eine Hose an. Noch einmal hörte man, wie die Tür aufging und dann einen enttäuschten Seufzer. Tja, Perversling. Dann hörte ich noch einmal, wie er erschrocken nach Luft schnappte und sah im nächsten Moment, wie Evergreen auf ihn zu trappelte. Also wagte ich kurz einen Blick um die Ecke, da er jetzt abgelenkt sein sollte. Das war auch so. Er hatte leicht gelockte, vom Regen dunkel gefärbte aber wohl braune Haare, ein hübsches Gesicht und einen gut gebauten Körper. Möglicherweise war Paul ja mit einer Transe zusammen. Ich hörte ihn sanft mit ihr redete und ein kalter Schauer lief mir den Rücken hinunter. Ein kleiner aber dennoch schlagkräftiger Gedanke schoss mir durch den Kopf und als ich ihn zu entziffern versuchte, bekam ich plötzlich das Verlangen, dass der Vater meiner Kinder auch so mit ihnen reden sollte. Schnell schüttelte ich den Kopf, immerhin hatte ich den Typen vom Flughafen, der mir seine Nummer gegeben hatte, er war wirklich süß gewesen, auch wenn ich noch nicht mal seinen Namen angesehen hatte. Aber er war mit Sicherheit etwas wert, auch wenn ich mir bei dem Gedanken ziemlich kindisch vor kam. Als der Fremde nach einer Weile die Tür schloss und mit sich Green aus dem Raum nahm, ging ich entrüstet schnaubend aus meinem Versteck. Was fiel ihm eigentlich ein, das war schließlich mein Hund. Na gut, wahrscheinlich sagte er Paul Bescheid und alles würde geregelt sein, aber dennoch war ich angefressen. Diesmal auch noch dazu mit einer Hose bedeckt ließ ich mich wieder in das Bett sinken und schlief bis zum nächsten Morgen durch.

Als ich das nächste Mal meine Augen öffnete, schien die Morgensonne direkt durch eines der Fenster in mein Gesicht und ich schlug genervt von dieser übertriebenen Weckaktion meine Decke über mein Gesicht. Stopp mal, in Johns Wohnzimmer schien nie die Sonne. Und dann wurde mir erst wieder klar, dass ich gar nicht mehr bei ihm zuhause war, sondern bei einem fremden Mann in einem fremden Kontinent und einem ebenso fremden Staat. Ich sah mich um und beschloss, meinem Magen Abhilfe zu schaffen, da er durch den Salat wieder das Gefühl von Nahrung bekommen und dadurch auch wieder ein wenn auch leichtes Gefühl von Hunger entwickelt hatte. Also hievte ich mich aus dem Bett, zog mir Kuschelsocken über meine Füße und schlug hoffentlich den Weg in Richtung der Küche ein. Als ich diese nach einem langen Fußmarsch dann auch erreicht hatte, war Paul gerade dabei, Spiegeleier zuzubereiten. Als er mich sah, sah er mich direkt mit einem breiten Grinsen an und stellte seine Pfanne zurück auf die Herdplatte, nachdem er die Spiegeleier ganz offensichtlich oft genug in der Pfanne herumgeschleudert hatte. „Schön, dass du auch schon wach bist, meine Tochter Elanor sitzt schon in der Küche und wartet auf mein spektakuläres Frühstück", informierte mich Paul und wies mit dem Kopf auf einen türgroßen Durchgang in der Wand, über dem nur ein Vorhang aus Langen, mit Holzperlen verzierten Fäden hing. Also ging ich schüchtern auf das Esszimmer zu und kämpfte mich tollpatschig wie ein Entenküken im Dschungel durch die Fäden, bis ich in einem ebenfalls in einem geräumigen Esszimmer stand. Darin waren einige Ablagen, eine große Fensterfront und ein langer Esstisch, an dem ein Mädchen in Schlafsachen saß, die gefesselt auf ihrem Handy herumtippte. Zögerlich stieg ich von einem Fuß auf den anderen, bis ich ihre Aufmerksamkeit erregt hatte. Sie sah auf und als ihr Blick auf mich fiel, breitete sich ein noch breiteres Strahlen wie bei Paul auf ihrem Gesicht aus. Sofort sprang sie auf und überschüttete mich mit einem gewaltigen Wortschwall, den ich mit meinen noch nicht gerade ausgeprägten Englischkenntnissen selbst wenn ich es gewollt hätte, nicht verstanden hätte. Während sie mich mit weiteren Informationen gut zu überfordern wusste, führte sie mich zu dem Stuhl, auf dem sie gesessen war und drückte mich auf den daneben stehenden. Plötzlich redete sie langsamer. „Du verstehst kein Wort von dem was ich dir sage, oder?", fragte sie kichernd. Leicht überfordert Grinsend antwortete ich mit einem Nein. Sie kicherte noch mehr und beschrieb mir dann langsam und deutlich, dass sie Elanor hieß und Pauls Tochter war und beschrieb mir sehr genau, wie stark sich ein Mensch freuen konnte, einen gleichaltrigen und sogar noch gleichgeschlechtlichen Verbündeten zu haben. Paul mit einer Pfanne dampfenden Spiegeleies, Brötchen, Schinken und drei Tassen voll mit Kaffee rettete mich aus dieser peinlichen Situation und ließ alles mehr oder weniger sanft auf den Tisch plumpsen. Beide nahmen sich von allem und aßen dann lautstark miteinander schwatzend. Sie sprachen mich immer wieder an und versuchten, mich zu integrieren, doch ich hatte viel größere Probleme mit dem Spiegelei, das mir immer wieder von der Gabel rutschte und schon fast komplett zerfasert war. Also nahm ich mir ein Brötchen und knabberte etwas daran herum. Als eine Pause zwischen den beiden entstand, sprach ich Paul darauf an, ob er Besuch gehabt hatte, da ich Stimmen gehört hatte, was zwar nicht wirklich wahr war, ich wollte jedoch nicht weiter darauf eingehen und den Typen, der in „mein" Zimmer geplatzt war in eine unangenehme Situation bringen. Paul erzählte mir von einer Band, die er Managte und aus fünf Jungs bestand. Drei von ihnen waren gestern bei ihm gewesen. Sie spielten in Bars und Veranstaltungen in der Umgebung von Jason und sollten angeblich schon total berühmt sein, auch wenn keiner von ihnen sich mehr wünschte, wie in ihrer Heimat zu spielen.

The New BeginningWo Geschichten leben. Entdecke jetzt