Ich verfluchte auch weiterhin John, der mir eiskalt die Drecksarbeit überließ, obwohl er doch wissen sollte, dass ich ihr näher stand wie sonst wer und es mir deshalb umso schwerer fallen würde. Aber jetzt konnte ich auch nichts mehr ändern und musste mich wohl der Situation biegen.

Bis zum Auto hatten wir kein Wort mehr gewechselt, was ich als ziemlich vorteilhaft empfand, da ich dadurch Zeit hatte, mich an die neuartige Sprache zu gewöhnen. Vorher war es mir nie passiert, dass jemand auf Englisch mit mir gesprochen hatte, meine Lehrer ausgenommen, und es erschwerte diese Situation zunehmend.

Als wir mein Gepäck und Green im Kofferraum verstaut hatten, joggte Paul um mich herum und hielt mir die Tür seines geräumigen, Schlammverschmierten Wagens offen, sodass ich mich hineinziehen konnte.

Als er aus dem Parkplatz gefahren war, spürte ich förmlich, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete und meine Augen feucht wurden. Jetzt war ich auch schon Johns Botschafter geworden. Wenn ich ihn jemals wieder zwischen die Finger bekommen würde, würde er sein blaues Wunder erleben.

„Also was ist denn jetzt der Grund, dass du mich mit deiner Anwesenheit beehrst?", fragte er wohl noch besser gelaunt als gerade eben noch. Tja, das würde sich wohl schon bald ändern.

„Tja, mit dem Satz, dass John ein Arsch ist, hattest du wohl recht", begann ich und musste mich zusammenreißen, um nicht los zu stottern, doch der Kloß in meinem Hals nahm immer weiter zu und auch meine Augen konnten die Tränen nicht länger verdrücken.

„Er hat dir den einzigen Grund, dich aufzusuchen wohl talentiert vertuscht. Der Grund ist für mich auch nicht besonders lustig, also habe ich dich schon mal vorgewarnt. Deine Schwester ist an den Folgen eines Unfalls gestorben, sie war Alkoholikerin und konnte nicht mehr gerettet werden", heulte ich leise in mich hinein.

Die Tränen hatten bei dieser kurzen Beschreibung keinen Halt mehr gefunden und liefen nun in Strömen über meine Wangen. Ich schniefte und sah zu ihm hinüber. Er starrte mit leerem Blick auf die Straße, sein Gesicht war blutleer. Langsam wandte ich meinen Blick wieder von seinem Gesicht ab und sah auf die Straße, wo es - natürlich - zu nieseln angefangen hatte. „Was?", flüsterte er und seine Stimme drohte zu versagen.

„Ich hatte so lange keinen Kontakt mehr zu ihr und ich hatte nicht damit gerechnet, jemals wieder mit ihr zu sprechen, aber darauf war ich nicht vorbereitet. Ich muss mich entschuldigen, aber ich weiß wirklich nicht, wie ich damit umgehen soll", sagte er, doch ich gab ihm darauf keine Antwort, da ich nicht wirklich auf Reden gestimmt war.

Sogar in Momenten des Schocks redete er so viel. Die restliche Fahrt verlief jedoch ruhig. Als wir an einem Palmenumgebenen mehrstöckigen Haus angekommen waren, schüttete es schon fast und er zog zwei Regenschirme aus seiner Seitentür. „Der Regen ist hier ganz normal", meinte er dazu bloß. Er reichte mir einen der beiden Schirme und sprang aus dem Auto, um zum Kofferraum zu eilen.

Ich sah ihm zu, wie er schwerfällig meinen vollgestopften Koffer aus dem Kofferraum hievte und Green an der Leine nahm, und sprang selbst aus seinem hohen SUV. Fröstelnd zog ich meine dünne Jacke um meine Schultern, ich hatte nicht damit gerechnet, dass der Regen solch kalte Luft in die Tropische Zone der Erde bringen konnte.

Ich sah mich um und betrachtete den dichten Wald neben dem Haus eingehend, bis Paul mir gestresst zurief, dass ich kommen sollte, der Regenschirm würde wohl nicht besonders lange dem Regen standhalten können. Also legte ich mich in Bewegung und ging schnellen Schrittes den sanft ansteigenden mit Steinplatten ausgelegten Hang zu der Tür, in der Paul auf mich wartete hinauf. Während meinen letzten paar Schritte brach der Regenschirm in sich zusammen und ein schier unaufhörlicher Wasserschwall schlug auf meinen Kopf und meine Schultern ein und ich fühlte mich wie unter einem Wasserfall.

Als ich unter der Überdachung seiner Haustür stand, tropften einzelne Strähnen meiner Haare auf meine Schultern und auf den Boden und meine durchnässten Vans gaben schmatzende Geräusche von sich. Er hatte bereits seine Turnschuhe ausgezogen und ordentlich in einem Schuhregal verstaut. Ich sah ihn entschuldigend an.

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