Okay, dieses Mal ein Kapitel, das mir nicht leicht gefallen ist zu schreiben. Also lasst bitte Kommentare und Votes da!!:-)
Kapitel Zweiundzwanzig
Die nächsten Tage verbrachten wir größtenteils im Theater um bei den Proben für Romeo und Julia zuzugucken. Während wir den Darstellern beim Tanzen zusahen und Helena ab und zu eine der Figuren zwischen den Sitzreihen ausprobierte, erzählte sie mir in immer größeren Einzelheiten die Geschichte der zwei Liebenden. Sie war sehr ehrgeizig was ihre Tanzschritte anging, übte so lange, bis ihr die Haut wund wurde. Ich sagte ihr jeden Tag, dass sie ihren Füßen Zeit lassen musste, bis sie sich an die plötzliche Belastung wieder gewöhnten. Aber sie war dickköpfig, sie dachte überhaupt nicht daran auf mich zu hören. Und so saßen wir jeden Abend im kleinen Badezimmer unseres Zimmers, sie auf dem Klodeckel mit ausgestreckten Beinen, damit ich Bepanthen auf ihren Zehen verteilen konnte.
Ganz oft benutzte sie den Pavillon und dessen Brüstung um wieder Routine in ihr Tanztraining zu bekommen. Ich hatte dann meistens eine Picknickdecke dabei, damit ich nicht im Schnee sitzen musste, schaute ihr zu, zwang sie öfters mal zu einer Kaffeepause und gab ihr Rückmeldung, zur Haltung, Körperspannung und was alles dazu gehörte. Ich konnte nie sagen, dass irgendetwas mich jemals stören würde. Ihr beim Tanzen zuzusehen war schlicht und einfach faszinierend.
„Gehen wir ein Eis essen?" fragte ich Helena, völlig aus dem Blauen heraus.
„Eis essen?" Sie blieb stehen, mitten in der Innenstadt unter einem Strom von Menschen und spielte amüsiert mit meinen Fingern. „Es ist Januar, Nathan. Es hat geschneit und es sind Minusgrade."
„Aber ich habe Lust auf Schokoladeneis." Jammerte ich.
Sie verdrehte lachend die Augen und zog an meiner Hand, während sie auf ein Eiskaffee deutete. „Vielleicht hast du ja Glück und es sie verkaufen um diese Jahreszeit Schokoeis."
Zu meinem Glück hatte die Frau hinterm Tresen tatsächlich eine große Portion Schokoladeneis für mich. Helena und ich setzten uns ins Lokal, ignorierten die ungläubigen Blicke auf mein Eis und erzählten, so wie wir es immer taten. Ich könnte jedes Mal die ganze Welt umarmen, wenn ich sah, wie gelöst und entspannt Helena mitten unter fremden Leuten war, wie sie einfach alles um sich herum vergaß, wenn wir zusammen waren. Es war alles gut und schön, aber dann, ganz plötzlich setzte sie sich stocksteif auf, die Augen weit aufgerissen.
„Helena?" Ich versuchte ihre Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, schnipste mit meinem Finger vor ihren Augen, wackelte mit den Armen. Und endlich, so ruckartig, wie sie sich versteift hatte, war sie wieder sie selbst.
„Was? Hast du etwas gesagt?" Ihre Stimme war einen Halbton zu hoch und zitterte leicht. Trotzdem versuchte sie sich an einem Lächeln, das ihr allerdings nur halbwegs gelang.
„Nein. Ist alles in Ordnung?" fragte ich besorgt. Skeptisch ließ ich meinen Blick über ihr Gesicht wandern, dann zu ihrer Hand, die sich an der Tischplatte fest gekrallt hatte, sich aber sofort entspannte, sobald sie mein Starren bemerkte.
„Klar." Sie räusperte sich und lächelte erneut. „Ich hatte nur gerade eine Idee. Wir könnten ein Paar Ballettschuhe kaufen."
„Natürlich." Ich verengte meine Augen, wusste, dass sie log. Trotzdem sprach ich sie nicht darauf an. Sie hatte versprochen, dass es keine Geheimnisse geben würde. Und wenn sie bereit war mir zu erzählen, was los war, dann würde sie das tun. Ich vertraute ihr.
***
Die Uni hatte wieder angefangen und mit ihr Vorlesungen, Hausarbeiten und eine ganze Menge Arbeit, die sich in meine freie Zeit drängte. Ich hatte das Gefühl, mit jedem neuen Semester wurde es schwieriger und intensiver. Nichts desto trotz verbrachten Helena und ich mehr Zeit miteinander denn je. Vor allem Ausflüge und Spieleabende mit ihrer Familie sorgten dafür, dass die vier wieder mehr zueinander fanden. Seit wir von Portland wieder nach Hause gekommen waren, ging Helena mit noch mehr Zuversicht und Vertrauen in ihre Familie, daran, wieder eine Beziehung aufzubauen. In der Zeit, in der wir weg waren, hatte sie anscheinend verstanden, wie wichtig es war, dass ihre Familie hinter ihr stand und sie unterstützte, damit aus der Vergangenheit endlich eine Vergangenheit werden konnte. Die Liebe, die die vier verband, musste einfach wieder wachgerüttelt werden. Natürlich saß der Schmerz, einfach so von den Eltern aufgegeben zu werden, noch immer tief und wenn er sie voll erwischte, dann wog ich sie die ganze Nacht weinend im Arm hin und her. Trotzdem, es wurde besser, langsam aber sicher.
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Zerrissene Melodie #Federlichtaward
RomanceNathan ist erfolgreicher Nachwuchspianist an der Juilliard Universität. Als er anfängt Klavierunterricht für einen kleinen Jungen zu geben, lernt er dessen Schwester kennen: ein bildhübsches Mädchen, anmutig und mit furchtbar gebrochenen Augen. Ihre...