Kapitel 10 : Blairs Sicht

17 1 0
                                    


„Es ist nicht richtig...“, flüsterte Roman, aber ich unterbrach ihn. „Schh...“
Ich legte meine Hände in seinen Nacken und war seinem Gesicht gefährlich nah.
Ich zählte bis drei und erwartete, dass er mich bei drei küsste. Aber das tat er nicht.
Er hatte nur den Mund etwas geöffnet und schaute sehnsüchtig auf meine Lippen.
Schließlich hielt ich die Spannung zwischen uns nicht mehr aus und küsste ihn.
Die Explosion war gewaltig. Sie nahm mir die Luft und ließ mich kurz stocken. Doch dann küsste er mich wieder und ich verbarg meine Hände in seinen Haaren.
Seine Hände ruhten an meiner Taille, während wir knutschend an der Wand lehnten.
Gerade schob sich seine Zunge in meinen Mund, als es an der Tür klopfte.
„Roman? Hast du Blair gesehen?“ Scheiße. Heiko.
Sofort lösten wir uns voneinander.
„Komm rein!“, rief Roman und warf mir noch vorher einen Blick zu, den ich nicht genau deuten konnte. Er konnte heißen, dass ich meinen Mund halten solle, aber auch, dass das nie wieder vorkommen soll. Am Ende entschied ich mich dafür, dass der Blick bedeutete, dass wir sozusagen jetzt ein gemeinsames Geheimnis oder sogar eine Affäre hatten.
Heiko kam herein und ich sah die Panik in seinen Augen. Als er mich sah, war er sehr verwundert und schaute direkt misstrauisch zu Roman.
Wie eifersüchtig er wurde. War zwar schon irgendwie süß, aber würde nichts bringen.
Ich würde mich so oder so für Roman entscheiden.
Schnell griff ich in Romans Bücherregal und holte ein Buch hervor.
„Na dann... Danke für das Buch, Roman! Ich gebe es dir so schnell wie möglich zurück.“, sagte ich lächelnd und hielt das Buch wie eine Trophäe in die Höhe.
Dann packte ich Heiko an der Hand und zog ihn aus dem Zimmer.
In der Küche setzte ich mich sofort an den Tisch und fing an zu „lesen“.
„Wofür brauchst du ein Buch für“, er schaute auf den Buchdeckel, „biologische Grundprinzipien?“
Er schaute mich skeptisch an und eine tiefe Falte lag auf seiner Stirn. Dieser Gesichtsausdruck stand ihm nicht. Er machte ihn alt.
Wie Roman wohl aussah, wenn er skeptisch war? Bestimmt wie ein Gott...
„Mir war langweilig und das Thema hat mich in der Schule auch sehr interessiert. Bio war mein Lieblingsfach!“ Ich nickte zustimmend und grinste ihn an.
Eigentlich hasste ich Bio. So wie alle Schulfächer. Außer die Pausen, wenn man die als Schulfach zählen konnte...
Mit der Antwort war er anscheinend zufrieden und ging in das Wohnzimmer.
Ich atmete auf. Gerade noch so die Kurve gekriegt...

Eine Woche später.

Ich konnte immer noch nicht fassen, dass Heiko das zulassen konnte. Aber er hatte sozusagen die Verantwortung für mich, da er schon volljährig und ich nicht war.
Er hatte es entschieden. „Zu deinem Besten!“, hatte er noch gemeint. Das ich nicht lache!
Er hat mich einweise lassen! In eine Psychiatrie! Mich! Ich hatte ein Auto gestohlen, naja so halb, wäre fast in einem Auto ertrunken und jetzt hielt man mich für gestört!
Seit drei Tagen war ich nun hier und ich fand es beschissen! Nur Gestörte laufen hier rum und gaffen einen dumm an.
Und warum hatte er mich in diese Hölle geschickt?! Weil ich mir den Knöchel umgeknickt hatte und dann die Treppe runtergefallen war. Drei Stockwerke!
Und der liebe Herr dachte, dass ich mich selbst umbringen wollte! Schon wieder!
Dieser Blödmann war doch selbst schuld, wenn keine ihn haben wollte!
Nur noch Roman hielt zu mir. Der Liebe kam jeden Tag, um mich zu besuchen und brachte mir irgendetwas mit. Entweder Blumen oder Kuchen, der vorher nach versteckten Medikamenten abgesucht wurde...
Heiko wusste noch nicht von uns und ich meinte die Blumen in meinem Zimmer kämen von einem Verehrer der hier wohnt. Als er dann meinte, er wolle mit ihm reden, hatte ich gesagt, dass dieser Verehrer das nicht verkraften könnte und seine Therapie noch einmal anfangen müsste!
Dann hatte ich ihm tausendmal versichern müssen, dass da nichts liefe, nur um danach, wenn er weg war, mit Roman in meinem Zimmer zu verschwinden.

Jetzt saßen wir, damit meine ich Roman und mich, auf meinem Bett. Unsere beine lagen verhakt auf dem Bett und unsere Oberkörper lehnten gegen die Wand. Sein Arm umschlang mich und ich fühlte mich rundum wohl.
Er hatte übrigens mit seiner Freundin Schluss gemacht. Ganz kalt. Sogar nur per SMS. Ich musste so anfangen zu lachen, als er mir das erzählte.
Er fraß mir jetzt auch aus der Hand und las mir jeden Wunsch von den Augen ab. Trotzdem liebte ich ihn. Ja, ich liebte ihn und fand ihn nicht so nervig wie seinen Bruder.
„Ich will hier raus!“, quengelte ich und machte meinen Hundeblick.
„Ich weiß, Süße, und ich überlege schon die ganze Zeit wie wir dich hier raus kriegen. Heiko hat alle Papiere und wird sie nicht so schnell rausrücken. Außerdem hat er sie eingeschlossen! Er will alles, er will dich, kontrollieren!“, meinte er und riss dabei die Augen so süß auf, dass ich ihn küssen musste.
„Dann breche ich aus! Mit deiner Hilfe!“, schlug ich ihm begeistert vor.
Er überlegte kurz und nickte dann. „Okay!“, er gab mir einen Kuss, „aber wie?“
„Ich überleg mir was! Versprochen!“, antwortet ich und war so froh ihn zu haben.
Mit ihm würde ich Rache an meinen ehemaligen besten Freundinnen finden und danach ein schönes Leben führen können.

Ich kuschelte mich an ihn und er küsste mich auf die Haare. Das hatte Heiko auch oft getan. Wie sich Zwillingsbrüder nur ähneln konnten. Sogar die Stelle einer Frau, die sie gerne küssten, war gleich...

Irgendwann schlief ich wohl ein, da Roman nicht mehr da war, als ich aufwachte. Sofort machte ich mir Gedanken zu unserem Ausbruch.
Ich klügelte den Plan so gut aus, dass ich sogar eine Pinkelpause auf dem Weg zum Flughafen einplante. Alles war ins Detail geplant und würde ein Punkt nicht gut klappen, hatte ich genug Zeit eingeplant.
Es würde perfekt werden. Und dann würde ich Carrie, Madison, Jess und Liz suchen und mich rächen. An allen.
Keine sollte verschont bleiben! Keine!
Auf einmal hatte ich so eine Rachsucht und wollte ihnen alles heimzahlen, dass ich mich wieder auf das Bett schmiss und auf das Kissen einschlug. Am Ende lagen alle Federn verstreut auf dem Boden, aber meine Wut war noch nicht ausgekostet. Ich wollte mir ein bisschen für meine ehemaligen besten Freundinnen aufheben!

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - Auch danke Sarah😙

Hunted  *(pausiert)*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt