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"Du bist echt krank, dass du mit ihr rummachst."

Mit einem angewiderten Gesichtsausdruck rempelte Elijah Lukas an, sodass dieser strauchelte und sich von Enid löste.

"Geht's noch?"

"Das frage ich dich."

Ein dicker Verband bedeckte seine Schulter, er sah müde aus. Seine sonst so stechenden olivgrünen Augen waren matt und von dunklen Ringen unterlaufen.

"Gehört sie seit neustem dir oder warum ist das ein Problem?"

Elijah gab ein verächtliches Schnauben von sich und verschränkte die Arme vor der Brust.

"Mir egal, was du mit ihr machst. Aber sie hat Tollwut. Hat mich gebissen wie ein wahnsinniges Tier. Würde mir dreimal überlegen, ob ich mir was von der einfangen will beim Speichelaustausch."

Kurzzeitig hatte sie Mitleid mit ihm gehabt, doch nun spürte sie die Wut in sich aufsteigen.

"Warum bist du überhaupt hergekommen, wenn ich dich angeblich mit Tollwut infiziert habe? Müsstest du nicht unter Quarantäne stehen?"

Irgendwer lachte. Enid ballte ihre Fäuste zusammen.

Ein winziges, schiefes Lächeln zeigte sich auf Elijahs Gesicht.

"Sieh an, anscheinend hat dir deine Tollwut auch Mut verliehen. Wusste gar nicht, dass du reden kannst, wenn andere dabei sind", stichelte er. Dann holte er sich einen Klappstuhl aus einer Ecke und setzte sich an den Tisch.

"Also? Was spielen wir?"

"Okay Leute, dann mal los, die Show ist vorbei, lasst uns weitermachen!"

Doch bevor sich der letzte hingesetzt hatte, klingelte es schon wieder, diesmal waren es die restlichen Mädels. Vanessa hing quasi auf Elijahs Schoß, sobald sie den Raum betreten hatte.

"Zoey, Lea, ihr braucht mir keinen Stuhl mitbringen, ich sitze bei Elijah", kommandierte sie ihre "Freundinnen" herum, während sie wie selbstverständlich auf seinen Oberschenkeln herumrutschte und er wie selbstverständlich eine Hand auf ihre Oberschenkel legte.

"Was... geht bei den beiden?", fragte Enid flüsternd ihre Freundin.

"Keine Ahnung, die ficken glaub ich."

Alma war eindeutig bereits zu betrunken für derartige Gespräche...

"Lukas, du bist dran. Wir spielen übrigens Trinken, Wahrheit oder Pflicht Elijah." Dieser nickte nur, während Vanessa ihm ein Shotglas füllte. Dabei warf sie ihre langen blonden Locken über ihre Schulter und kicherte schrill, wenn er ihr etwas ins Ohr flüsterte.

Enid spürte ein seltsames Gefühl in sich aufsteigen. Sie dachte darüber nach, was Vanessa wohl dazu sagen würde, dass Elijah nicht nur an ihr herumfummelte. Allerdings war er zu ihr wesentlich netter... sie fragte sich unwillkürlich, was sie ihm eigentlich getan hatte. Sie war diejenige, die allen Grund hätte, wütend auf ihn zu sein.

"Hey Enid... denk an unscheren... Plan!" Almas lallende Stimme drang an ihr Ohr. Mit einem verschwörerischen Blick bedachte Sie Enids Gaffen auf das komische Pärchen.

"Was schlägst du vor?"

"Na zuerst mal... könntesssst du ihm seine Fickbeschiehung mit Vanessa... madig machen... S-sie werden bestimmt gleich verschhhwinnen. Um suuu..." Mit einer anrüchigen Geste bedeutete Alma ihr, dass die beiden wohl miteinander schlafen würden. Enid verzog angewidert den Mund... wenn Vanessa wüsste, was für ein Ekel Elijah sein konnte. "Bevor das passiert... hier."

Sie fischte etwas aus der Tasche ihres kurzen Rocks und schob es Enid unauffällig in die Hand.

"Was ist das?"

"Juckpulver." Almas betrunkenes Gesicht zeigte ein seliges und gleichermaßen teuflisches Grinsen und gerade jetzt fiel Enid wieder mal auf, wie scheinbar unschuldig attraktiv sie war. Ihre blauen Augen, dicht umrandet von tintenschwarzen Wimpern, leuchteten im Kontrast zu ihrer Porzellanhaut und doch war die diebische Schadenfreude darin kaum zu übersehen.

"Du bist ein Wolf im Schafspelz, Alma."

"Äh... was?" Sie hickste.

"Schon gut. Aber wo soll ich das hintun?"

"Na Vaaanescha hat so ein äh... Intimdeo. Dasch macht sssie immer vorm Sssex drauf, weil sie Paranoia hat... hat Angssst, zu müffeln. Ihre Tasche steht in der Küche..."

"Warum lässt sie denn einfach ihre Tasche da stehen... und ist das nicht strafbar? Mit dem Juckpulver?"

"Weil sie verdammt dämlich ist. Und papperlapapp... Sie weiß doch gar nicht, wer das war... wenn du aufpasst..."

Enid seufzte. Okay, die Verlockung war groß. Er hatte ihr so viel angetan... eine Erinnerung drängte sich in ihre Gedanken...

Es war ihr fünfzehnter Geburtstag gewesen, sie hatte vorne auf ihrem Platz im Klassenraum gesessen. Die erste Stunde hatte noch nicht angefangen, aber die meisten Schüler waren schon anwesend. Dann betrat Elijah den Raum, er war immer einer der letzten.

Das erste, was er sagte, als seine Füße die Türschwelle überquert hatten, war: "Urgh, du bist schon wieder hier? Jeden Abend, wenn ich mich ins Bett lege, hoffe ich, dass du dich endlich erhängt oder so hast, damit ich dich am nächsten Morgen nicht sehen muss. Tu uns allen den Gefallen und bring dich endlich um. Scheiß fetter Emo."

Dann war er an ihr vorbeigegangen, hatte ihre Sachen vom Tisch gefegt und vor ihr auf die Tischplatte gespuckt.

"Sei froh, dass es nicht ins Gesicht war. Das nächste Mal, wenn du es wagst, mich mit deiner hässlichen Visage zu belästigen, dann geht es da rein."

Enid hatte damals angefangen zu weinen und ihre 98 Kilogramm aus dem Klassenraum geschleppt, ihren Geburtstag schluchzend hinter dem Schulgebäude verbracht.

Toller Geburtstag. Und das war nicht das einzige Mal, dass er sie gedemütigt hatte...

"Hallo, Erde an Enid?" Alma wedelte mit ihrer Hand vor ihrem Gesicht herum und riss sie aus den Gedanken.

"Äh... ich habe Angst, dass einer von den beiden dabei ernsthafte Probleme davontragen könnte."

Alma verdrehte die Augen.

"Du hassst auch ernssshafte Probleme bekommen wegen ihm! Du hass selbst gesagt, dass du wegen ihm von allen gemobbt und ausgeschlossen wurdest! Und er erinnert sich nicht mal an dich, wie soll er es dann bereuen? Er ist immer noch ein Arsch!"

"Okay, okay, ist ja gut. Ich mach's!"

Für das, was er getan hatte, war ein bisschen Juckpulver doch Kinderkram...

...oder?

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