Verzweiflung

1.1K 56 10
                                    

Thranduil
Dunkelheit. Nichts als Dunkelheit umfing mich. Ich wusste nicht wo ich war, ob ich überhaupt noch lebte. Ich versuchte, meine Arme zu bewegen und es klappte. Auch meine Beine und den Rest meines Körpers konnte ich bewegen, auch wenn es ein bisschen schmerzte, vor allem mein Kopf. Ich versuchte, meine Augen zu öffnen, doch ich schaffte es nicht. Schließlich ließ ich es bleiben und ließ sie geschlossen. Unter mir spürte ich etwas weiches, gepolstertes: Ein Bett. Ich dachte nach. Was war passiert? Wie kam ich in ein Bett? Doch ich konnte keine Antwort finden. Das letzte, woran ich mich erinnerte, war, dass ich im Thronsaal gewesen war. Dann war alles weg. Ich wusste nichts mehr. Noch einmal versuchte ich mich zu erinnern, was dann passiert war, doch je mehr ich nachdachte, desto stärker wurden meine Kopfschmerzen, also hörte ich auch mit dem Nachdenken auf und versuchte, zu schlafen, da ich spürte, dass ich etwas schwach war. Warum nur?
Ich wusste nicht, wie lange ich geschlafen hatte, doch irgendwann hörte ich zwei Stimmen. Zuerst gedämpft, doch dann klar und deutlich. Eine der Stimmen konnte ich keiner Person zuordnen, doch die zweite Stimme gehört ganz eindeutig Feren, meinem ersten Berater und engster Vertrauter, man könnte auch sagen er wäre mein bester Freund, mein Seelenbruder. ,,Nun sag schon Brethil, wie steht es um ihn?", hörte ich Feren. Seine Stimme war angespannt. ,,Er wird bald aufwachen. Und ich vermute, dass er bereits jetzt hört, was in seiner Umgebung passiert", erklärte die unbekannte Person, offenbar Brethil. Kurz herrschte Schweigen, dann hörte ich Schritte die sich entfernten. Die Tür wurde geöffnet und kurz darauf wieder geschlossen. Jetzt war ich offenbar wieder alleine. Ich drehte mich auf den Rücken und schlug meine Augen auf. Doch noch immer sah ich nur Schwarz. Ich war verwirrt. Was war hier los? Ich schloss meine Augen noch einmal. Ja, ich hatte meine Augen offen gehabt. Doch wieso hatte ich dann nichts gesehen? Ich öffnete meine Augen wieder. Diesmal ganz langsam. Doch wieder sah ich rein gar nichts. Nur Schwarz. Ich hörte, wie die Tür des Raumes, in dem ich mich befand, geöffnet und kurz darauf wieder geschlossen wurde. Ich setzte mich vorsichtig auf und sah in die Richtung, in der ich die Tür vermutete, auch wenn ich nichts sehen konnte. ,,Mein König, Ihr seid wach", hörte ich Feren sagen und hörte seine leisen Schritte, die sich mir näherten. ,,Feren?", fragte ich, um wirklich sicher zu sein, dass er es war. ,,Ja, ich bin es", sagte er. Seine Stimme war ein klein wenig lauter, woraus ich schloss, dass er nun neben dem Bett stand. ,,Wie...geht es Euch?", fragte Feren und ich konnte ein wenig Unsicherheit in seiner Stimme hören. ,,Ich...", kurz hielt ich inne, ,,Ich bin verwirrt und.....wenn du das jemandem sagst, werfe ich dich in den Kerker...ich fürchte mich." ,,Ich schwöre ich sage kein Wort", sagte Feren, ,,Warum fürchtet Ihr Euch?" Ich zögerte kurz. ,,Ich sehe nichts", brach es schließlich aus mir heraus, ,,Nur Schwärze. Sonst sehe ich nichts." Feren seufzte. ,,Also hatte Brethil recht...", murmelte er besorgt. Wusste Feren etwa, was hier vor sich ging? Warum ich nichts mehr sah? ,,Womit hatte er recht?", fragte ich schon beinahe wütend und richtete meine Augen dort hin, wo ich Feren vermutete. ,,Er...er hatte es schon vermutet, war sich aber noch nicht hundertprozentig sicher...", begann Feren unsicher, ,,Aber offenbar ist es wahr..." ,,Was ist wahr?", knurrte ich ungeduldig. Ich hasste es, auf eine konkrete Antwort warten zu müssen. Feren sagte nichts. Anscheinend zögerte er noch. ,,Sprich mit mir!!!", sagte ich laut. ,,Ihr seid erblindet", sagte Feren vorsichtig und leise. Ich erstarrte. Das war nicht möglich. Noch nie hatte es einen blinden Elb gegeben. Wie war das überhaupt möglich? Wie konnte das passieren? Warum ich? Zu viele Fragen schwirrten in meinem Kopf herum und die Kopfschmerzen kamen langsam zurück. ,,Geh", befahl ich, ,,Lass mich alleine!" Ich hörte, wie sich Ferens leise Schritte entfernten und er kurz darauf den Raum verließ. Ich ließ mich wieder nach hinten ins Kissen fallen. Viele Fragen schwirrten mir durch den Kopf und verursachten Kopfschmerzen, bis sich irgendwann ein Wort in den Vordergrund drängte: Unheilbar. Es gab kein Heilmittel gegen Blindheit. Weder die Elben, noch die Menschen, Zwerge oder Hobbits hatten je einen Blinden heilen können, wobei das bei den Elben ja nie nötig gewesen war. Selbst die Zauberer Mittelerdes hatten ein solches Wunder noch nicht vollbracht. Ich spürte etwas kleines, nasses auf meinen Wangen. Tränen. Ich konnte sie einfach nicht zurückhalten, zu groß war meine Verzweiflung. Wie sollte es jetzt weitergehen? Ich war blind für den Rest meines unsterblichen Lebens und nicht einmal die Möglichkeit, in den Westen zu segeln, würde mir helfen, denn dort war ich genauso blind wie hier. Und zudem war ich ja noch König und musste ein Volk regieren. Würde mein Volk einen blinden König akzeptieren? Und dann war da noch mein Sohn, Legolas, den ich seit dem Ringkrieg nicht mehr gesehen hatte. Er sei wohlauf, doch er wolle die Welt erkunden, schreib er in einem Brief. Dieser Brief war das letzte, was ich von ihm gehört hatte und das war nun schon 15 Jahre her. Was würde Legolas wohl dazu sagen, dass ich erblindet war? Würde er mich noch akzeptieren? Wir hatten es noch nie leicht gehabt, zumal meine Frau, Legolas Mutter, vor mehr als 800 Jahren gestorben war. Damals war mein Herz zerbrochen, doch ich schwor mir, stark zu bleiben. Für Legolas, der damals noch ein kleiner Elbling war. Ich schaffte es, meinen Schmerz und die Trauer im Zaum zu halten, doch dadurch wurde ich kalt und unnahbar. Das Verhältnis zwischen Legolas und mir litt darunter. Ich verschanzte mich immer öfter hinter meinem Schreibtisch, wimmelte Legolas jedes Mal, wenn er zu mir kam, mit der Begründung, noch viel arbeiten zu müssen, ab. Der starke Wein Dorwinions wurde mein bester Freund und ich ertränkte meine Sorgen und Gewissensbisse in ihm. Gespräche oder Treffen aus privaten, familiären Gründen wurden immer selterner und endeten meist im Streit. Und Legolas nahm mit der Zeit ein wenig meinen Charakter an. War er doch als Elbling und junger, erwachsener Elb eine Frohnatur gewesen, so wirkte er jetzt kühl und verschlossen. Diese Erinnerungen ließen mich nur noch mehr weinen. Stundenlang lag ich so da. Starrte an die Decke, obwohl ich sie sowieso nicht sah und weinte alle Trauer und alle Verzweiflung einfach heraus. Das erste Mal seit dem Tod meiner Frau wusste ich nicht mehr, wie es weitergehen sollte. Ich war einfach nur verzweifelt.

Hurt by Fire ⚜A Middleearth Story| Book 1⚜Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt