- "Mein-" Ich lächelte Stolz. "-Freund." -

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Lesenacht 1/5

Den Rest der Fahrt schwieg er und hielt meine Hand. Immer wieder strich er mir seinem Daumen über meinen Hand Rücken. Es war schön ihn wieder bei mir zu haben, auch, wenn es in letzter Zeit sehr Tränenreich und verwirrend war.

Schließlich hielt sein Wagen direkt vor meinem Lieblingsort. Ich konnte den Geruch von Pferd schon aus dem Auto riechen. Auch das machte mich wieder etwas glücklich. Lange Zeit war ich nicht mehr hier. Fast fünf Monate.

"Und...wir sind hier richtig?" Fragte Stephen mich und sah unsicher auf den riesigen Bauernhof.

Ich nickte. "Ja, wir sind hier volkommen richtig."

Auch er nickte, danach stiegen wir aus. Auf dem Weg zu Nana's Haus hörte ich bereits Pferde wihern und sog tief den Geruch des Bauernhofes ein. Ich griff zu Stephens Hand. Er verschränkte seine Finger mit meinen und folgte mir schließlich.

Ich drückte den Knopf der Klingel und wartete einige Sekunden. Kurze Zeit später stand Michael vor mir und sah mich mit weit aufgerissenen Augen an.

"Heilige Maria Gottes!" Murmelte er. "Nana! Komm liebes! Rosa ist hier!" Rief er dann nach hinten und schloss mich in seine Arme.

"Du veräppelst mich oder?" Hörte ich es von innen.

"Nein, Nein tut er nicht." Rief ich in den großen Flur hinein.

Ich hörte Geschirr klappern. Wenige Sekunden später stand sie vor mir und hatte glasige Augen.
"Och Gottchen! Rosa!"

Die kleine Oma schloss mich herzlich in ihre Arme und strich mir immer wieder über den Rücken. "Ist das schön dich zu sehen!"

Lächelnd strich auch ich ihr über den Rücken. "Schön euch wieder zu sehen..."

Als wir uns wieder lösten drehte ich mich zu Stephen um nickte ihn zu mir. Er trat ganz neben mich.

"Das ist Stephen. Mein-" Ich lächelte stolz. "-Freund."

Nanas Blick fiel direkt auf ihn. Sie streckte, ohne einen Hauch Vorurteil, ihre zierliche Hand aus und lächelte. Ja, wenn man Stephen nicht sieht und dann erst kennelernt, kann er ziemlich gefährlich wirken.

"Grüß dich! Ich bin Nana."

Auch er lächelte leicht und griff nach ihrer Hand. "Freut mich."

Danach kam Michael. Auch er streckte ihm lächelnd seine Hand entgegen und schloss ihn in seine Arme. "Freut mich dich kennen zu lernen."

"Ebenfalls." Schmunzelte er.

"Kommt doch rein...Ich habe gerade Kuchen gebacken!" Strahlte Nana. Ich sah zu Stephen der nickte, also folgten wir dem süßen Pärchen durch das wunderschöne Bauernhaus und ließen uns dort im Wohnzimmer nieder.

Alles kam mir direkt bekannt vor, denn alles stand an gleicher Stelle. Überall an den Wänden hingen Bilder von Auszeichnungen, alte Bilder von ihnen und sogar noch von mir.

Mit Melody.

Ich blieb vor der hölzernen Komode stehen und nahm das Bild, welches eingerahmt war, in die Hand. Darauf konnte man sie und mich grinsend nah bei einander stehen sehen. Hinter uns Sunrise und Yellow.

Ich konnte mich noch ganz genau an den Tag erinnern.

Sommer war es damals. Wir hatten wieder mal einen Ausritt gemacht.

"Du bist noch viel schöner geworden, als du es damals eh schon warst..." murmelte Stephen welcher neben mir stand und küsste meinen Kopf. Ich lachte leicht und merkte wie wässrig meine Augen wurden.

Es war das erste mal, nach sieben Jahren, dass ich wieder ein Bild von ihr und mir sah.

Das erste mal- nach sieben langen Jahren.

"Ich konnte es einfach nicht weg nehmen. Ihr zwei seht so toll auf dem Bild aus..." hörte ich Nana neben mir. Ich sah zu ihr. Auch sie hatte glasige Augen.

Ich lächelte leicht und stellte es wieder zurück. Ändern kann man das Vergangene eh nicht mehr. Wohl oder übel muss ich akzeptieren, dass sie nicht mehr unter uns ist.

"Nun gut. Genug davon...Lasst uns ein wenig quatschen!" Nana strahlte wieder und zeigte zu der schwarzen Leder Sofaecke.

Als wir saßen, legte Stephen einen Arm um meine Schulter und küsste meine Wange. "Alles gut?"

Ich nickte und sah wie sein Blick sich ein wenig zu seinem ich-bin-stolz-auf-dich Blick änderte. Wieder hatte ich ihm etwas von meiner Vergangenheit gezeigt. Und das andere, wird er auch bald erfahren.

Er wird ihn kennenlernen.

"Nun gut liebes!" Lächelte Michael und griff liebevoll zu Nana's Hand. "Erzähl, was ist so neues passiert?"

Ich öffnete meinen Mund und begann zu berichten. Aber nur von den Dingen, die schön waren. Die schmerzhaften Sachen umging ich ganz bewusst.

-

"...Aber schön zu hören, dass es endlich jemanden gibt der dir halt gibt."

Nana und Michael lächelten mich liebevoll an. Ich sah hinauf zu Stephen und lächelte ebenfalls.
"Ich finde es auch schön..."

Er lächelte ebenfalls und küsste meine Stirn. Plötzlich hörte ich wieder ein wihern, nur, klang es eher aufgeregt und aggressiv.
Mein Kopf schwankte zum Fenster.

"Er hat wieder einen Anfall..." murmelte Michael und sah bedrückt zu Nana. Ich hatte da so ein Gefühl zu wissen wer es war.

"Rosa...Ich denke- Willst du ihn sehen?"

Ich atmete tief durch. "Ja. Ja will ich."

Stephen spannte sich, fragend gemeint, an. Ich sah zu ihm hinauf. "Jetzt lernst du ihn kennen."

Fragend sah er mich an. Nana überreichte mir den Schlüssel zu seiner Koppel. Ich zog Stephen hoch und schließlich mit mir. Nana und Michael folgten uns.

Nichts hatte sich hier verändert. Ich kannte mich immer noch ziemlich gut aus. Den gesamten Hof, alle Kuppeln und Koppeln. Sogar an die Leute kann ich mich noch erinnern.

"Er ist ein wenig aufgeregt. Ich weiß nicht wie er reagieren wird...Schließlich vertraut er niemanden mehr." Rief Nana mir hinter her. Sie wollten mich und Stephen alleine lassen und blieben deswegen im Haus.

"Okay." Murmelte ich.

"Was meint sie kleines?" Fragte mich Stephen besorgt. Kurz blieb ich stehen und sah ihn an. Er schwieg und behielt seinen fragenden Blick. Er schwankte zu meinen Lippen.

Ich zog ihn ruckartig zu mir herunter und küsste ihn- nach vier Tagen. Sofort erwiderte er es und zog mich an sich.

"Sie meint meine Vergangenheit."

Ohne auf seine Antwort ab zu warten zog ich ihn mit mir und schloss schließlich das Tor auf welches zu seiner Koppel führte. Schon von weitem konnte ich sein schwarzes, schimmerndes Fell sehen. Er lief wild umher, wirkte verzweifelt. Ich stoppte direkt vor dem Tor zu seiner Koppel. Ruckartig blieb der schöne Hengst stehen und spitzte seine Ohren. Er schnaubte.

Tief atmete ich durch und trat näher- öffnete aber noch nicht das Tor. Leicht begann ich zu zittern und ließ Stephens Hand los, dessen Blick auf mir ruhte. Er strich sanft über meinen Kopf und legte schließlich einen Arm um meine Taille.

Er gab mir Kraft.

Kraft die ich brauchte.

"Hab keine Angst kleine Rose..." Murmelte er in mein Ohr. Vermutlich verstand er allmählich was das hier zu bedeuten hatte.

Ich sah zu ihm hinauf und nickte. Danach richtete ich meinen Blick wieder zur Koppel. Und dann...

...dann pfiff ich laut.

Nach sieben langen Jahren tat ich das, wozu ich nie den Mut hatte.

"Yellow!" Rief ich seinen wertvollen Namen.

Nach sieben, verdammt langen Jahren.

Wenn ich falle.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt