Geständnisse

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Ich stehe stocksteif da und wage nicht zu atmen. Habe ich das gerade wirklich gesagt?
Anscheinend schon, denn Ashlee bleibt ebenfalls stehen und ich kann spüren, wie ihr Körper sich anspannt. Ihre Hand auf meinem Rücken greift ein wenig fester zu, löst sich aber schnell wieder. Dann tritt Ashlee einen Schritt zurück und nimmt mich an der Hand. Ohne mich anzusehen, führt sie mich in Emilys Küche, schließt die Tür hinter sich, dreht sie sich zu mir um und verschränkt die Arme vor dem Körper. Mein Herz klopft wie verrückt. Warum habe ich das bloß gesagt! Und was wird Ashlee jetzt tun?
"Was heißt 'lieben'?"
Ihre Stimme ist kalt und hart. Ich schrecke zusammen und fühle mich hilflos unter ihrem stechenden Blick.
"Was?", frage ich verwirrt und trete in dem begrenzten Raum einen Schritt zurück. Ashlee steht weiterhin vor der Tür.
"Was bedeutet lieben für dich?", wiederholt sie ihre Worte erneut und der Muskel ihres Kiefers zuckt, als sie die Zähne zusammenbeißt.
"Worauf willst du hinaus?", will ich wissen und schlucke heftig, als ich bemerke, dass Ashlee's Augen eine fast schwarze Färbung angenommen haben.
"Ich habe nicht die gleichen Gefühle für dich, wie du für mich."
Die Worte kommen glatt aus ihrem Mund, doch gleichzeitig blitzt in ihren Augen so etwas wie Wehmut auf. Allerdings ist das nebensächlich, denn mit ihren Worten splittert mein Herz in tausend Teile. Die Stücke bohren sich in meinen Körper und verursachen Höllenschmerzen.
"Ich...klar. Natürlich, warum solltest du auch", stammle ich nur mit zitternder Stimme und versuche ein kleines Lächeln zustande zu bringen. Wie konnte ich auch nur eine Sekunde glauben, dass Ashlee etwas für mich empfinden würde. Ich bin für sie nur eine Lehrerin und nichts weiter. Aus welchen absurden Gründen habe ich auf mehr gehofft?
Ashlee löst die Arme von der Brust und stützt sich an der Theke ab. Sie schließt kurz die Augen und atmet tief durch. Als sie sie erneut öffnet, sind ihre Augen wieder von einem tiefen Blau.
"Ich fühle mich geehrt, dass du dich ausgerechnet in mich verliebt hast. Und ich verspreche dir auch, dass ich es für mich behalten werde, da ich genau weiß, welchen Ärger du an der Schule bekommen würdest. Aber ich kann dir nicht das geben, was du von mir erwartest. Es tut mir leid."
Ihre Stimme ist rau und auch deutlich sanfter als zuvor, doch sie vermag mit ihren Worten nicht den Sturm zu beruhigen, der in mir tobt.
"Natürlich nicht, ich meine, es war einfach...dumm dir das zu sagen", sprudelt es aus mir heraus und ich lache gequält auf,"es wäre absurd zu glauben, dass du auf Frauen stehst und dann auch noch auf mich...vergiss einfach was ich gesagt habe, ja?"
Und ohne es verhindern zu können, schießen mir die Tränen in die Augen und rollen meine Wangen hinunter. Ich klammere mich am Stuhl hinter mir fest um nicht zu Boden zu sinken. Es ist zu viel für mich, meine Gefühle übernehmen die Kontrolle über meinen Körper.
Ashlee zögert einen winzigen Augenblick, dann durchquert sie mit zwei großen Schritten den Raum und zieht meinen zitternden Körper in ihre Arme. Ihr vertrauter Duft schlägt mir entgegen und ihr warmer Körper schmiegt sich tröstend an mich. Und hätte ich nicht gerade ein gebrochenes Herz, dann würde es jetzt wohl wie wild schlagen.
"Glaube ja nicht, dass ich keine Gefühle für dich hätte, weil du meinen Ansprüchen nicht gerecht wirst. Du bist eine der hübschesten Frauen, die ich je kennenlernen durfte, von innen und von außen", flüstert Ashlee mir ins Ohr aber ich nicke nur zaghaft. Ich kann ihren Worten einfach nicht glauben. Wäre ich so wunderschön wie sie es ist, hätte ich auch kein Interesse an mir. Vermutlich könnte ich mich noch nicht mal dazu überwinden, das weinende Etwas in den Arm zu nehmen. Aber Ashlee tut es. Und sie streicht mir beruhigend über den Rücken, während ich wegen ihrer Zurückweisung weine.
Und in diesem Moment schäme ich mich für den Ausbruch meiner Gefühle und dafür, dass ich mich ihr so aufgedrängt habe.
Entschlossen drücke ich gegen Ashlee's Brust und befreie mich so aus ihrer Umarmung, auch wenn alles in mir dagegen anschreit. Ich wische mir schnell die Tränen vom Gesicht und versuche eine gleichgültige Miene aufzusetzen. Meine Schülerin sieht mir verwirrt dabei zu.
"Nun denn, dann ist ja alles geklärt. Wir können wieder nach draußen gehen", sage ich mit bemüht fester Stimme und sehe Ashlee direkt in die Augen.
Sie nickt nur langsam und macht erneut einen Schritt auf mich zu.
"Nur eins noch. Bitte geh nicht zu Collin zurück. Versprich es mir!"
Ihre Stimme ist beinahe flehend und ihr Blick bittet mich inständig darum.
"Ich kann selbst auf mich aufpassen, Ashlee", ist alles was ich darauf antworte, dann lehne ich mich vor, drücke ihr einen sanften Kuss auf die Wange und verlasse beinahe fluchtartig die Küche.

With you everything changedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt