Gebrochen

3.4K 259 17
                                    

Ashlee
______________
Mein Kopf pocht heftig und eine warme Flüssigkeit tropft von meinem Kinn herunter, als ich langsam die Augen öffne. Es dauert eine Weile bis mein Gehirn so weit denken kann und ich vorsichtig damit beginne meine Umgebung zu realisieren. Meine Hände sind an lange Ketten gefesselt, die von der Decke baumeln und meine Füße schweben nur knapp über dem steinernen Boden, auf dem sich bereits eine rote Lache gebildet hat. Blut. Mein Blut.
Die Wände sind ebenso grau und trist wie der Fußboden unter mir, es gibt keine Fenster und die eiserne Tür mir gegenüber sieht auch nicht so aus, als wäre sie leicht zu öffnen. Ich bin gefangen. Und keiner weiß wo ich bin.
Stöhnend hole ich tief Luft, was mir aber nur noch zusätzliche Schmerzen einbringt und mich würgen lässt, auch wenn sich nichts mehr in meinem Magen befindet, das ich erbrechen könnte. Alleine der unangenehme Geschmack von Blut gemischt mit Magensäure, füllt meinen Mund und ich verziehe angewidert das Gesicht.
Je länger ich so gefesselt in meiner misslichen Situation gefangen bin, desto stärker schmerzen meine Schultern und mein Rücken. Doch ich beiße die Zähne zusammen und gebe keinen Ton von mir, denn ich weiß dass ich beobachtet werde. Und ich will auf keinen Fall schwach wirken.
Um mich irgendwie von den Schmerzen abzulenken, durchforste ich die verschiedensten Erinnerungen in meinem Kopf und bleibe schließlich an einer hängen. Liz.
Es beruhigt mich zu wissen, dass sie in Sicherheit ist und nicht mit mir hier in diesem Verlies eingesperrt ist. Ich will mir gar nicht vorstellen, was mit ihr passieren würde.
"Na sieh mal einer an."
Ich schrecke hoch und fletsche sofort wütend die Zähne, als niemand anderes als Collin den Raum betritt und die schwere Tür hinter sich schließt. Und jetzt bin ich mir sicher. Es war seine Stimme, die ich kurz vor meiner Bewusstlosigkeit noch gehört habe.
"Was soll das hier, Collin!", fauche ich und zerre an den Ketten, was ihn nur zum Grinsen bringt. In mir brodelt es gewaltig.
"Wie soll ich sagen... Andere Zeiten, andere Sitten. Glaub mir, es wäre mir lieber gewesen, dich nicht in diesem Keller hängen zu haben, aber es ist nun einmal so passiert und jetzt müssen wir das Beste draus machen."
Er zuckt mit den Schultern und bleibt mit verschränkten Armen vor mir stehen. Ich funkle ihn an.
"Was wollt ihr von mir?"
"Den Wirkstoff."
Ich sehe ihn verständnislos an.
"Ich habe ihn nicht bei mir, was ihr sicherlich schon bemerkt habt und ich kann ihn auch nicht herstellen", gebe ich brüsk zurück, Collin nickt.
"Das ist mir klar, aber wir wissen, dass ihr möglicherweise ein Vorkommen des richtigen Stoffes gefunden habt. Und du weißt wo es liegt."
Verächtlich spucke ich ihm vor die Füße und lasse ein kaltes Lachen hören.
"Das wirst du nie von mir erfahren."
"Da wäre ich mir nicht so sicher."
Zitternd vor Wut beobachte ich Collin dabei wie er zu einem kleinen Schrank in der Ecke geht, dort ein kleines grünes Fläschchen hervorholt und den Inhalt in eine Spritze füllt.
"Mal sehen, ob du nach dieser Höllentortur immer noch nichts sagen willst."
Seine Stimme und sein Gesicht zeigen pure Gleichgültigkeit, als er mein T-Shirt nach oben schiebt und die Nadel der Spritze, trotz heftiger Gegenwehr meinerseits, gnadenlos in meine Schulter rammt. Mir bleiben nur noch wenige Sekunden, um mich vorzubereiten, da schießt die Flüssigkeit bereits durch meine Venen und lässt mich laut schreiend zurück.
______________
Collin hat nicht übertrieben. Es ist die blanke Hölle. Diese Flüssigkeit brennt in meinem Körper, als stünde ich in Flammen und egal wie viel ich schreie, das Brennen hört nicht auf.
Zweimal muss ich diese Prozedur über mich ergehen lassen und jedes Mal bete ich, dass mein Körper aufgibt und mich in tiefe Bewusstlosigkeit sinken lässt, doch mir wird keine Gnade geschenkt. Und dennoch ist unter all den Schmerzen kein Wort über meine Lippen gekommen, die ich weiterhin fest verschlossen halte. Ich weiß, dass ich es schaffen kann, dass ich stark genug bin diese Folter zu überstehen, aber als Collin zum dritten Mal die Spritze aufzieht, zittert mein Körper bereits vor Schwäche, mein Herz schlägt viel zu schnell und meine Haut ist von Schweiß überzogen.
"Du bringst sie um."
Unter großer Mühe schaffe ich es den Kopf zu heben und in die kalten Augen einer dunkelhaarigen Frau zu sehen, die ein leichtes Lächeln auf den Lippen trägt.
"Nicht, dass ich etwas dagegen hätte, aber so bekommen wir nicht die Informationen, die wir haben wollen, nicht wahr Kleine?"
"Nett Sie kennen zu lernen, Catherine", spotte ich betont höflich und lächle der ältere Frau vor mir zu. Sie ist die Anführerin der Revec und im Gegensatz zu Collin besitzt sie durchaus Intelligenz. Und das ist nicht gut.
"Ich habe schon viel von dir gehört, Ashlee. Sag, wie geht es der Familie? Was macht die Freundin?"
Bei ihrem letzten Wort, verziehen sich ihre Lippen zu einem süffisanten Grinsen, während ich erschrocken meine Augen aufreiße. Nein! Alles bloß das nicht!
"Wir haben eine Abmachung getroffen", knurre ich und reiße Catherine mit meinen Augen förmlich in zwei,"keiner. fasst. sie. an!"
Ich betone jedes Wort einzeln und spucke es ihr nur so vor die Füße. Catherine lächelt nur unbeeindruckt, während Collin amüsiert lacht.
"Tja, blöd nur, dass du bereits selbst den Vertrag gebrochen hast, Ashlee Saper. Ihr beide könnt eure Finger nicht voneinander lassen, das sieht sogar ein Blinder", grinst er und stellt sich neben seine Anführerin. In mir zieht sich alles zusammen und ich versuche fieberhaft eine Lösung zu finden, doch egal was ich mir auch überlege, es ändert nichts an der Tatsache, dass ich hier gefangen bin. Vollkommen hilflos.
"Hach, junge Liebe. Sie kann so schön sein. Und so nützlich."
Catherine legt ihre Hand auf Collins Arm und wendet sich an ihn.
"Bring sie her. Und ich bin mir sicher, dann wird es nicht mehr lange dauern, bis unser Vögelchen ein Lied pfeift."
Ohne sich nochmal umzusehen verlässt die Anführerin der Revec den Raum. Und nachdem Collin mich so weit herunter gelassen hat, dass ich auf meinen Füßen stehen kann, folgt er ihr.
Ich bin wieder alleine.
Und ich weiß, dass ich alles tun werde um Liz zu beschützen. Ich kann nicht anders. Ich werde meine Familie verraten.
Stille Tränen rinnen über meine Wange und tropfen mit einem leisen Geräusch auf den kalten Boden.

With you everything changedWo Geschichten leben. Entdecke jetzt