Blutrot

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[… Noch nie…]

Dann war es so weit. Ich sollte operiert werden. Lena blieb solange sie durfte bei mir, doch als ich in den Operationsaal geschoben wurde, durfte sie nicht mitkommen. Ich hatte Angst. Die Betäubung, die man mir schon vor der Operation gegeben hatte begann zu wirken. Meine Hände fühlten sich schon taub an und ich wurde immer schwächer. Dann meine Beine und zuletzt mein Kopf. Benebelt aber noch nicht ganz betäubt wurde ich auf den Operationstisch gehoben, an mehr erinnerte ich mich nicht. Ich hatte das Foto noch in der Hand. Das Foto von Terces und mir. Ich hielt es fest in meinen Händen und kein Betäubungsmittel konnte meinen Griff um es lockern. Ich krampfte meine Hände darum als wäre es mein Leben. Aber ehrlich, waren Terces, Lena und Philipp nicht mein Leben?

Black out. Die Operation konnte beginnen. Ich war kein bisschen mehr bei mir. Bis ich im Erwachungssaal zu mir kam. Lena saß vor mir und als ich die Augen öffnete fiel sie mir um den Hals.

„Ich hatte solche Angst um dich!"
weinte sie, aber ich wusste, dass es Freudentränen waren.

Echte Freudentränen. Warum ich das wusste, brauchte ich nicht in Frage zu stellen. Ich wusste es einfach. Ich wollte Lena antworten aber ich konnte nicht. Mein Mund war noch betäubt und ich fühlte mich schwach und elend. Ein Gefühl von Hilflosigkeit stieg in mir hoch. Doch es war keine Angst. Es war... nicht zu beschreiben, einfach anders als jedes andere Gefühl. Dieses Gefühl hatte ich noch nie wirklich erlebt. War das Freundschaft?

Ich sah nur noch wie Lena den Mund bewegte. Hören konnte ich sie nicht. Mir wurde schwarz vor Augen. Immer diese Verdammten Fragen! Ich war es so sehr leid, immer von meinem Gehirn abhängig zu sein. Wenn es nicht wollte, konnte ich nichts dagegen machen. Es hatte die Kontrolle über meinen Zustand, über meine Gefühle, über meinen Aus-Schalter... Über einfach alles! Manchmal wünschte ich mir, dass ich einfach von meinem Gehirn abgespalten wäre. Ich könnte dahin gehen, wohin ich wollte und denken, was ich wollte und kein bescheuerter Knopfdrücker würde meinen Körper lahmlegen um dies zu verhindern.

Es war wie eine Betäubungsspritze. Irgendwann würde ich sicher gegen sie immun sein, irgendwann wäre ich ihr sicher nicht mehr ausgeliefert! Irgendwann... Wann war denn irgendwann und, wie konnte ich feststellen, ob es dieses Irgendwann überhaupt gab?

Mein Blut schoss mir in den Kopf. Alles schien immer weiter weg. Ich schien das Bewusstsein zu verlieren aber nicht mit mir, mein Kopf hatte dieses Spielchen lange genug mit mir getrieben irgendwann war JETZT und jetzt hatte ich GENUG! Ich konnte nichts gegen das zurückfallen meines Körpers aus der Senkrechte tun, aber sehr wohl etwas gegen den Gedächtnisverlust. Warum wollte mein Gehirn nicht, dass ich die Momente nach den Fragen sah, was war daran so schlimm?

Ich bekam eine Gänsehaut. Schweißperlen lagen mir auf der Stirn.

„Ach wenn du nicht immer so viel denken würdest, Luna!!"
schrie eine Stimme aus meinem inneren
„Dies ist nur ein Schutzmechanismus gegen diese Fragen, auf die du keine Antwort bekommst, du wirst sie alle nach und nach vergessen, jede Frage, die an ein Blackout gebunden ist, jede Frage, bei der du nicht mehr weißt was danach geschah, alles wird nach und noch gelöscht, wiedersetzte dich dem nicht, es ist das Beste für dich!!"

„Nein!"
schrie ich.

Zumindest wollte ich schreien, aber aus meinem Hals kam nicht ein leises Geräusch. Vielleicht sollte ich es doch akzeptieren und mich dem hingeben. Es war mein Schicksal, was interessiert mich, welche Fragen ich in meinem Leben gehabt habe, wenn ich doch auch als ahnungslose mit Philipp zusammen sein konnte? Ich würde nur nicht über die Fragen die ich mir gestellt habe Bescheid wissen, den Rest würde ich schon wissen. Ich glaubte fest daran. Philipp zumindest würde ich nie vergessen. Wo war er bloß, Nein, bloß nichts denken. Nichts denken! Ich versuchte mein Gehirn abzulenken etwa mit meinem Bruder oder dem neuen Kinofilm „Krieger des Lichts" aber mein Kopf ließ sich nicht verarschen. Wäre ich jetzt etwa für immer auf mein Gehirn angewiesen, was es wollte und was es nicht wollte?

Schlaf. Kein Black-out, was mich wunderte. Ich war noch bei Verstand, aber mein Körper gehorchte mir nicht mehr. Es war kein richtiger Schlaf, etwas anderes... es war egal. Irgendwie musste ich mich aus diesem Bann wieder lösen. Schließlich wusste ich nicht, wie lange es dauern würde, auf natürlichem Wege „Aufzuwachen".

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Moon Child- Undying LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt