17. Auf der Wiese

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"Alles für die Freiheit", sagt sie laut zu sich selbst, bevor sie das Wasser wieder ausstellt.

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In der Nacht wieder normal zu träumen, fühlt sich komisch an. Eigentlich ist es genau wie vor einigen Wochen, aber es verwirrt sie irgendwie. Vermutlich weil sie seit Wochen nicht mehr geträumt hat. Irritierend ist daran vor allem, dass ihr klar ist, dass es nur ein Traum ist. Daher fällt es ihr leicht den Traum zu kontrollieren und zu beeinflussen. Würde Violette nun einen Alptraum haben, würde sie ihn einfach zu einem normalen Traum umwandeln. Dadurch kommt es ihr nicht vor, als würde sie wirklich träumen. Erst beim Erwachen am nächsten Morgen, wird ihr klar wie sehr sie das gebraucht hat. Seit langer Zeit fühlt sie sich zum ersten Mal wieder wirklich ausgeschlafen.

Wieder muss sie nach dem Frühstück ins Labor gehen. Dabei hat sie ein äußerst mulmiges Gefühl im Magen. Diesmal konzentrieren sie sich vor allem auf Wut. Dann kommt Frust und Trauer dazu. Wieder und wieder denkt sie ans Abbrechen, tut es aber nicht. Dafür ist ihr die Freiheit zu wichtig. Mit ziemlich angespannten Nerven geht sie anschließend zum Training mit Steve. Natürlich entgeht ihm nicht, dass ihre Stimmung nicht die Beste ist, aber er sagt nichts dazu. Was sollte er auch sagen? Sie trainieren bis spät in die Nacht hinein. Erschöpft und mit schmerzenden Muskeln lässt Violette sich nach der Dusche schließlich ins Bett fallen. Dann gleitet sie hinüber in Lokis Träume.

"Du siehst besser aus, ausgeruhter", begrüßt er sie mit einem Lächeln. Sie befinden sich in einem kleinen Innenhof, vermutlich irgendwo in Asgard.

"Ich fühle mich auch besser. Zumindest ein wenig." Sie beginnt ihm von der zweiten Testphase zu erzählen und er hört gespannt zu. Am Ende kommt er auf sie zu und schließt sie in die Arme. Verwirrt erwidert sie die Umarmung, denn es fühlt sich gut an. Es fühlt sich richtig an.

"Ich gebe es nicht gerne zu, aber dein möchtegern Held hat Recht. Dass du das einfach so aushältst ist bewundernswert." Sie löst sich etwas um ihn ansehen zu können.

"Findest du das wirklich?", fragt sie unsicher.

"Ich finde dich bewundernswert. Mit deiner ganzen Art und dem Weg wie du mit all dem umgehst. Die Art wie du andere siehst und die Welt betrachtest." Er streicht ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und lächelt sie an. Es ist ein warmes Lächeln, eines welches man vermutlich nur selten bei ihm sieht.

"Du hast es verdient deine Freiheit zurück zu bekommen. Komm", meint er. Erst jetzt bemerkt Violette, dass sich die Umgebung verändert hat. Sie stehen am Rande einer Wiese die sich bis zum Horizont erstreckt. Die Sonne steht hoch am Himmel und scheint warm auf ihre Haut. Loki nimmt ihre Hand und führt sie an einen Waldrand, wo zwei Pferde festgemacht wurden.

"Ich hoffe du kannst reiten", meint er und geht zum ersten Pferd.

"Ich hatte als Kind ein paar Stunden. Das ist aber schon ewig her", murmelt sie und geht auf das Pferd mit hellbraunem Fell zu.

"Das geht, so was verlernt man nicht. Und es gibt nichts wobei man sich so frei fühlt, wie bei einem Ritt übers Feld." Er schwingt sich in den Sattel, während Violette etwas zögert, ehe auch sie aufsteigt.

"Bereit?", fragt er und grinst sie an. Unsicher nickt sie.

"Dann los!" Er gibt dem Pferd die Sporen und mit einem Mal prescht es vor. Violette macht es ihm nach und wenig später rasen sie gemeinsam übers Feld. Der Wind schlägt ihr ins Gesicht und die Geschwindigkeit nimmt ihr für einen Moment den Atem. Tatsächlich fühlt sie sich frei. Für eine kleine Weile schließt sie die Augen und lässt ihr Pferd einfach rennen. Als sie sie wieder öffnet, sieht sie Loki der ein bisschen vor ihr reitet und über die Schulter zurück blickt. Dabei lächelt er Violette liebevoll an, ehe er sich wieder nach vorne dreht.

Da ist er wieder... Genau das ist der Loki aus ihren Träumen. Der den sie vor dem Chaos auf der Erde kennengelernt hat. Auch wenn er dort nicht mit ihr gesprochen hat.

"Halt mal an!", ruft sie ihm zu und zügelt ihr Pferd. Kurze Zeit später bleiben beide stehen, mitten auf der Wise umgeben vom Nichts.

"Was ist?", fragt er verwundert.

"Lass uns kurz Pause machen", beschließt sie und steigt ab. Die Zügel lässt sie überm Hals hängen, während das Tier anfängt zu grasen. Verwundert steigt Loki ebenfalls ab. Unschlüssig steht er vor ihr, bis sie sich einfach nach hinten fallen lässt. Der Boden ist härter als sie es erwartet hätte, weswegen ihr kurzzeitig die Luft aus den Lungen gedrückt wird. Besorgt eilt Loki zu ihr und hockt sich neben sie.

"Alles okay?", fragt er anscheinend tatsächlich besorgt.

"Ja, ja ich bin in Ordnung. Los leg dich auch hin." Tatsächlich legt er sich ohne Protest neben sie. Während sie in den strahlend blauen Himmel blickt, schaut er sie an.

"Es ist wunderschön hier. Ich hab seit langer Zeit die Sonne nicht mehr gesehen. Danke, dass du mich hergebracht hast", sagt sie ehrlich.

"Ja... wunderschön...", murmelt er, den Blick noch immer auf sie gerichtet. Nach einer Weile dreht sie sich auf die Seite, um ihn ansehen zu können.

"Weißt du eigentlich bin ich froh darüber", beginnt Violette das Gespräch.

"Worüber?", fragt er irritiert.

"Darüber, dass ich dich über meine Träume kennengelernt hab. Dass ich dich so überhaupt kennengelernt habe. Auch wenn ich immer noch nicht verstehe, warum ich ausgerechnet in deinen Träumen gelandet bin, bin ich froh, dass es so war", erklärt sie ihm.

"Ich bin auch froh dich kennengelernt zu haben."

"Wären wir uns damals in Stuttgart das erste Mal begegnet, hättest du mich dann überhaupt beachtet?", fragt sie neugierig. Es ist eine Frage die sie sich schon öfter gestellt hat.

"Eine so hübsche Frau hätte doch jeder beachtet", scherzt er, obwohl er es auch ernst meint.

"Mal ernsthaft. Hättest du mich ohne die Träume vorher angesprochen?"

"Ich kann es dir nicht sagen. Vielleicht, vielleicht auch nicht. Aber wenn ich gewusst hätte wer und wie du bist, hätte ich es", beteuert er ihr.

"Wie ich bin? Wie bin ich denn?", fragt sie ihn grinsend.

"Naja, du bist mutig und stark. Statt die Menschen zu verurteilen, akzeptierst du sie, nimmst sie wie sie sind und siehst nur das Beste in ihnen, auch wenn sie es selbst vielleicht nicht sehen..." Ihr wird klar, dass er dabei von sich redet. Von dem Abend als er ihr gesagt hat, was er ist und dass er sich für ein Monster hält.

"Ich sehe nicht das Beste in den Menschen, sondern das was sie wirklich sind. Jeder ist irgendwo ein unglaublicher, liebenswerter Mensch. Man muss nur genau hinsehen", sagt die Schwarzhaarige überzeugt. 

"Dann bist du wohl die Einzige die bei mir genau hingesehen hat." Sie lächeln sich eine Weile an, ehe er sich ebenfalls auf die Seite rollt und damit plötzlich ganz nah ist. Sie kann seinen Duft riechen und die Wärme seiner Haut geradezu spüren. Mit seinen grünen Augen, scheint er ihr tief in die Seele zu blicken. Vorsichtig streicht er ihr mit der Hand über die Wange. Die andere Hand ergreift ihre.

"Ich kann dir nicht sagen, warum du ausgerechnet in meinen Träumen gelandet bist. Aber ich kann dir sagen, dass es das Beste ist, was mir passieren konnte. Du bist das Beste, was mir passieren konnte", flüstert er leise und bringt ihr Herz dazu schneller zu schlagen. Verlangen blitzt in seinen Augen auf und mit einem Mal liegen seine Lippen auf ihren. Sofort beginnt alles in ihr zu kribbeln und sie erwidert den Kuss.

Das Gefühl durchzieht ihren ganzen Körper. Schon lange hat sie sich nicht mehr so gut gefühlt. Erst als beide keine Luft mehr bekommen, löst er sich. Lächelnd schauen sie sich an. Er lässt sich wieder neben sie sinken und sie kuschelt sich näher an ihn heran. Glücklich legt er einen Arm um sie und streicht ihr über den Rücken, bis sie schließlich an seine Brust gelehnt einschläft.

Dreamdancer - Ich träum von dir (Avenger FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt