Kapitel 2

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>Was glaubt dieser Kerl eigentlich, wer er ist? Er hat es nicht zu entscheiden, wer kommen darf und wer nicht<, schimpfte Nora immer noch vor sich hin, obwohl sie schon seit einer guten Stunde von Kyle durch die Stadt gezerrt wurde.

>Es war eine Warnung, Nora. Er hat uns damit nur sagen wollen, dass es dort nicht sicher für Will wäre<, meinte Kyle abwesend, während er sich zu allen Seiten umsah, damit er ja mitbekam, sollte sie jemand verfolgen.

>Was?<, fragte Nora vollkommen verblüfft.

>Vermutlich hat der Typ von heute Mittag die Garage gesehen. James wollte uns nur helfen<

>Aber-<

>Nichts aber<, unterbrach Kyle Nora unwirsch. >Hier hast du einen Zettel, dort steht drauf, wo sich die Gräber befinden. Das von Lucas wird von einer gewissen Ellen Niels verwaltet, die Anschrift bekommt man nur vor Ort. Da sollte Will zu erst suchen. Hör zu, Nora. Es geht jetzt nicht mehr nur darum, Will einen Wunsch zu erfüllen, sondern sein Leben zu retten. Morgen spätestens Übermorgen muss er aus der Wohnung verschwinden. Und jetzt seh zu, dass du zu ihnen gehst. Pass auf das dir niemand folgt< Er schien noch kurz mich sich selbst zu kämpfen, doch dieser Moment verflog sehr schnell und er rannte schnell in die entgegengesetzte Richtung, in die Nora lief.

*

Als ich meine Augen öffnete, war der Raum dunkel, sodass ich erst nicht sagen konnte, ob ich nun wach war oder noch schlief. Langsam setzte ich mich auf, wobei mir alles weh tat. Besonders mein Kopf schien unbedingt explodieren zu wollen. Vorsichtig stellte ich meine Füße auf den Boden und angelte mit meiner rechten Hand erstmal nach den Kopfschmerztabletten, die auf dem Tisch lagen. Nachdem ich es auch noch schaffte ein Glas Wasser zu heben, nahm ich erstmal die Tablette und lehnte mich auf dem Sofa zurück, sodass mein Kopf auf der Lehne ruhte. Erschöpft schloss ich meine Augen, darauf wartend, dass diese verdammte Tablette endlich wirkte.

Nach ein paar Minuten öffnete ich meine Augen wieder und sah mich in der Dunkelheit etwas im Zimmer um. Nora... Erst jetzt fiel mir wieder ein, wie Lilia mich aus diesem Kerker geholt hatte. Ich muss wohl bewusstlos gewesen sein. Plötzlich hörte ich Stimmen aus dem Nebenraum. Stöhnend stand ich auf und bemerkte, wie steif meine Muskeln geworden waren. Langsam bewegte ich mich vorwärts, immer darauf bedacht etwas zum festhalten in Griffnähe zu haben. Erst als ich an der Tür zur Küche ankam, fing ich an den Schmerz in den Gliedern zu spüren. Dennoch öffnete ich die Tür und fand Nora und Lilia am Tisch sitzend vor. Misstrauisch runzelte ich die Stirn, als ich Nora's ernsten Gesichtsausdruck sah und bemerkte wie geschockt Lilia war. Und es konnte nicht wegen mir sein, da sie mich noch nicht bemerkt hatten und stattdessen einander anstarrten, als würden sie einen Wettbewerb führen. >Alles klar bei euch?< Überrascht fuhren beide zusammen und sahen dann perplex zu mir hinüber, wie ich da am Türrahmen abgestützt stand und die beiden verwirrt betrachtete. Dabei fiel mir ein... >Woher kennt ihr euch eigentlich?< Diese Frage riss die beiden aus ihrer Starre.

>Du bist also endlich wach<, meinte Nora vorwurfsvoll, doch ich hörte aus ihrer Stimme die Erleichterung. Sie hatte sich ganz offensichtlich Sorgen gemacht, wenn man den Zustand der Wohnung betrachtete. Nicht mal bei mir herrschte so ein Chaos. Auf einmal kam Lilia auf mich zu gerannt. Sie umarmte mich so heftig, dass ich fast nach hinten gefallen wäre.

>Lilia?<, fragte ich vorsichtig nach, immer noch verwirrt und überrascht darüber, dass sie mich gerade umarmte. Hilfesuchend sah ich zu Nora, die immer noch seelenruhig am Tisch saß und leicht lächelte, als sie sah, dass ich nicht wusste, was ich machen sollte.

>Gott sei Dank. Gott sei Dank, du bist wach. Ich hatte so Angst<, murmelte Lilia in mein Shirt und verstärkte ihren Klammergriff noch. Ich sah auf sie hinunter, wie sie sich da an mich festkrallte, und unweigerlich musste ich anfangen zu lächeln. Zögerlich legte ich meine Arme um sie, worauf sie zwar kurz zusammenzuckte, doch ansonsten nichts dagegen unternahm.

>Das hab ich dir zu verdanken. Ohne dich würde ich immer noch im Kerker sitzen<, meinte ich, was eigentlich beruhigend sein sollte, doch daraufhin drückte sie sich noch näher an mich.

>Hör auf davon zu reden. Erwähne das nie wieder<, sagte sie gepresst. Überrascht sah ich von ihr zu Nora, die nur langsam den Kopf schüttelte. Ein klares Signal dafür, dass ich dieses Thema vorerst fallen lassen sollte. Ich verstand es nicht, harkte allerdings auch nicht nach. Ich konnte Nora später fragen, was das zu bedeuten hatte.

>Wie lange sind wir eigentlich schon hier?<, fragte ich nach ein paar Minuten in denen Lilia keine Anstalten machte, mich loszulassen, sodass wir immer noch in der Tür standen.

>Seit fast zwei Wochen<, antwortete Nora.

>Nur so kurz?<, fragte ich überrascht. >Heilt eine Lungenentzündung denn so schnell ohne Medikamente?<

>Nein, natürlich nicht. Meine Mutter hat dir Medikamente gebracht. Die Stärksten, die sie so auf die Schnelle bekommen hatte und die sie dir auch ohne Bedenken geben konnte. Trotzdem ist es überraschend, dass du schon wieder stehen kannst. Gestern hattest du noch hohes Fieber<, meinte Nora. >Ich kann mir das eigentlich nicht erklären<

>Das ist deiner Magie zu verdanken<, meldete sich da Lilia zu Wort.

>Wie meinst du das?<, fragte ich und sah auf sie hinunter. Sie hob ihren Kopf von meiner Brust und sah mich an, ohne großartig die Umarmung zu lockern, was vielleicht auch ganz gut war, denn ich traute meinen Beinen mittlerweile nicht mehr zu, mein Gewicht tragen zu können.

>Magier, die mit der Heilungsmagie geboren werden, genesen schneller als normal. Für Element-Magier ist es vom Vorteil, wenn sie bei Verletzungen oder Krankheiten in dem ihnen angeborenen Element verweilen. Es beschleunigt den Heilungsprozess<, erklärte sie.

>Verstehe<, erwiederte ich nachdenklich.

>Will, ich muss dir etwas sagen<, unterbrach Nora meine Gedanken und sah mich mit ernsten Augen an.

>Was ist, Nora? Seit wann bist du so ernst?<

>Seitdem dein verdammtes Leben auf dem Spiel steht<, knurrte sie schon fast. >Da es dir jetzt besser geht, kannst du morgen gehen. Sie suchen dich bereits in der Stadt und es ist nur eine Frage der Zeit bis sie herausgefunden haben, dass ich hier wohne. Hier bist du nicht mehr sicher, das hab ich Lilia auch schon gesagt. Außerdem hat Kyle das Grab deines Vaters gefunden, ich geb dir nachher einen Zettel mit der Adresse. Ellen Niels kümmert sich darum. Kennst du sie?< Meine Augen wurden groß, als ich all dies hörte. Das Grab meines Vaters...

>Sie...Sie war die Tante meines Vaters<

Die Magier - Der König (pausiert)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt