>Will?<
Panisch fuhr ich hoch, blickte wirr umher, bis sich mein Blick auf Lizas Gesicht fixierte. Ich merkte wie sich mein Atem beruhigte, dabei hatte ich nicht einmal mitbekommen, dass ich fast am hyperventilieren gewesen war. Zwanghaft begann ich langsamer zu atmen, mich darauf und auf Lizas grüne Augen zu fokussieren, die mich besorgt ansahen. Erst jetzt fiel mir auf, dass sie näher zu mir heran gerutscht war, eine ihrer Hände auf mein linkes Knie gelegt hatte. Sie sah zu Tode erschrocken aus. >Ist... ist alles in Ordnung mit dir?<
Mir gelang es nicht, etwas anderes zu tun, als zu nicken, obwohl alles in mir schrie, dass absolut gar nicht "in Ordnung" war. Was man mir mit Sicherheit auch ansehen konnte, so unschlüssig wie Liza vor mir hockte. >Hattest du... Hattest du sowas schon einmal?< Ich wollte ihr antworten, ich hätte ihr antworten sollen, ehrlich antworten, doch meine Kehle verließ kein Wort. Die Wahrheit war, ich hatte aufgehört zu zählen. Aufgehört mitzuzählen wie oft mich diese Stimme aus dem Konzept riss, wie oft ich die Verbindung zur Realität dadurch zu verlieren drohte.
Mit einem Satz war ich auf den Beinen, plötzlich zu ruhelos um noch weiter auf dem Boden zu hocken, obwohl genau das die letzte Zeit meinen Tag ausgefüllt hatte. Liza starrte mit großen Augen zu mir hoch, verfolgte meine Schritte dabei, wie sie mich planlos im Raum umher trugen. Ich sah sie nicht an. Erwiderte ihren Blick nicht. Ich konnte die Sorge, die ihr so offensichtlich ins Gesicht geschrieben stand, einfach nicht ertragen. Ich wusste, etwas stimmte nicht. Ich wusste es nur zu gut und es machte mir Angst. Zu sehen, wie andere sich um mich sorgten, machte das ganze nicht besser. >Warum bist du überhaupt hier?< Ich versuchte abzulenken. Sie abzulenken. Das Thema zu wechseln. Mein Versuch war so offensichtlich. Und dennoch tat sie mir den Gefallen, auf mein Bestreben einzugehen. Dafür war ich ihr wirklich dankbar.
>Nun... ich wollte dich kennen lernen, das war nicht gelogen. Und als Grandma meinte, sie wolle dir Bescheid geben, wegen eurer Abmachung, hab ich sie gefragt, ob ich das nicht machen könnte< Sie zuckte mit ihren Schultern als sei es nichts besonderes hochschwanger ein wildfremdes Kind zu besuchen. >Ich soll dir sagen, dass sie bis zu den Weihnachtsfestlichkeiten alles geregelt hat für die Ausreise< Einen Moment lang wusste ich nicht, worüber sie sprach. Was für eine Ausreise sie meinte. Bis ich mich daran erinnerte, worum ich Ellen gebeten hatte. Ein kaltes Gefühl breitete sich in mir aus.
>Gut. Das ist gut< Meine Stimme wackelte gefährlich, das hörte ich sogar selbst. Um mir meine Gedanken nicht anmerken zu lassen, bemühte ich mich darum, möglichst unbeteiligt rüber zu kommen, sah auf die Titel der Bücher in nächstgelegenen Regal, tat so als würde ich sie studieren. Der Blick mit dem mich Liza bedachte, bekam ich aus den Augenwinkeln trotzdem mit. Deshalb war ich auch auf alles gefasst, als ich mitbekam wie sie ihren Mund öffnete, um etwas zu sagen.
>Wollt ihr nicht zu uns kommen?< Korrigiere, auf fast alles.
>Was?<, verwirrt drehte ich mich ihr wieder ganz zu, sah ihr leichtes Grinsen mit dem sie bedachte. In diesem Moment wirkte sie, trotz der dicken Kugel, wie eine sechs Jährige.
>Zu Weihnachten. Wir feiern jedes Jahr mit der ganzen Familie. Meine Eltern, mein Bruder, Grandma, meine Tante plus Anhang... Richard kommt auch jedes Jahr mit, also wärt ihr hier sonst eh allein. Du könntest deine Familie kennen lernen< Je mehr sie redete, desto hibbeliger wurde sie. Zum Schluss rappelte sie sich mühsam vom Boden auf, kam auf mich zu und ergriff meine Hände. Ihr grinsendes Gesicht schwebte auf meine Höhe, da sie sich etwas zu mir herunter beugte. >Das wäre so toll. Du könntest sie alle endlich sehen, kennen lernen. Und sie dich. Mein Bruder ist nur etwas jünger als du und die Kinder von meinem Onkel sind zwar die Jüngsten aber das macht ja nichts. Sie würden sich trotzdem bestimmt so freuen dich kennenzulernen<
>Ich glaub nicht, dass das eine so gute Idee ist<, zögernd sah ich sie an, warf einen eindeutigen Blick auf die Aufzeichnungen, die überall herum lagen. Was sie jedoch nicht groß störte.
>Papperlapapp. Die laufen dir nicht weg. Komm schon, es sind doch nur ein paar Tage. Richard könnte euch mitnehmen, dann würde das nicht mal groß auffallen. Komm schon, Will, bitte sag ja< Vorsichtig löste ich meine Hände aus ihrem Griff, trat einen kleinen Schritt zurück, weg von ihr und ihrer fröhlichen Aura.
>Ich weiß nicht recht - <
>Aber ich<, unterbrach sie mich. >Und das Mädchen würde sich bestimmt auch freuen, wenn sie hier mal heraus kommt. Sie sitzt bestimmt die ganze Zeit allein in ihrem Zimmer, wo du dich doch hier eingegraben hast und Richard sich um die Tiere kümmern muss< Ich hatte das Gefühl, mir hätte jemand die Luftröhre zu gedrückt. Das Bild, dass sich bei ihren Worten unweigerlich vor meine Augen schob, Lilia den lieben langen Tag ganz alleine auf ihrem Bett aus dem Fenster starrend, drückte auf mir wie eine schwere Decke. Es fiel mir schwer zu schlucken, ich konnte diese Szene einfach nicht fort wischen. >Und? Kommst du?< Erwartungsvoll sah Liza mich mit ihren großen, grünen Augen an. Erst jetzt wurde mir bewusst, wie sehr ihre Iriden den meinen ähnelten.
Seufzend fuhr ich mir mit einer Hand durch die Haare, ließ sie danach kraftlos an mir herab hängen. >Also gut<, meinte ich und wurde keine Sekunde später in eine umständliche Umarmung gezogen, die sich, aufgrund des Babybauchs, irgendwie merkwürdig anfühlte. Oder vielleicht war auch nur die Tatsache, dass mich eine Wildfremde einfach so umarmte, nur aus der Freude heraus, mich bei ihrer Familienfeier dabei zu haben, die mich so merkwürdig, so verkehrt fühlen ließ.
Hey guys,
Ja, ich lebe noch, nur für den Fall, dass sich das jemand gefragt haben sollte...
Und ja, diese Story wird tatsächlich noch fortgesetzt (ihr glaubt gar nicht wie überrascht ich war, dass dieses Kapitel heute so plötzlich aus meinem Kopf geschossen kam... nach Monate langem Grübeln wies weiter gehen soll und gähnender Leere!) Ich hoffe, dass sich meine krasse Schreibblockade endgültig verabschiedet hat und ich diese Story möglicherweise sogar noch dieses Jahr zu einem Abschluss bringen kann... (ich hab jetzt drei Mal auf Holz geklopft... nur zur Sicherheit)
Ich hoffe, dass sich vielleicht doch noch der ein oder andere finden lässt, der diese Story doch noch weiterverfolgt und nicht schon aus der Bibliothek geschmissen hat. Ich freue mich über jeden einzelnen Leser :)
See you
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Die Magier - Der König (pausiert)
FantasyNachdem Lilia Will aus der Gefangenschaft Socrates befreite und zurück in die Stadt, in der er lebte, gebracht hatte, wird Will von Albträumen und Stimmen in seinem Kopf geplagt. Doch damit nicht genug, zusammen mit Lilia ist er auf der Flucht vor S...